Sonntag, 23. Januar 2022

Der Munitionsraum I bei Wettstetten

Im Dezember 2021 stattete ich der Nordwestecke des äußeren Festungsgürtels der Bayerischen Landesfestung Ingolstadt ab, um einige der dortigen Kleinwerke in Augenschein zu nehmen. Erstes Ziel war der Munitionsraum 1 bei Wettstetten; bereits die Reliefdarstellung ließ erahnen, dass vor Ort außer einem Trümmerfeld nicht viel zu erwarten sein würde:

Die Reste des Munitionsraums liegen südlich des Wettstettener Ortsteils Adlmannsberg in einem Gebiet, das großflächig als Bodendenkmal klassifiziert ist. Außer dem Munitionsraum selbst befinden sich hier eine Siedlung der Latènezeit und der römischen Kaiserzeit sowie  Gräber der Schnurkeramik.
Dieser grobe Plan diente mir zur Orientierung vor Ort:


Ein detaillierterer Plan eines typischen Ingolstädter Munitionsraum ist in meinem Blogbeitrag über den Munitionsraum II bei Großmehring abgebildet.

Vor Ort wie zu erwarten nur Sprengtrümmer; Sicht von der Straße aus:


Detailansichten:







Fazit: Der M-Raum I ist zwar leicht zu finden und begehbar, es gibt aber kaum Interessantes zu sehen. Um in die Ruinen zu kommen, macht man zwangsläufig unliebsame Bekanntschaft mit dem umgebenden klebrigen Schluffboden, der sich um die Stiefelsohlen herum zu immer größeren Schollen aufbaut:


Es empfiehlt sich also, den M-Raum im Winter aufzusuchen, wenn der Boden gefroren ist.

Sonntag, 9. Januar 2022

Update zur Hülker Schanze

In meinem letzten Beitrag hatte ich die Vermutung angestellt, das das baumbestandene Gebiet bei den Koordinaten 54.284080317406776, 8.79374612899342 der Standort der ehemaligen Hülker Schanze sein könnte. Ende Dezember hatte ich Gelegenheit, das Areal vor Ort in Augenschein zu nehmen.

Vom Fahrweg längs des Süderdeichs zweigt hier die Straße "Hülk" ab. Auf beiden Seiten dieser kurzen Sackgasse befinden sich bebaute Privatgrundstücke, so dass eine Begehung leider nicht in Frage kam. Es fiel jedoch sofort auf, dass keinerlei Wälle oder auch nur Erderhebungen sichtbar sind. Sollte sich hier wirklich die Hülker Schanze befunden haben, wurde alles gründlich eingeebnet.

Der Digitale Atlas Nord zeigt in dieser Darstellung sowohl die Grundstücksgrenzen als auch den Gewässerverlauf. 

Zwischen dem Fahrweg Süderdeich und dem Areal um die Straße Hülk verläuft der Vollerwieker Sielzug. Wann er angelegt wurde, konnte ich noch nicht herausfinden. In der Kartendarstellung 1932 - 1950 ist er nicht erkennbar; mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit gab es ihn zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges noch nicht.

Laut der 1886 von Franz Geerz gezeichneten Karte „Historische Karte von Dithmarschen, Eiderstedt, Helgoland, Stapelhorn, d. Wilster-Marsch, den Ämtern Hanerow u. Ritzebüttel, sowie vom nördlichen Theile der Lande Kehdingen, Hadeln u. Wursten“ (Quelle: Königlich-dänische Bibliothek) hatte die Hülker Schanze 4 Bastionen. Die beiden deichseitigen Bastionen könnten dem Sielzug und dem Fahrweg Süderdeich zum Opfer gefallen sein.

Zumindest für eine der beiden anderen Bastionen gibt es aber deutlichere Anhaltspunkte. Auf der Karte fällt vor allem die westliche Ecke des baumbestandenen Areals auf:

Hier habe ich den fraglichen Verlauf rot markiert:

Im markierten Bereich ist das Gebiet vollständig von einem Graben umgeben, hier von der Südecke zu erkennen:

Nachfolgend ist die Sichtachse des Fotos in der Karte markiert:

Weitere Impressionen:


Es ist durchaus zu vermuten, dass es sich bei dem in der obigen Karte rot markierten Areal um die westliche Bastion der ehemaligen Hülker Schanze handelt. Beweisen kann ich es allerdings leider (noch) nicht.

Übersicht der Blogbeiträge zur Batterie St. Peter:

Sonntag, 4. Juli 2021

Auf der Suche nach der Batterie St. Peter, 2. Teil

Nachdem ich den Standort der Batterie St. Peter nur vermuten, aber nicht nachweisen konnte, bin ich das Problem von einer anderen Seite angegangen: Ich habe mir überlegt, wo ich vor über 100 Jahren eine Batterie, die die Eidermündung schützen sollte, positioniert hätte.

Nun, für mich wäre der ideale Ort die Gegend südlich des kleinen Ortes Vollerwiek gewesen:

Wie sich zeigte, war ich nicht der erste, der auf diese Idee kam. Die erste neuzeitliche Küstenbatterie südlich von Vollerwiek entstand bereits 1626 – 28, mitten im dreißigjährigen Krieg. Bei dieser „Hülker Schanze“ (nach damaliger Schreibweise „Hülcker Schanze“) genannten Anlage handelte es sich um ein bastioniertes Erdwerk nach niederländischer Manier, d.h. mit nicht-kasemattierten Bastionen, Wassergräben und vorgeschobenem niedrigeren Schutzwall zur Verteidigung des Grabens.

Solche Flusssperren stellten für die damalige Zeit etwas völlig Neues dar: Den eigentlichen Häfen (in diesem Fall Tönning) weit vorgelagerte Batterien zur Beherrschung von Flussmündungen gab es vor dem 30-jährigen Krieg noch nicht.

Die politische Zuordnung der Hülker Schanze ist gar nicht so einfach. Schleswig-Holstein war damals in eine Vielzahl von Herrschaftsbereichen aufgeteilt. Die Hülker Schanze lag im Herzogtum Gottorp, das dem schwedischen Königshaus nahestand; 1713, während des nordischen Kriegs, wurde das Gebiet dänisch.

Letzteres ist ein für die Erforschung der Vollerwieker Festungsanlagen glücklicher Umstand: Die königlich-dänische Bibliothek verfügt heute über ein beachtliches Inventar an digitalisierten Karten und Plänen, die online frei verfügbar sind. Alle nachfolgend gezeigten Karten und Pläne stammen aus dieser Quelle.

Die älteste Karte, die die Hülker Schanze zeigt, stammt aus dem Jahr 1750. Sie trägt den Titel „Zeichnung ein Stück des Teiches oder sogenanten Verlorn Hörn bey Vollerwick“:


Interessanterweise ist auf dieser Karte von der „vormaligen Hülker Schanze“ die Rede. Auch auf der nächsten Karte, 1804 von C.F. Kling gezeichnet („Eideren: Situations Plan von den Defensions-Anstalten in dem Kirchspiel Vollerwick beim verlohrnen Hörn in den Jahren 1801 und 1804“) findet man diese Angabe:


Schon 1750 scheint sie also nicht mehr militärisch genutzt worden zu sein, was allerdings im Widerspruch zu einer anderen Quelle steht, derzufolge die Batterie im Jahr 1801 zum Schutz der Eider, zur Abwehr von Landungen feindlicher Truppen und zur Überwachung der Quarantäne diente.

Auf beiden Karten ist die Schanze völlig unterschiedlich dargestellt: Auf der von 1750 liegt sie direkt am Deich und weist keine Bastionierung auf, auf der von 1804 liegt sie in einiger Entfernung zum Deich und hat nur angedeutete Bastionen.

Spannend in diesem Zusammenhang ist die 1886 von Franz Geerz gezeichnete Karte „Historische Karte von Dithmarschen, Eiderstedt, Helgoland, Stapelhorn, d. Wilster-Marsch, den Ämtern Hanerow u. Ritzebüttel, sowie vom nördlichen Theile der Lande Kehdingen, Hadeln u. Wursten“. Sie stellt die Schleswig-Holsteinische Nordseeküste in den Jahren 1643 – 1648 dar und zeigt die Hülker Schanze als direkt am Deich gelegenes, deutlich bastioniertes Werk:


Heute nachzuvollziehen, welche der 3 Darstellungen der Realität am nächsten kommt, ist – gerade aus der Entfernung – äußerst schwierig. Eine Bodenreliefdarstellung wie im Bayernatlas verfügbar könnte sicher schnell Aufschluss geben; leider bietet der Digitale Atlas Nord eine solche Darstellung nicht.

Im Luftbild erkennt man bei den Koordinaten 54.284080317406776, 8.79374612899342 eine Struktur, die der Darstellung der Schanze von 1886 auffällig entspricht (nachfolgend rot umrandet); leider ist das Areal größtenteils unter starkem Baumbewuchs verborgen:

In diesem Foto, von der Badestelle Vollerwiek aus aufgenommen, markiert der rote Pfeil einen Baumbestand am Horizont, bei dem es sich um das fragliche Areal handeln müsste:

Um zu verifizieren, ob hier wirklich die Hülker Schanze lag, wird mir nichts anders übrigbleiben als ein Vor-Ort-Auswertung bei meinem nächsten Nordfriesland-Urlaub.

Was Vollerwiek an Festungshistorie sonst noch zu bieten hat, beschreibe ich in Teil 4.


Dienstag, 1. Juni 2021

Auf der Suche nach der Batterie St. Peter

Coronabedingt führte uns der diesjährige Sommerurlaub wieder nach Norddeutschland statt nach Schottland. Genauer gesagt ging es ins Hinterland von Sankt Peter-Ording in Nordfriesland, und die Reisevorbereitungen beinhalteten auch diesmal wieder die Recherche nach Festungen.

Das Internet gab nicht viel her; als einzige Quelle blieb mir das Buch „Festungsbau an Nordsee und Ostsee“ von Frank Gosch. Das Ergebnis war enttäuschend: Lediglich eine Batterie bei Sankt Peter-Ording ist in besagtem Buch erwähnt und mit nur wenigen Angaben beschrieben:

Auf die Ähnlichkeit zu den Batterien Pohl und Scheer auf der Insel Juist wird hingewiesen; zu diesen beiden Batterien gibt es auch eine Skizze. Die einzelnen Geschütze waren unregelmäßig in den Dünen verteilt und wurden über eine Feldbahn versorgt.

Bei der Batterie St. Peter muss es sich also um ein mehr oder weniger unregelmäßiges Gebilde von gut 360 Metern Länge gehandelt haben; eine Feldbahntrasse ist ebenfalls anzunehmen. Auf einem Luftbild müssten eventuelle Reste einigermaßen erkennbar sein.

Doch wo suchen? Die oben genannten Ortsangaben sind ausgesprochen problematisch. Das fängt damit an, dass Garding gar nicht südlich von Sankt Peter-Ording liegt, sondern gut 11 km nordwestlich vom alten Ortskern Sankt Peter.

Auch der Zweck, die Verteidigung von Hever- und Eidermündung, ist mehr als fraglich: Sankt Peter-Ording liegt am Westende der Halbinsel Eiderstedt. Die Hever ist ein Gezeitenstrom, der nördlich von Eiderstedt verläuft und den Husumer Hafen mit der Nordsee verbindet. Die Eider ist tatsächlich ein Fluss, der nahe Kiel entspringt und sich bei Tönning zunächst zum Purrenstrom, einem Mündungstrichter, erweitert und hinter dem Eider-Sperrwerk südlich der Halbinsel Eiderstedt in die Nordsee mündet.

Die Halbinsel Eiderstedt ist rund 15 km breit; eine Batterie südlich von Sankt Peter hätte also unmöglich die Hever-, sehr wohl aber die Eidermündung verteidigen können.

Wenn die Batterie Sankt Peter wirklich südlich des Ortes Sankt Peter lag, muss sie, um die Eidermündung wirksam verteidigen zu können, zwischen der Strandüberfahrt Böhl und dem Ostende des Nordsee-Golfclubs Sankt Peter-Ording gelegen haben.

Vor dem Deich liegt hier ein breiter Streifen aus Marsch und Salzwiesen, der für eine Batterie meines Erachtens ungeeignet war; es fehlen außerdem Dünen, die die Batterie hätten tarnen können:

Blick vom Damm in Richtung Eidermündung: 

In Richtung Badestelle Böhl mit seinen Pfahlbauten:

Nun ist aber die Eiderstedter Küste ein sehr dynamisches Gebiet, das nicht nur durch das Meer, sondern auch durch den Menschen ständigen Veränderungen unterlegen ist. So sah der Küstenverlauf vor 100 Jahren südlich von Sankt Peter völlig anders aus. Da der Digitale Atlas Nord, wo ich die entsprechende Karte gefunden habe, in Sachen Veröffentlichung noch restriktiver ist als der Bayernatlas, kann ich den Kartenausschnitt lediglich verlinken, aber nicht einbetten oder sonstwie darstellen - hier klicken.

Es fällt vor allem auf, dass der Deich, der heute entlang des Marnewegs verläuft, Anfang des 20. Jahrhunderts südlich von Süderhöft an einem 590 Meter langen Dünenareal endete, und dass ein zweiter Deich (der heute verschwunden ist) entlang der Nordgrenze des heutigen Golfplatzes verlief. Besagte Dünen lagen also vor dem Deich größtenteils auf dem heutigen Golfplatz-Gelände und wären von ihrer Größe als auch ihrer Position her für eine Batterie ideal gewesen:

Legende:
1                    Marschland & Salzwiesen
2                    Dünen
3                    Südlicher Deich
4                    Nördlicher Deich
5                    (dunkelgrün) Areal des heutigen Golfplatzes

Es spricht einiges dafür, dass die Batterie St. Peter hier gewesen sein könnte; beweisen kann ich es leider nicht. 

Anmerkung zum zweiten Foto (Blick in Richtung Eidermündung): Der Damm endete ursprünglich hier in besagtem Dünenareal; wenn zutrifft, was ich annehme, müsste man vor 103 Jahren an dieser Stelle Teile der Batterie genau vor sich gehabt haben:

Zu Beginn meiner Suche hatte ich den bei Gosch genannten Ort Garding noch in meine Betrachtungen mit einbezogen und bin so auf einen zweiten möglichen Standort gestoßen. Wie sich herausstellte, befand sich dort tatsächlich eine Batterie, allerdings nicht die gesuchte. Dazu mehr in einem weiteren Blogbeitrag.

Samstag, 1. Mai 2021

Nachtrag zum Brustschild für Eierhandgranate 17

Im ersten Beitrag zum Brustschild hatte ich darauf hingewiesen, dass der Reißdraht des Brennzünders 15 ursprünglich mit Hilfe eines an einer Lederschlaufe befestigten Karabinerhakens herausgerissen wurde.

Bei dieser sogenannten Karabinerschlaufe handelte es sich um einen 15mm breiten Lederriemen, an dessen einem Ende ein Karabinerhaken angebracht war; am anderen Ende befand sich eine Schlaufe. Die Gesamtlänge dieser Vorrichtung betrug 45cm.

Im Verlauf des Krieges wurde Leder durch Textil ersetzt. In dem bereits erwähnten Lehrfilm "Der Infanterie-Nahkampf" (online verfügbar über das Bundesarchiv) wird die Handhabung einer solchen Karabinerschlaufe aus Stoff ab Minute 12:30 gezeigt.

Und so muss man sich eine lederne Karabinerschlaufe vorstellen:


(Auch diese Handgranate ist natürlich komplett delaboriert; der Zünder ist eine Kopie)


Sonntag, 11. April 2021

Der Zufahrtsdamm des Zwischenwerks 6

Laut Militärbaugeschichte des Zwischenwerks 6 erfolgte die Zufahrt über den Kehlgraben über einen Damm, in dessen Mitte sich ein (Zitat) „Barrierentor mit Palisadierung an den Böschungen“ befand.

Zur Lokalisierung zunächst wieder ein Blick auf das Bodenrelief:

Eine Definition des Begriffs „Barrierentor“ konnte ich leider bisher nicht finden. In Verbindung mit „Palisadierung“ macht es den Eindruck, als sei die Konstruktion eher passagerer Art gewesen, möglicherweise aus Holz.

Mir liegt noch eine weitere Bodenreliefdarstellung in besserer Auflösung vor, die ich leider nicht veröffentlichen darf; ich habe daher einen Ausschnitt in einer Skizze dargestellt. Auf ihr erkennt man deutlich einen asymmetrischen Aufbau des Damms: Die nördliche Böschung in den Graben hinein verläuft gradlinig, während die südliche eine deutliche „Ausstülpung“ aufweist (siehe auch Markierung im obigen Reliefbild):


Legende
:

  1. Wall des Zwischenwerks
  2. Kaserne
  3. Damm
  4. „Ausstülpung“ des Damms nach Süden
  5. Graben
  6. nördlicher Entwässerungsgraben

Die „Ausstülpung“ des Damms nach Süden sieht vor Ort so aus:


Zur Verdeutlichung mit blau markierten Grabenrändern:

 
Die "Ausstülpung" von Süden aus gesehen:


Auffällig sind vor allem die Betontrümmer. Der gesamte Unterbau der Ausstülpung scheint aus Beton zu bestehen und macht den Eindruck, genau wie die Kaserne gesprengt worden zu sein. Dieser Befund gibt Rätsel auf; er würde nur Sinn machen, wenn es an dieser Stelle ein Blockhaus o.ä. gegeben hätte. Weder vor Ort noch auf den Bodenradaraufnahmen lassen sich allerdings Gebäudereste oder -fundamente ausmachen; auch die mir vorliegenden Pläne enthalten keine Angaben über den Damm. Nähere Untersuchungen, z.B. durch Grabung, verbieten sich leider durch den Status des Zwischenwerks als Bodendenkmal.

Vielleicht hat ja jemand aus der Leserschaft Informationen, die hier weitehelfen könnten.

Übersicht der Beiträge zum Zwischenwerk 6:

Montag, 5. April 2021

Neue Untersuchungen am Zwischenwerk 6

In meinem letzten Post über das Zwischenwerk 6 hatte ich auf einen Widerspruch zwischen den Planungsunterlagen von 1894 und einem Plan von 1897 hingewiesen: Laut Planungsunterlagen hätte die Kaserne des Zwischenwerks in zwei Abschnitten gebaut werden sollen (zuerst der Nordteil als Infanterie-Untertretraum für eine Kompanie mit 4 Mannschaftskasematten; Bau des Südteils zu einem späteren Zeitpunkt). Im Plan von 1897, der 4 Monate vor offiziellem Bauende datiert ist, ist von dieser Teilung jedoch nichts zu sehen.

Zur Verdeutlichung: Laut Planungsstand 1894 hätte als erstes der Nordteil der Kaserne (rot hervorgehoben) gebaut werden sollen:

So hätte die komplette Kaserne nach der ursprünglichen Planung von 1894 aussehen sollen:

Und so zeigt sie der Plan vom Januar 1897:

Zwischen beiden Planungsständen liegt ein Zeitraum von zweieinhalb Jahren, für den ich leider keine Unterlagen habe.

Zu klären ist nun, ob die Planung zwischen Juni 1894 und Januar 1897 tatsächlich geändert und die Kaserne in nur einem Bauabschnitt komplett errichtet wurde.

Zwischen beiden Plänen bestehen folgende Unterschiede:

  • In der zweiphasigen Bauausführung hätte die Kaserne ungefähr in der Mitte zwischen der letzten Kasematte des nördlichen Bauteils und der ersten des südlichen eine doppelte Ziegelmauer mit Sandpolster und einem nachträglich angelegten Durchgang
  • Eine in zwei Abschnitten gebaute Kaserne wäre entsprechend um die Dicke einer zusätzlichen Ziegelmauer plus Sandpolster länger, laut Plänen 2,68m.
  • Wäre der Nordteil zuerst errichtet worden, hätte er in der letzten ( = am Südende gelegenen) Kasematte einen Brunnen und einen Wasserablauf gehabt. Wäre die Kaserne gleich komplett gebaut worden, würden diese beiden Elemente fehlen.

Das einfachste Mittel, zumindest einen Anhaltspunkt zu bekommen, ist die Vermessung der Kasernenlänge. Das ließ sich mit dem Computer einfacher bewerkstelligen als vor Ort: Ich habe einfach die im Bodenrelief des Bayernviewers erkennbaren Trümmer online abgemessen und bin auf ziemlich genau 80m gekommen. Laut den Plänen von 1894 hätte eine zweistufig gebaute Kaserne ungefähr 82,7m lang sein müssen. Nun gibt es aber bei dieser Vorgehensweise eine gewisse Messungenauigkeit; das Ergebnis kann also allenfalls als unterstützender Hinweis gewertet werden.

Nächstes Indiz: Die ungefähr mittig gelegene doppelte Ziegelmauer. Vor Ort sieht diese Stelle so aus:

Ob sich hier einst eine doppelte Ziegelmauer mit Sandpolster befand, lässt sich aus den Trümmern beim besten Willen nicht mehr rekonstruieren. Gerade im Bereich der Einfahrt macht das Werk sowieso den Eindruck, nach dem letzten Krieg zur Gewinnung von Baumaterial ausgeschlachtet worden zu sein.

Bleibt nur noch die Untersuchung der Wasserversorgung.

Ob es im Nordteil einen eigenen Brunnen gab, lässt sich verständlicherweise nicht mehr rekonstruieren, dazu müssten Tonnen von Betontrümmern bewegt werden. Die Planung von 1894 zeigt aber auch einen Wasserablauf; leider ist der Verlauf außerhalb des Kasernengebäudes aus den Plänen nicht erkennbar:

Legende:

  1. Nördlicher Abwasserkanal nach dem Plan von 1897
  2. Südlicher, aus der Kaserne herausführender Abwasserkanal nach dem Plan von 1897
  3. Brunnen im Nordteil der Kaserne nach dem Plan von 1894
  4. Aus dem Nordteil der Kaserne herausführender Abwasserkanal nach dem Plan von 1894

Bei meinem letzten Besuch am 28. März 2021 begann ich die Untersuchung der Abwasserkanäle mit dem nördlichen (1). Er schien keine Anbindung an die Kaserne gehabt zu haben und diente offenbar der Drainage des Werkshofs. Vermutlich begann er unter einem metallenen Regenwassereinlauf, es wäre also am einfachsten gewesen, mit einem Metalldetektor nach diesem Einlauf zu suchen.

Das Zwischenwerk 6 ist allerdings als Bodendenkmal eingestuft, d.h. Grabungen oder Untersuchungen mit einem Metalldetektor sind dort leider nicht erlaubt.

Zum Glück gibt es aber etwas anderes, von dem ich hoffte, dass es sich vor Ort nachweisen lassen würde: Außerhalb des Walls muss der Kanal weitergeführt worden sein, den galt es zu finden.

In diesem Dickicht war das allerdings nicht ganz so einfach:

Letztlich habe ich die Fortsetzung des Kanals aber doch gefunden; es handelt sich um einen oberirdisch verlaufenden Graben, mittlerweile stark verflacht:


Überträgt man die GPS-Koordinaten des Standorts auf das Reliefbild im Bayernviewer, kann man das auch verifizieren – man erkennt den Graben deutlich:

Die Kanalöffnung im Wall scheint verschüttet zu sein, ich habe sie jedenfalls nicht gefunden. Auf der anderen Seite des Walls sieht es so aus (Blick in Richtung Kasernenende):

Interessant vor allem das von Ziegeln umgebene Loch; hier eine Nahaufnahme:

Ob darunter der Abwasserkanal liegt, könnte nur durch eine Grabung nachgewiesen werden, es spricht aber einiges dafür.

Bei meinem nächsten Besuch werde ich mich um den südlichen Abwasserkanal kümmern. Laut Reliefbild müsste der Graben jenseits des Walls noch stärker abgeflacht sein. Ob sich im Werksinneren irgendetwas erkennen lässt, ist mehr als zweifelhaft, weil der Südteil der Kaserne durch die Sprengungen erheblich stärker beschädigt wurde als der Nordteil; der Hof ist dort voller Trümmer.

Die schwierigste Aufgabe wird es sein, herauszufinden, ob es Abwasserkanal Nr. 4 tatsächlich gegeben hat, zumal sein Verlauf außerhalb des Kasernengebäudes in keinem Plan eingezeichnet ist.

Übersicht der Beiträge zum Zwischenwerk 6: