Die Suche nach der Batterie St. Peter war der Beginn von etwas, was mich mehr und mehr begeistert: Die Suche nach verschwundenen Küstenbatterien. Mein Schwerpunkt dabei hat sich ziemlich schnell nach Großbritannien verlagert: Die Ru Con Battery am Loch Ewe in Schottland beschäftigt mich bis heute, und mittlerweile sind weitere Batterien auf meiner Agenda:
- Die Chanonry Ness Battery
- Die Volunteers' Battery, Cromarty
- Die Links Battery, Cromarty
- Die 12pdr Battery von Clifford‘s Fort, Northshields
Eines Tages hoffe ich außerdem, den ehemaligen Batterien am Corran
Point (am Eingang von Loch Linnhe) und auf Skye (gegenüber Kyle of Lochalsh)
einen Besuch abstatten zu können.
Der heutige Beitrag befasst sich mit den militärischen
Einrichtungen auf dem Chanonry Ness, einer langgestreckten Landzunge, die bei
Fortrose / Black Isle in den Moray Firth hineinragt. In meinem letzten Beitrag über Fort George hatte ich auf die dortige Batterie hingewiesen – Fort George
liegt zum Greifen nah direkt gegenüber.
Was ist über die militärischen Einrichtungen auf dem
Chanonry Ness bekannt? Leider nicht viel. Um die Ankerplätze im Moray Firth zu
schützen und eine gewisse Kontrolle über die in den Firth einfahrenden Schiffe
zu haben, wurden eine Batterie mit zwei BLC 15pdr Guns und eine
Suchscheinwerferbatterie etabliert. Beide waren mit Royal Marines bemannt und
unterstanden der Inverness Naval Base (Royal Navy).
Der Fortrose & Rosemarkie Golf Club betreibt bereits
seit dem 18. Jahrhundert einen Golfplatz auf dem Chanonry Ness. Das Clubhaus
war im 1. Weltkrieg vom Highland Cyclist Battalion belegt, einer Einheit der
Territorial Force, die mit Heimatschutzaufgaben betraut war. Es ist davon
auszugehen, dass das Clubhaus als Wachgebäude für die Batterie fungierte. Es
wurde in beiden Weltkriegen stark beschädigt und mehrfach neu erbaut; das heutige
Clubgebäude hat daher mit dem Wachgebäude des ersten Weltkriegs nichts mehr zu
tun.
Mehr Informationen oder gar Pläne liegen mir leider nicht
vor. Auch die genauen Positionen von Geschütz- und Suchscheinwerferbatterie
sind unbekannt.
Einzige Hinweise geben zwei Fotos in der Sammlung des
Imperial War Museums. Eins zeigt die Batterie mit zwei BLC 15pdr Guns, das
andere die Suchscheinwerferbatterie:
(Falls jemandem das zweite Foto bekannt vorkommt: Ich hatte es in meinem Bericht zur Ru Con Battery schon einmal gezeigt.)
Im Mai hatte ich Gelegenheit, Chanonry Ness genauer unter
die Lupe zu nehmen. Canmore, die nationale Datenbank für historische Monumente
in Schottland, verortet die militärischen Einrichtungen auf Chanonry Ness ungefähr
so:
- Clubhaus des Golfclubs
- Chanonry Ness Battery
- Chanonry Point Searchlight Battery
In der Vorbereitung konsultierte ich natürlich das
Bodenrelief von Chanonry Ness. Für Schottland liegen DGM-Daten leider noch
nicht flächendeckend vor, und die Auflösung der wenigen, die es gibt, ist für
meine Recherchen nicht fein genug:
Oder um es mit den Worten des Fernseh-Quizmasters Hans-Joachim
Kuhlenkampff zu sagen: Wie Sie sehen, sehen Sie nichts.
Es galt also, einen anderen Weg zu finden, die genauen
Positionen von Geschütz- und Suchscheinwerferbatterie zu identifizieren. Dazu
halfen mir die Fotos des Imperial War Museums weiter; sie weisen einige
charakteristische, unveränderliche Gebäude- und Landschaftsmerkmale auf. Ich
markierte diese Merkmale rot und druckte die Fotos auf transparente Folie, um sie
vor Ort quasi aus Sicht des Fotografen gegen Landschaft und Gebäude abgleichen
zu können. Dazu später mehr.
Zu den einzelnen Objekten:
Als erstes vollständigkeitshalber ein Foto des heutigen
Clubhauses, wohlwissend, dass dieses Gebäude nichts mehr mit dem Guard House
aus dem 1. Weltkrieg zu tun hat:
Bis 1934 sah das Clubhaus so aus, dann wurde es durch einen Neubau ersetzt:
Nochmal im Detail:
(Das Foto befindet sich in meinem Besitz)
Nun zur Chanonry Ness Batterie. Sie zu lokalisieren war
vergleichsweise einfach; hier die Druckvorlage für die Transparentfolie:
Die blaue Linie kennzeichnet die Geländekante zum Strand hin. Interessanter ist die rote Linie rechts der Batterie; sie war letztlich für die Lokalisierung ausschlaggebend. Sie kennzeichnet die Anhöhe Feddon Hill westlich des alten Ortskerns von Fortrose. Vor Ort ein wenig hin und her probiert, dann hatte ich die Position:
„Ordentlich“ als Fotomontage aufbereitet, sieht das dann wie folgt aus. Um ein Gefühl für die Dimensionen zu bekommen, habe ich in Rot einen Soldaten neben einem der Geschütze eingefügt (die große rote Figur dient nur der Verdeutlichung):
Auf dem ehemaligen Batteriegelände ist oberirdisch nichts mehr zu sehen:
Es hätte mich natürlich gereizt, mit einem Metalldetektor nach Überresten zu suchen, aber angesichts des laufenden Golfbetriebs verbot sich so etwas natürlich:
Wen es interessiert: Die Koordinaten der Batterie sind 57°34'42.1"N, 4°06'07.1"W.
Vielleicht noch ein paar Worte zur Geschützausstattung. Das
Ordnance BLC 15-Pfünder-Geschütz war ab 1907 als modernisierte Version des
veralteten BL 15-Pfünder 7cwt-Geschützes bei der Territorial Force im Einsatz. Die
Modernisierung bestand darin, einen Rückstoß- und Rohrvorholmechanismus
oberhalb des Laufs anzubringen und den Verschluss zu modifizieren.
Zur Nomenklatur:
- BLC bedeutet „Breach Loader Converted", also umgebauter Hinterlader.
- Die Gewichtsangabe 15 Pfund bezieht sich auf das Geschossgewicht (ein 76mm Geschoss)
- 7cwt ist das Gewicht von Lauf und Verschluss (1cwt = „Hundredweight“ = ca. 1 Zentner).
Der Rückstoß- und Rohrvorholmechanismus über dem Lauf verleiht
dem Geschütz ein charakteristisches Aussehen:
Was auf dem Foto der Batterie auffällt: Die Geschütze sind nicht auf Feldlafetten montiert, sondern vermutlich auf Wiegelafetten. Über diese Kombination findet man so gut wie nichts in der Literatur; sie schien aber nicht unüblich zu sein, wie dieses Foto der Corran Point Battery zeigt:
Die folgende Skizze zeigt eine solche Lafette unter einem Hotchkiss-Geschütz:
Wie das Foto der Corran Point Battery zeigt, wurde die Lafette mit Bolzen auf einer Betonplattform befestigt. Ich vermute daher, dass auch die Chanonry Ness Battery solche Verankerungsplattformen hatte. Sollten sie nach dem ersten Weltkrieg nur überschüttet worden sein wie z.B. bei der Volunteers Battery in Cromarty, müssten ihre Bolzenkreise mit einem Metalldetektor aufspürbar sein.
Die Suchscheinwerferbatterie zu lokalisieren war die größte
Herausforderung, und es bedurfte mehrerer Besuche vor Ort, bis ich schließlich
erfolgreich war.
Hier zunächst die Transparentfolie:
Folgende Gelände- und Gebäudemerkmale sind hervorgehoben:
- Links hinter der Suchscheinwerferbatterie zwei hintereinanderliegende Gebäude, von denen 3 Schornsteine zu sehen sind
- Am rechten Bildrand eine Treppe, dahinter so etwas wie ein Giebel
Vor Ort hat mich das anfangs nicht weitergebracht. Vom
Strand aus gesehen sieht es dort, wo laut Canmore die Suchscheinwerferbatterie war,
so aus:
Keine Häuser, keine Treppe, kein Giebel.
Häuser gibt es in dieser Ecke des Chanonry Points nur zwei,
aber die liegen nicht hintereinander, sondern nebeneinander. Wie ich
herausfand, existierten beide Häuser bereits zur Zeit des 1. Weltkriegs; das westliche
von beiden, das heutige Chanonry Cottage (17 Ness Rd.), hatte damals aber noch
keinen Quertrakt, sondern war langgestreckt mit einem Schornstein an beiden
Enden. Es könnte zum Foto der Suchscheinwerferbatterie passen, würde nicht das
zweite Haus dahinter fehlen.
Zwei alte Ordnance Survey Karten von 1907 und 1951 halfen
mir, das Rätsel dieses zweiten Hauses zu lösen:
Zumindest zwischen 1907 und 1951 gab es ein zweites Haus in Verlängerung des Chanonry Cottages, auf der anderen Seite der Ness Road. Heute ist davon nichts mehr zu sehen, nicht einmal mehr Fundamente.
Auch den Giebel konnte ich identifizieren. Es sind
eigentlich zwei nebeneinander liegende Giebel, die zum Anwesen 22 Ness Rd. gehören.
Laut Historic Environment Scotland handelt es sich um zwei Eishäuser aus dem
frühen 19. Jahrhundert, deren Torfdeckung heute fehlt.
Ich habe auf der Karte von 1907 die beiden Häuser und die
Eishäuser markiert:
Ich musste viel mit meiner Transparentfolie ausprobieren, bis ich endlich die Position der Suchscheinwerferbatterie gefunden hatte. Das Hauptproblem war die dichte Vegetation, die immer mindestens einen Orientierungspunkt verdeckte. Auf dem folgenden Foto sieht man das Chanonry Cottage und die Eishaus-Giebel; eine Treppe ist allerdings nirgendwo erkennbar:
Die Perspektive stimmt außerdem nicht, und die Orientierungspunkte sind zu weit entfernt. Die Suchscheinwerferbatterie muss deutlich näher am Haus gewesen sein, also recht weit weg vom Strand.
Dieses Foto zeigt die korrekte Perspektive:
Vor 110 Jahren hätte man hier direkt auf die
Suchscheinwerferbatterie geblickt:
Die ungefähre Position der Suchscheinwerferbatterie ist 57°34'27.7"N 4°05'37.9"W. Das ist ca. 50 Meter vom Strand entfernt, der damals offenbar viel breiter war als heute. All die Vegetation, die heute den Blick zum Strand verdeckt, gab es im 1. Weltkrieg offenbar noch nicht: