Mittwoch, 5. August 2020

Update zum Gruson Wachtturm 90

Im Foto-Fundus meines Besuchs von Fort Prinz Karl 2007 habe ich ein interessantes Foto entdeckt. Es zeigt den Wachtturm 90 von innen, aufgenommen durch einen der Sehschlitze. Man erkennt eine Art Rad, dessen Sinn sich aber nicht ohne weiteres erklärt:


Klarer wurde der Aufbau des Wachtturms sieben Jahre später anlässlich eines Besuchs im Fort Ducrot / Fort Podbielski in Mundolsheim bei Straßburg, einem ehemals deutschen Fort, das 1882 fertiggestellt wurde. Wir hatten damals das Glück, einen Wachtturm 90 demontiert vorzufinden; hier zunächst der Blick aus dem Fortinneren nach oben (wegen der demontierten Glocke war der Schacht abgedeckt):


Deutlich erkennbar: Die Leiter am rechten Rand, der klappbare Boden - und das ominöse "Rad".

Als nächstes der Blick von oben in den Schacht hinein:


Hier erschließt sich nun der Sinn und Zweck des Rades: Es ist der schwenkbare Sitz für den Beobachter!

Last but not least die ausgebaute Glocke aus 3 cm dickem Walzstahl, Innenseite nach oben:


Die Sehschlitz-Abdeckung fehlt leider.

Anstelle eines klappbaren Bodens scheint auch ein einfaches Netz verwendet worden zu sein, wie die folgende Schnittzeichnung zeigt (Pfeil bei "1"):


 Rechts neben dem Pfeil bei "2" ist die Kurbel zu sehen, mit der die Glocke gedreht wurde.

Der gesamte Wachtturm wie abgebildet wog 850 kg. Zwischen 1891 und 1894 wurden 129 Stück in den deutschen Festungen installiert.

Übersicht:

Die folgenden Beiträge meines Blogs befassen sich mit dem Zwischenwerk 1 Gerolfing:


Sonntag, 2. August 2020

Das Zwischenwerk Nr. 1 Gerolfing

Westlich von Gerolfing bei Ingolstadt befinden sich die Reste des ehemaligen Zwischenwerks 1 (Werk 191); die Anlage ist im Luftbild leicht erkennbar:


Auffallend ist der das Werk umgebende Wassergraben:



Das Zwischenwerk 1 entstand zwischen 1890 und 1892. Zusammen mit dem Zwischenwerk 9 Rosenschwaig sollte es die Lücke zwischen den Forts II und X schließen, da dieser Frontabschnitt als besonders angriffsgefährdet eingeschätzt wurde.
Es weist einen fünfeckigen Grundriss auf; im Plan (siehe unten) erkennt man eine Kehlkaserne für 250 Mann und 3 Schutzräume (Hohltraversen) auf dem Wall.

Das Reliefbild lässt erkennen, dass von diesen Funktionseinheiten nicht mehr viel übrig ist:


Speziell die Kehlkaserne scheint komplett verschwunden zu sein. Was allerdings sofort ins Auge fällt, sind die Reste der südlichen Hohltraverse, im nachfolgenden Plan mit "1" gekennzeichnet:


An dieser Stelle eine Anmerkung zu den Plänen, die ich hier veröffentliche. Es handelt sich um grobe Skizzen, die ich, basierend auf den verschiedensten Quellen, in der Vorbereitung meiner Festungsexkursionen erstelle, um mich im Gelände zurecht zu finden. Nur in den seltensten Fällen liegen mir genaue Raumpläne der Anlagen vor, so auch hier. Ich hoffe, ich werde irgendwann einmal die Gelegenheit haben, im Stadtarchiv Ingolstadt recherchieren zu können; leider passen aber die dortigen Öffnungszeiten nicht zu meinem beruflichen Alltag ...

Hier nun ein paar Impressionen, wie sich der südliche Schutzraum in natura darstellt. Als erstes die Ostseite:



Die Nordseite:


Die Südseite:


Der gesprengte Raum ist komplett verfüllt.

Das interessanteste Detail verrät der oben gezeigte Plan nicht; allenfalls im Reliefbild bekommt man einen Hinweis darauf: Es gibt hier einen recht gut erhaltenen Unterbau eines splittersicheren Wachtturms 90 (Position bei "2" im Plan):


Sogar einer der metallenen Verankerungszapfen der Kragensteine ist noch vorhanden:



Leider ist der Schacht mit Erde und Müll verfüllt.

Hier noch einmal der Wachtturm 90 aus dem Fort VI Prinz Karl:



Anfang der 1890er Jahre wurde die Festung Ingolstadt mit diesen drehbaren splittersicheren Beobachtern vom Typ Gruson WT 90 (Wachtturm 90) ausgestattet. Sie wurden üblicherweise symmetrisch auf den Wällen der Forts installiert und dienten zur Überwachung des Vorfelds. Über ein Alarmsystem waren sie mit den Schutzräumen verbunden.

Die gusseisernen Kuppeln hatten zwei gegenüberliegende Beobachtungsschlitze, die mit Riegeln verschlossen werden konnten. Es gab keine optischen Geräte; die Beobachtung wurde mit bloßem Auge durchgeführt. Die Kuppeln waren auf Rollen gelagert und konnten mit einer Kurbel gedreht werden.

Die nachfolgende Aufnahme zeigt die Verbindung zum südlichen Schutzraum, dessen Westseite im Hintergrund erkennbar ist. Der betonüberdeckte Verbindungsgang weist keinerlei äußere Beschädigung auf:


Hier trifft der Verbindungsgang auf den Schutzraum:



Von unten konnte ich den Verbindungsgang leider nicht in Augenschein nehmen - die üppige Vegetation ließ das nicht zu:


In diesem Foto habe ich die Oberkante mit einer blauen Linie hervorgehoben:


Für eine genauere Untersuchung werde ich das Zwischenwerk in der vegetationsfreien Jahreszeit noch einmal besuchen.

Abschließend noch zwei Aufnahmen, die ich vor 5 Jahren im Zwischenwerk 9 Rosenschwaig von den Resten der beiden dortigen Wachttürme gemacht habe:



Beide sind komplett zerstört; umso bedeutsamer ist der gute Erhaltungszustand des Wachtturm-Unterbaus im Zwischenwerk 1.

Übersicht:

Die folgenden Beiträge meines Blogs befassen sich mit dem Zwischenwerk 1 Gerolfing: