Im Juni
konnte ich einen Aufenthalt im Friaul nutzen, um mir einige der Festungen rund
um die Stadt Udine anzusehen.
Das Friaul
war bis zum Ende des 1. Weltkriegs immer eine Grenzregion, die teilweise unter österreichisch-ungarischer Herrschaft stand.
Zum Schutz
vor einer Invasion durch feindliche Kräfte wurden daher drei Festungssektoren
eingerichtet: Unterer Tagliamento, Mittlerer Tagliamento und Oberer
Tagliamento.
Im
nachfolgenden Blogbeitrag möchte ich die Forte di Beano bei Codroipo
vorstellen. Sie gehörte zum Sektor Unterer Tagliamento und wurde zwischen 1909
und 1910 erbaut. Von den anderen Festungen im Friaul unterscheidet sie sich vor
allem durch ihre Bewaffnung: Sie verfügte über sechs 149mm Geschütze in
Panzerkuppeln vom Typ S, außerdem vier 75mm Geschütze und vier
Maschinengewehre.
Bereits 1915
wurde die Forte di Beano allerdings wieder entwaffnet, da die Geschütze im Feld
benötigt wurden; dieses Schicksal teilt sie mit etlichen anderen Werken der
Region. Entsprechend war sie im weiteren Verlauf des Krieges in keinerlei
Kampfhandlungen involviert. Nach dem Krieg diente sie als Munitionslager und
war bis 1990 in militärischem Gebrauch, was ihren hervorragenden
Erhaltungszustand erklärt. Sie wurde dann an die Gemeinde Codroipo übergeben,
die sich allerdings nicht um sie kümmerte, woraufhin sie mehr als zwei
Jahrzehnte lang von der Vegetation überwuchert wurde. Viele Bilder, die man im
Internet von Begehungen der Festung findet, stammen aus dieser Zeit. Hier eine
Aufnahme von Google Maps, die das Fort in seinem damaligen Zustand zeigt:
2014 begannen
Freiwillige der ANA (Associazione Nazionale Alpini), Sektion Udine, Gruppe
Codroipo, damit, die Festung aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken. In über
6000 Arbeitsstunden wurde die Vegetation entfernt, die Zugangsbrücke erneuert,
ein neuer Zaun um die Anlage gezogen und eine beträchtliche Menge Asbest
entsorgt, das zur Abdeckung der leeren Geschützbrunnen verwendet worden war.
Im April 2019
war die Arbeit beendet, und bei meinem Besuch fand ich die Festung in einem bemerkenswert
guten Zustand vor. Man kann den Einsatz der Alpini gar nicht hoch genug
schätzen!
Im Gegensatz
zu früheren Jahren, als die Festung noch im Dickicht lag, lässt sie sich heute
natürlich nicht mehr frei besichtigen. Im Vorfeld meines Besuchs wandte ich
mich daher an die Alpini, die mir nicht nur schnell und unbürokratisch eine
Besichtigung ermöglichten, sondern mir einen äußerst kompetenten
deutschsprachigen Führer zur Seite stellten und mich mit beträchtlichem
Informationsmaterial versorgten. Vielen Dank an dieser Stelle für den tollen
Support!
Nun zu den
Bildern. Das erste zeigt einen Plan der Anlage. Es handelt sich um ein
einstöckiges Gebäude mit 3 Eingängen und zwei weiteren an den Enden, das von
einem (zum Zeitpunkt meines Besuchs trockenen) Wassergraben umgeben ist, unten
im Plan braun eingezeichnet.
Legende:
1 = Nasser
Graben mit Brücke
2 = Haupteingang
3 = Zentraler
Korridor
4 = Aufgänge
zu den Geschützbrunnen
5 = Pulverkammern
6 = „Riservette“
(Munitionslagerräume)
7 = Sanitärbereich
8 = Unterkünfte
Im Inneren
erschließt ein Korridor, der über die gesamte Länge des Gebäudes verläuft, alle
Einrichtungen. Charakteristisch sind die 3 Paare an Geschütztürmen mit V-förmig
angeordneten Treppenaufgängen. An beiden Längsenden der Festung gibt es jeweils
eine Treppe, über die man auf das Dach gelangt.
Ein nasser
Graben ermöglicht natürlich keine Nahverteidigungselemente wie z.B.
Grabenkoffer oder Kaponnieren, aber auch sonst finden sich beispielsweise keine
baulichen Elemente zum flankierenden Schutz der Eingänge. Entsprechende
Scharten an den beiden Gebäudevorsprüngen links und rechts fehlen. Leider ist
es mir noch nicht gelungen, herauszufinden, wie die Nahverteidigung
ursprünglich konzipiert war; sollte unter den Lesern dieses Blogs jemand über
entsprechende Informationen verfügen, wäre ich dankbar, wenn er sie mit mir
teilen würde.
Hier nun eine
Gesamtansicht der Forte – eine erstaunlich lange Anlage!
Eine Teilansicht des Forts:
Die aus Eisenbahnschwellen wiederhergestellte Brücke über den ehemals nassen Graben:
Das nächste
Foto zeigt den Korridor in seiner Gesamtlänge, aufgenommen von einem Fenster am
Längsende:
Hier der
Unterbau eines Geschützkuppel-Paares; die V-förmig angeordneten Treppenaufgänge
sind heute leider alle vermauert. Die beiden Räume zwischen den
Treppenaufgängen sind sogenannte „Riservette“, also Munitionslagerräume für die
Geschütze.
Die Toiletten:
Aufgang aufs Dach. Bei den metallene Elementen handelt es sich um Blitzableiter aus der Zeit, als die Festung als Munitionslager diente.
Als nächstes
zwei Geschützbrunnen; beim ersten ist das Holzgerüst zur Abdeckung, das ursprünglich mit Asbest verkleidet war, noch vorhanden, beim zweiten ist es entfernt.
Ein Blick auf die Barackengebäude. Das rechte, vor dem die beiden Autos parken, stammt noch aus der Erbauungszeit der Festung.
Zum Schluss noch etwas ganz Besonderes. Das Barackengebäude ganz rechts ist über und über bedeckt mit Graffitis der Soldaten, die hier gedient hatten; sie haben ihre Botschaften in die Ziegelsteine hineingekratzt. Hier ein Beispiel:
Die älteste Jahreszahl, die ich spontan finden konnte, war 1910.
Zum Schluss noch eine Warnung an zukünftige Besucher: Im Hochsommer bei Temperaturen jenseits der 30° alte Festungen zu besuchen ist anstrengend genug. Was aber den Besuch der Forte di Beano zusätzlich ganz besonders unangenehm machte, waren die Myriaden von Stechmücken, die uns zusetzten. Obwohl uns unser Begleiter dankenswerterweise mit Mückenspray einnebelte, war ich nach dem Besuch über und über mit Stichen bedeckt. Idealerweise schaut man sich die Festung also eher in der kälteren Jahreshälfte an ...