Donnerstag, 17. September 2015

Die Straßensperre von Canale (Tagliata d'Incanal)


 (Wiederhergestellter Post vom September2015 aus dem alten Tavannes-Blog)



Ebenfalls an der italienischen A22 liegt kurz vor der Forte Rivoli, allerdings rechts der Autobahn, die Straßensperre von Canale (Tagliata d'Incanal).

Es handelt sich um keine österreichische Festung, sondern um eine italienische; sie wurde im Rahmen des Ausbaus der Sperrgruppe Rivoli-Ceraino ("sistema di sbarramento montano") errichtet und 1884 fertig gestellt.

Ansicht von Nordosten:

Die Straßensperre war ursprünglich von einem ca. 5 m tiefen Graben umgeben, der von der Spitze des Werks bis zur Etsch verlängert wurde und bei Bedarf geflutet werden konnte. An der kurzen Seite des Kasemattenblocks befand sich eine kleine Kaponniere, durch die diese Grabenverlängerung verteidigt werden konnte.

Rückwärtig verfügte der Graben über einen Erdwall, hinter dem bei Bedarf Geschütze positioniert werden konnten; auf einer Zeichnung des k.u.k. Evidenzbureaus (militärischer Nachrichtendienst Österreich-Ungarns)  ist diese Konstruktion daher als "Anschlussbatterie" bezeichnet:

(Quelle: Wikipedia)

Auf der Zeichnung ist auch die Kaponniere gut zu erkennen.

Das Werk war ursprünglich dreiteilig: Die Straße Canale-Rivoli verlief durch ein Torgebäude, das bergseitig durch zwei Sperrmauern und flussseitig durch einen Kasemattenblock mit Innenhof flankiert wurde (der Plan des Evidenzbureaus ist in diesem Punkt insofern unpräzise, als der Kasemattenblock in Realität asymmetrisch ist).

Der Kasemattenblock:

Im Erdgeschoss des Werks befand sich die Straßendurchfahrt mit zwei Zugbrücken sowie 6 Geschützscharten auf der Frontseite, zwei auf der kurzen Seite und fünf auf der Kehlseite.

Geschützscharte des Kasemattenblocks:

Gewehrscharten des früheren Torgebäudes:

Das Untergeschoss verfügte auf der Frontseite und in der Kehle über Gewehrscharten und auf der kurzen Seite (in der Kaponniere) über zwei Geschützscharten zum Bestreichen des Grabens zur Etsch.

Das Torgebäude wies auf der Front- und auf der Kehlseite drei Geschützscharten auf, auf der Seite weitere zwei.

Zwei mit Gewehrscharten versehene Mauern bilden den Anschluss zur Felswand; von der Felswand aus führte eine Poterne zum gedeckten Weg einer weiteren Anschlussbatterie oberhalb der Straßensperre ("Batteria alta d'Incanal").

Kehlseitige Anschlussmauer zur Felswand:

Poterneneingang:

Die Bewaffnung der Straßensperre bestand aus 6 Hinterladerkanonen im Kaliber 120 oder 150mm und aus 12 Feldgeschützen; Sekundärbewaffnung: 6 Schnellfeuergeschütze.

Vermutlich in den 1960er Jahren wurde das Torgebäude abgerissen, um die Straße zu verbreitern.

Die Anschlussmauern zur Felswand sind heute frei zugänglich; der Kasemattenblock befindet sich in Privatbesitz und kann nur von außen besichtigt werden. Der Graben um das Werk herum und zur Etsch ist verfüllt und nicht mehr sichtbar.

Blick in den Innenhof des Kasemattenblocks:

Die Fotos zu diesem Blogeintrag stammen von einem Besuch am 9. September 2015; die Batteria alta konnte ich leider nicht begehen, ebensowenig (mangels Taschenlampe) die Poterne, die zur Batterie führt.


Sonntag, 13. September 2015

Die italienische Forte Rivoli


 (Wiederhergestellter Post vom 13.09.2015 aus dem alten Tavannes-Blog)



Fährt man die italienische A22, vom Brenner kommend, in Richtung Modena, bemerkt man kurz vor der Anschlussstelle Affi linkerhand eine Festung auf einem Hügel.

Es handelt sich um das ehemalige österreichische Werk Wohlgemuth, heute "Forte Rivoli", benannt nach dem Dorf zu ihren Füßen.

Ansicht von Norden:


Nach dem Krieg von 1848 zwischen Österreich und Sardinien-Piemont wurde beschlossen, das Etschtal an der Chiusa Veneta durch eine Sperrgruppe abzusichern, die zunächst aus den Werken Wohlgemuth, Hlawaty und Mollinary sowie der Straßensperre Etschklause bestand.

Der Bau des Werks Wohlgemuth begann 1851 mit dem Anlegen einer Serpentinenstraße auf den Hügel nördlich des Ortes Rivoli und der Einebnung von dessen Spitze. Das Werk selbst wurde aus Veroneser Marmor erbaut und im Jahr 1854 fertig gestellt.

Es bot Unterkunft für eine Besatzung von 120 Mann und verfügte über folgende Bewaffnung:

- 3 18-Pfünder-Kanonen

- 3 12-Pfünder-Kanonen

- 2 6-Pfünder-Kanonen

- 1 10-Pfünder Haubitze

- 1 10-Pfünder Mörser

Nach dem dritten Unabhängigkeitskrieg 1866 fiel das Veneto endgültig an das Königreich Italien, und die Grenze verschob sich ca. 12 km nördlich von Rivoli.

In einem Generalplan zur Staatsverteidigung wurde 1871 ein Ausbau der Sperrgruppe Rivoli-Ceraino ("sistema di sbarramento montano") auf 8 Anlagen einschließlich einer Modernisierung der ehemals österreichischen Festungen beschlossen.

In den darauf folgenden Jahren wurden am Werk Wohlgemuth (mittlerweile umbenannt in "Forte Rivoli") folgende Modernisierungen vorgenommen.

  • Umkehr der Kampffront in Richtung Norden
  • Hinzufügen einer geraden kasemattierten Batterie ("Batteria Alta") zu der ursprünglich zylindrischen Festung
  • Bau einer detachierten Batterie an der Nordfront des Werks ("Batteria Bassa")
  • Errichtung des Militärhospitals "Massena" am Südhang des Festungshügels
  • Bau einer Pulverkammer südlich von Rivoli, am Fuße des Monte Pipolo

1894 verfügte Forte Rivoli in der Batteria Alta über

  • 4 15cm-Geschütze mit gezogenem Lauf
  • 6 12cm-Geschütze mit gezogenem Lauf
  • 4 15cm-Haubitzen mit gezogenem Lauf

und in der Batteria Bassa über 5 15cm-Geschütze mit gezogenem Lauf.

Angesichts der Brisanzmunitionskrise erwies sich das Werk ziemlich schnell nach seiner Fertigstellung als veraltet und wurde vom Militär nur noch als Magazin genutzt.

Mittlerweile ist es im Besitz der Gemeinde Rivoli und beherbergt ein kleines, aber feines Museum zum ersten Weltkrieg.

Nachfolgend ein paar fotografische Eindrücke.

Ansicht von Süden; die zylindrische Form des ursprünglichen österreichischen Werks ist von hier aus am besten erkennbar:

Werkseingang mit Kehlkoffer; der vorgelagerte Graben ist verfüllt, die Zugbrücke fehlt:

Innenhof mit Brunnen:

Ehemalige österreichische Geschützkasematte im ersten Stock; es handelt sich um den Originalfußboden!


Gang im ersten Stock; links die Hofseite, rechts die Zugänge zu den Geschützkasematten. Man beachte die "Spurrinnen" im Originalfußboden, wohl für die Munitionsversorgung - das Fehlen von Befestigungslöchern lässt darauf schließen, dass hier keine Schienen verliefen:


Die Batteria Bassa, zum Zeitpunkt unseres Besuchs leider nicht zu besichtigen:


Nahverteidigungsgalerie der Batteria Bassa. Man beachte den Unterschied in der baulichen Ausführung im Vergleich zur ursprünglichen österreichischen Festung!


Blick auf die Anlage von Südwesten:


Impression aus dem Museum über den ersten Weltkrieg: