Freitag, 30. August 2024

Die Forte Someda (Sperre Moena) in den Dolomiten

Ein Sprichwort sagt: Es ist nichts so schlecht, als dass es nicht auch für irgendwas gut wäre. Wie wahr das ist, erfuhr ich an einem Aprilwochenende 2006, als mich meine damalige Firma auf eins dieser leidigen Offsite-Meetings nach Welschnofen in Südtirol schickte. Auf der Suche nach möglichen Attraktionen der Gegend stieß ich schnell auf die zahlreichen Kriegsschauplätze der Dolomitenfront des ersten Weltkriegs und beschloß, jede sich bietende Gelegenheit an diesem Wochenende zu nutzen, mich da einmal umzuschauen. Hier der Bericht meines damaligen Ausflugs zur Forte Someda:

Sonntag, 8. April 2006

 

Um 16:30 in Welschnofen losgefahren. Strecke: Karerpaß – Vigo die Fassa – Moena – Someda, ungefähr 25 km.

Wo Moena aufhört und Someda anfängt, ist schwer auszumachen. Man folgt dem Hinweisschild „Someda“, kommt an einem himmelblau angestrichenen Hotel namens Someda vorbei – und befindet sich plötzlich am Ende der Welt. Nun ja, zumindest macht es den Eindruck, weil die Ortsdurchfahrt von Someda diese Bezeichnung eigentlich nicht verdient; sie schlängelt sich als knapp einspuriger Weg zwischen den paar armseligen Häuschen hindurch, wird immer schmaler und führt in bedenklicher Weise an einer Böschung entlang – und plötzlich ist man außerhalb des Ortes. Ein paar Meter vor sich ein Hinweisschild „Durchfahrt verboten, Steinschlag!“ Da nimmt man die Gelegenheit eines Stopps auf einem Parkplatz mit Wanderkarte gerne wahr, um sich erstmal zu orientieren. Laut Kompass-Karte müßte hier irgendwo das Fort sein – doch wo?

Ich steige erstmal aus und gehe den gesperrten Weg entlang um eine vom Parkplatz aus nicht einsehbare Kurve, um mir einen Überblick zu verschaffen. Was sehe ich an einem Waldrand? Eine alte Burg. Oder ... ? Ich komme näher und werde mit freudigem Geblöke von ein paar Schafen in einem Gatter begrüßt, die mich für ihren Futterlieferanten halten. Mein Interesse ist jedoch vollkommen gefangen von dem Objekt, das ich zunächst irrtümlich für eine Burg gehalten hatte. Es sieht merkwürdig aus: Aus dunklen Steinblöcken massiv gebaut, die Fassade ist jedoch durch etliche Fenster aufgelockert, und an der rechten Ecke erkennt man so etwas wie eine Ecknische, die spontan die Assoziation weckt, es könnte einmal eine Heiligenstatue darin gestanden haben.

Ich habe Fort Someda gefunden, es sieht allerdings komplett anders aus, als ich es mir vorgestellt hätte. Deutsche, französische, niederländische Forts aus dem späten 19. Jahrhundert, sie sehen alle irgendwie ähnlich aus. Dieses Fort hier, erbaut 1899 als Gebirgsfort zweiter Generation nach Feldmarschalleutnant Vogl, wirkt wirklich eher wie eine alte Burg oder ein Schloß als wie ein Artilleriefort:

Wo andere europäische Festungen dieser Epoche tief in den Boden gegraben sind, sich trutzig und wehrhaft hinter mächtigen Wällen mit vorgelagerten Gräben verstecken und infolge des Schocks der Brisanzmunitionskrise betonverstärkt und panzerkuppelbewehrt sind, wirkt Someda durch seine hochaufgerichtete Bauweise, frei in der Landschaft stehend, aufgelockert durch viele Fenster, geradezu filigran. Es ist auch nicht besonders groß, und es scheint über keinerlei Nahverteidigungsmöglichkeiten zu verfügen. Da es sich laut Hinweisschildern in Privatbesitz befindet, konnte ich es leider nicht näher inspizieren, aber irgendwelche Caponnieren, Grabenwehren oder Infanteriescharten konnte ich beim Umrunden nicht ausmachen.

Über dem Tor scheint das Fort ursprünglich so etwas wie eine Treppe aufs Dach gehabt zu haben; die Spuren der Treppe, u.a. aus der Fassade herausragende Doppel-T-Träger, sind noch gut sichtbar. Die Treppe schien frei an der Gebäudeaußenseite nach oben zu führen, was wiederum für ein Artilleriefort ungewöhnlich ist. Ich vermute, daß es im Inneren noch ein Treppenhaus gibt.


Die ehemaligen Geschützbettungen oder Panzerkasematten (man kann das nicht mehr erkennen) befanden sich wohl auf der Hinterseite des Forts, hier gibt es auch einen kleinen talwärtsführenden Graben. Von den Geschützbettungen ist außer einem betonierten Zugang nichts mehr zu erkennen; es sieht so aus, als ob hier zur Rohmaterialgewinnung gesprengt worden wäre.


Obwohl Someda so ungewöhnlich ist – oder aber vielleicht gerade deshalb – habe ich mir fest vorgenommen, es bei passender Gelegenheit näher unter die Lupe zu nehmen; vielleicht ist es ja möglich, irgendwie mit dem Besitzer in Kontakt zu treten. Das Tor ist mit einer metallenen Tür, Kette und Vorhängeschloß gesichert, alles wirkt sauber und ordentlich, das Fort scheint als Lager genutzt zu werden. Dieser Gesamteindruck stimmt zuversichtlich, es mit einem Besitzer zu tun zu bekommen, der sich einer seriösen Besichtigung möglicherweise nicht in den Weg stellt.

Nach einer Dreiviertelstunde verlasse ich Someda wieder und mache mich auf den Heimweg ins Hotel.

Die GPS-Koordinaten des Forts sind: N 46.37493, E 011.67415; 1275 m ü.M.


Seit meinem Besuch habe ich natürlich mehr Informationen zur Forte Someda gesammelt.

Das zweigeschossige Werk, auf Deutsch „Sperre Moena“ genannt, wurde zwischen 1897 und 1900 aus Granit-Blocksteinen erbaut; die Decke bestand aus Beton. Es wurde durch einen 12 Meter breiten Drahtverhau und durch Minenfelder geschützt. Zum Tal hin gab es 14 Nahverteidigungsscharten.

Sieben Scheinwerfer, davon drei fest verbaute Acetylenscheinwerfer und vier versenkbare Scheinwerfer, dienten der nächtlichen Ausleuchtung. Es bestand eine Telefonverbindung zur Kaserne in Moena und zum Werk Dossaccio, ca. 9 km Luftlinie südöstlich gelegen.

Die Hauptbewaffnung bestand aus zwei 150 mm Haubitzen Mod. 80 in Drehkuppeln.

Als Sekundärbewaffnung hatte das Werk zwei 120 mm Kanonen M96 auf Drehlafette in gepanzerten Stellungen, vier Salvator-Dormus-Maschinengewehre M93 und 12 Gewehre auf Gewehrlafetten. 

Die Besatzung umfasste 4 Offiziere und 146 Mannschaften. 

1915 wurde die Sperre als veraltet eingestuft und die Bewaffnung in Feldstellungen am Passo San Pellegrino in Stellung gebracht. 

Der italienische Staat, an den die Festung nach dem 1. Weltkrieg gefallen war, legte sie 1927 still und riss sie 1933 teilweise ab. Heute ist sie in Privatbesitz, wird als Lager genutzt und kann definitiv nur von außen besichtigt werden.

Abschließend noch ein Kuriosum. Im Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek bin ich auf ein Foto vom 27.01.1916 gestoßen, das ich mir nicht erklären kann. Es ist untertitelt „Links oben Eingang in den Schützengraben, rechts unten Eingang in die Kaverne bei Sperre Moena“.

Wo sich diese Kaverne befindet und wo der Schützengraben, konnte ich bisher noch nicht herausfinden. Die Struktur im oberen Teil des Bildes scheint aus Beton zu bestehen und gehört ziemlich sicher nicht zur Festung. Das zu klären ist ein weiterer Punkt auf meiner To-Do-Liste.




Update zu den militärischen Einrichtungen auf dem Chanonry Ness im 1. Weltkrieg

Kürzlich konnte ich endlich eines Buchs habhaft werden, nach dem ich lange vergeblich gesucht hatte.

Es wurde 2020 vom Inverness Local History Forum herausgegeben und trägt den Titel „The Northern Barrage – The Fence Across the North Sea in WWI“. Noch gar nicht so alt, möchte man meinen, aber dennoch nirgendwo mehr erhältlich. Ich hatte Glück und konnte ein gebrauchtes Exemplar bei Abebooks antiquarisch erstehen.

Bezüglich des Inhalts spricht der Titel weitestgehend für sich selbst. Im Bericht „Neues von Fort George“ hatte ich erwähnt, dass die US Navy ab 1918 ein Minenfeld zwischen den Orkneys und Norwegen anlegte, um deutschen U-Boote daran zu hindern, in den Atlantik vorzudringen, und außerdem zu verhindern, dass Nahrungsmittel und Kriegsmaterial auf dem Seeweg nach Deutschland gelangen konnten. Um dieses Minenfeld und um die damit verbundene militärische Präsenz rund um den Moray Firth geht es in dem Buch.

Und natürlich – darauf hatte ich gehofft – gibt es auch eine kurze Passage über die Verteidigung des Moray Firth.

Wichtigste Erkenntnis: Zur artilleristischen Verteidigung gab es tatsächlich nur die Batterie auf dem Chanonry Ness. Fort George wurde nicht zur Verteidigung des Moray Firth ertüchtigt.

Was ich nicht wusste: Als zusätzliches Verteidigungselement wurde am 10.07.1918 ein Anti-U-Boot-Netz fertiggestellt. Es verlief in einem Bogen zwischen der Black Isle auf der Höhe von Balmungie, nordöstlich von Rosemarkie, und einem Punkt nordöstlich von Fort George:


Legende:

  1. Anti-U-Boot-Netz
  2. BLC 15-pdr Batterie
  3. Suchscheinwerferstellung
  4. Fort George

Der Standort der BLC 15-pdr Batterie, die ich im Mai lokalisiert hatte, sei unbekannt, heißt es im Buch. In Bezug auf die Geschütze wird lediglich bestätigt, dass die Räder demontiert waren. Das macht zwangsläufig die Verwendung einer Sockel- oder Wiegelafette notwendig, aber darauf wird nicht eingegangen.

Es wird erwähnt, dass die Batterie mit Artilleristen der Royal Marines bemannt war, die im Armenhaus auf dem Chanonry Ness untergebracht waren. Dieses Gebäude existiert heute noch; es befindet sich ca. 200 Meter WSW vom Clubhaus des Golfclubs und ca. 700 Meter nordwestlich von der Batterieposition:


Legende:

  1. Armenhaus
  2. Clubhaus des Golfclubs
  3. BLC 15-pdr Batterie

Die Position der Suchscheinwerferstellung, die ich im Mai ermittelt hatte, wird im Buch bestätigt.

Über das Foto, das mir die Lokalisierung ermöglichte, erfuhr ich, dass es von Captain Howard F.J. Rowley gemacht wurde, der vom 16. Dezember 1914 bis zum 31. Dezember 1918 Senior Naval Officer (SNO) der Marinebasis von Inverness war. Ab 1919 war er beim RNLI (Royal National Lifeboat Institution, Britische Seenotrettung) als Chefinspektor für die Seenotrettungsboote tätig; das folgende Foto zeigt ihn im Juni 1929:


Dienstag, 27. August 2024

Der Scharrachbergabschnitt bei Straßburg

Die Feste Kaiser Wilhelm II auf dem Bergzug nördlich von Mutzig und Molsheim wurde in ihren wesentlichen Bestandteilen zwischen 1893 und 1906 errichtet. Es zeigte sich aber schnell, dass diese Anlage alleine nicht ausreichte, um den Nordwesten Straßburgs ausreichend zu schützen. Das deutsche Militär ging davon aus, dass es den Franzosen gelingen könnte, über Zabern (heute Saverne) vorzustoßen, sich hinter dem Kochersberg zu sammeln und von dort aus in Richtung Straßburg zu marschieren. Die Breusch-Stellung würde dann überrannt werden. Eine weitere Vorstoßmöglichkeit bestand aus Richtung Wasselnheim (heute Wasselonne) - Kronthal („Wasselnheimer Loch“ oder „Wasselonne-Lücke“ genannt).

Die Feste Kaiser Wilhelm II konnte zwar mit ihren Geschützen den Kochersberg kontrollieren, war jedoch nach Ansicht des deutschen Stabes von Norden her relativ verwundbar. Man befürchtete, dass französische Truppen von hier aus in den Rücken der Festung vordringen und sie einnehmen könnten, was für ihren Vorstoß von Zabern aus wichtige Vorteile bringen würde.

Dazu kam, dass speziell der Hügelzug Aussichtsberg – Scharrachberg – Sulzberg eine ausgezeichnete Aussicht auf das deutsche Verteidigungssystem von der Feste Kaiser Wilhelm II bis Straßburg bot, weswegen diese Hügel auf keinen Fall in französische Hände fallen durften.

Der ursprüngliche Plan, auf dem Scharrachberg und dem Goeftberg (nordöstlich von Wasselonne) weitere Festungen zu errichten, wurde aufgegeben; man entschied sich stattdessen dafür, im Kriegsfall den Scharrachberg (oder kurz „Scharrach“ genannt) mit Verteidigungsanlagen auszustatten. Da das alleine für unzureichend gehalten wurde, umfasst die geplante Armierung bald auch den Aussichtsberg, den Sulzberg und den Dangolsheimer Rücken.

In dieser Abhandlung werde ich mich mit dem sogenannten Armierungsabschnitt Scharrach befassen, also den 3 Hügeln Aussichtsberg, Scharrachberg und Sulzberg.

Mit über 300 Metern Höhe ist der Scharrach der höchste der drei, gefolgt vom Sulzberg und dem Aussichtsberg, der gut 60 Meter niedriger ist.

Der Abschnitt wurde tatsächlich erst 1914 nach der Mobilmachung armiert, angesichts der französischen Offensive im Breusch-Tal bei Schirmeck (ca. 20 Kilometer südwestlich der Feste Kaiser Wilhelm II) in besonderer Eile. Die Landschaft wird massiv verändert; die Hügel sind vor allem auf den steilen feindseitigen West- und Nordhängen von Schützengräben durchzogen und mit Infanteriewerken, Beobachtungsständen und verschiedensten Bunkern bedeckt. Ihre weniger der Feindeinwirkung ausgesetzten Süd- und Ostseiten fallen sanft in Richtung der Breusch-Terrassen ab, wo ein gutes Straßennetz den Transport von Truppen und Material ermöglicht. 10- und 15cm-Batterien werden ebenfalls an den Süd- und Osthängen in Stellung gebracht.

Das auf dem Scharrachberg befindliche Hotel bot der französischen Artillerie einen hervorragenden Richtpunkt:

Der Besitzer bekam eine großzügige Entschädigung, und am 15. August wurde das Hotel dem Erdboden gleich gemacht.

Nachdem die Franzosen ihre Offensive eingestellt hatten, trat ab September 1914 im Scharrachbergabschnitt wieder Ruhe ein. Die Artillerie wurde abgezogen, es gab kaum noch Kampftruppen. Kämpfe sah der Abschnitt nicht.

Auch wenn viele Armierungselemente seither verschwunden sind, hat der Scharrachbergabschnitt dem fortifikatorisch Interessierten enorm viel zu bieten. Nach zwei Begehungen in diesem Jahr ist mir klar geworden, dass ich allenfalls an der Oberfläche dessen gekratzt habe, was es dort zu sehen und noch zu entdecken gibt.

Frustrierend war zunächst die Erkundung des Sulzbergs nordöstlich von Soultz-les-Bains. Was ich im Vorfeld an Karten fand, schien auf den ersten Blick recht vielversprechend; nachfolgend habe ich die wichtigsten Einrichtungen in eine Karte von Open Street Maps (©) übertragen:

Das interessanteste Objekt ist der große Infanterieraum an der Nordwestecke. Um seine genaue Position zu bestimmen, konsultierte ich in gewohnter Manier zunächst das digitale Geländemodell:

Leider haben die für die Region frei erhältlichen DGM-Daten nur eine äußert schlechte Auflösung; für eine Lokalisierung von Bunkern und ähnlichen Objekten sind sie nur in seltenen Fällen brauchbar. Den Infanterieraum konnte ich so nicht lokalisieren, weiß aber mittlerweile dennoch, wo er liegt – leider mitten in dem Steinbruch, der einen großen Teil des Sulzbergs einnimmt, dessen Betreten laut inflationär angebrachter Beschilderung streng verboten ist und der (laut eben diesen Schildern) mit Videokameras überwacht wird. Ich habe den Sulzberg daher bislang bei meinen Begehungen nicht berücksichtigt. Wer weiß – vielleicht gelingt es mir ja noch, einen Kontakt zum Steinbruchbetreiber aufzubauen und eine Erlaubnis zu erwirken.

Hier vollständigkeitshalber ein Plan des Infanterieraums:

Auch für den Scharrachberg gibt das digitale Geländemodell nicht viel her:


Wie beschrieben ist diese Erhöhung gespickt mit Armierungselementen. Der folgende Plan zeigt den Scharrach- und den Aussichtsberg:

(© Open Street Maps Mitwirkende)

Um den Hügel herum wurden 7 Infanterieräume, mindestens 2 MG-Kasematten, 2 Batterien mit Munitionsräumen, ein Brunnenbunker zur Wasserversorgung des Abschnitts, etliche andere Bunker, Schützengräben mit Betonunterschlupfen und betonierte gedeckte oder unterirdische Passagen angelegt. Auf der Hügelspitze liegt der Gefechtsstand des Abschnitts, im Nordwesten umgeben von Artilleriebeobachtern. Das Fundament des abgerissenen Hotels wurde zu zwei Zisternen umgebaut.

Die rot hervorgehobenen Elemente habe ich bisher besucht – wie bereits erwähnt, ein erstes Kratzen an der Oberfläche!

Der interessanteste Teil des Scharrachbergabschnitts ist die Westflanke mit ihrer ausgeklügelten Staffelung von Verteidigungselementen. Vorgelagert war ein Stacheldrahtfeld mit Postenunterschlupfen, gefolgt von einem mit vielen betonierten Unterschlupfen versehenen Kampfgraben, stellenweise durch einen zweiten Graben verstärkt. In der Spitze, am Nordende und möglicherweise auch am Südende des Kampfgrabens befanden sich Kasematten für jeweils 2 Maschinengewehre. Die Grabenbesatzungen waren in 3 Infanterieunterständen untergebracht, die über gedeckte oder unterirdische Passagen erreicht werden konnten.

Die mir vorliegenden Pläne dieses Abschnitts sind leider nicht besonders präzise; Abstände, Maßstäbe und Lokalisierung einzelner Elemente stimmen nicht oder sind nur sehr grob. Ich habe versucht, die wesentlichen Elemente in ein Luftbild von Google Maps © zu übertragen:


(1 = MG-Kasematte, 2 = Infanterie-Unterschlupf)

Alles, was rot eingezeichnet ist, ist mehr oder weniger spekulativ; die beiden gelb hervorgehobenen Objekte habe ich besucht.

Zunächst kurz etwas zu den Infanterieräumen. Sie folgten einem einheitlichen Design:

Sie wiesen 8 bis 13 Räume auf und hatten keine eigene Wasserversorgung; der Brunnenbunker an der Südostflanke des Scharrachbergs und die beiden Zisternen versorgten den gesamten Abschnitt zentral.

Ich wollte mir im August mindestens einen der Infanterieräume der Westflanke ansehen, musste mich allerdings der übermächtig dichten Vegetation geschlagen geben, hinter der sie sich verbergen:

Bei 30°C in kurzen Hosen und ohne geeignetes Werkzeug nicht zu machen!

Was allerdings aufgrund seiner Lage mitten im Weinberg hervorragend zu begehen war, war die zentrale MG-Kasematte des vordersten Kampfgrabens. Hier die Bunkeroberseite mit Blick nach Westen:

Die talseitige Bunkerwand:

An dieser Stelle zunächst ein Plan des Bunkers, um die folgenden Fotos besser verstehen zu können:

Der Bunker ist leider teilweise verschüttet. Der nördliche Eingang ist noch auf ca. halber Höhe zugänglich, der östliche Eingang ist komplett übererdet, ebenso die östliche MG-Scharte; nur die westliche Scharte ist frei:

Hier die nördliche Eingangsseite; der Vorbau des Eingangs wurde abgetragen:

Nahaufnahme vom Eingang; man erkennt die Reste einer hölzernen Tür im Inneren:

Das Innere des Bunkers ist unspektakulär; er ist mit den obligatorischen Graffitis verunstaltet und wurde in der Vergangenheit offenbar zur Entsorgung von allerlei Materialien wie z.B. Rohren missbraucht. Der Bereich des östlichen Eingangs ist mit Erde angefüllt.

Die Schartenseite nach Süden:

Nahaufnahme der westlichen Scharte:


Ansonsten ist in den Weinbergen wenig von der Armierung zu sehen. Ich habe ein Farbfoto gesehen, auf dem die Dächer einer ganzen Reihe von Betonunterschlupfen freilagen, vermutlich ein Teil des Hauptkampfgrabens. Offenbar wurden diese Kleinbunker mittlerweile entweder übererdet oder gar entfernt.

Lediglich ein Unterschlupf des dem Infanterieraum 7 vorgelagerten Kampfgrabens ist am Wegrand noch erkennbar:


Diese Unterschlupfe hatten einen anderen Aufbau als die, die ich z.B. an der Rebbergstellung vorgefunden habe, wie der folgende Plan zeigt:

Mindestens eine der gedeckten oder unterirdischen Passagen ist noch  zugänglich, liegt aber leider ebenfalls im Dickicht.

Auf dem Gipfel des Scharrachbergs habe ich mir den Gefechtsstand angesehen. Er ist weiträumig von einem tiefen Graben umgeben, zu dem eine kurze überdeckte Passage führt:


Der Gefechtsstand folgt dem Prinzip, das z.B. in den „Vorschriften für den Stellungskrieg für alle Waffen – Teil 1b – Einzelheiten über den Stellungsbau“ vom 15. Dezember 1916 umrissen ist:

„Gefechtsstände sollen möglichst klein sein, damit sie geschickt dem Gelände angepasst werden können. Sie sind deshalb nicht gleichzeitig als Wohnunterstände der Stäbe einzurichten.

Hier der Plan:

Es handelt sich um einen kleinen, kompakten Bunker in an sich hervorragendem Erhaltungzustand. Leider ist er offenbar zu einfach zugänglich, denn er ist innen und außen mit Graffitis verunstaltet; auch schien im Inneren irgendwann einmal ein großes Feuer gebrannt zu haben.









So sieht es auf der Oberfläche aus:


Nach den Artilleriebeobachtern habe ich noch nicht gesucht.

Am nördlichen Ortsrand von Dahlenheim befindet sich ein Objekt, das ebenfalls zur Armierung des Scharrachbergs gehört, obwohl es etwas weiter entfernt ist. Dort waren zwei 15cm-Feldhaubitzen-Batterien positioniert:

Von den Batterien ist heute nichts mehr zu sehen, wohl aber vom dazugehörigen Munitionsraum 1.

Hier zunächst das obligatorische Bodenrelief:


Der rote Pfeil markiert den Munitionsraum, der allenfalls zu erahnen ist. Alleine aufgrund dieser Darstellung würde man einen größtenteils verschütteten Bunker erwarten; die Realität sieht allerdings völlig anders aus:


Der Munitionsraum befindet sich in einem exzellenten, fast besenreinen Zustand und ist vollständig begehbar; beide Eingänge sind ebenerdig offen. Vor den Eindrücken vom Inneren zunächst ein Plan:

Durch den Gang führte eine Schmalspurbahn, über die die Batterien mit Munition versorgt wurden.








Der Zustand dieses Munitionsraums ist wirklich bemerkenswert. Selbst die Wellblechverkleidung der Räume wirkt fast wie neu, und es gibt keine Graffitis. Ich vermute, dass die Gemeinde den Bunker für Besucher hergerichtet hat und ihn unterhält; dafür spricht auch, dass sich vor dem Bunker ein Picknicktisch mit Bänken befindet und dass am westlichen Eingang ein Abfalleimer aufgestellt ist.

Fährt man vom Munitionsraum 1 auf der D818 in Richtung Scharrachbergheim-Irmstett, fällt einem linkerhand auf dem Hügel hinter dem Ort – dem Aussichtsberg – ein Betongebilde auf. Es handelt sich um den Infanterieraum auf der obigen Karte.

Er gehört zu den wenigen Armierungselementen, die im Bodenrelief einigermaßen gut zu erkennen sind (roter Pfeil):

Sein Aufbau weicht ein wenig von den anderen Infanterieräumen des Abschnitts ab; zum einen ist er relativ klein, zum anderen sind die Funktionalitäten spiegelverkehrt angeordnet:

Ganz links ist die Küche mit ihrer großen Einbringöffnung für eine Feldküche:



Die Einbringöffnung konnte mit Betonelementen oder Stahlträgern verschlossen werden; hier die Versatzfalze:


Ganz rechts sind die Latrinen; die Toilettenschüsseln sind leider verschwunden bzw. zerstört:



Weitere Eindrücke aus dem Inneren:





Auf der Außenseite fallen einem sofort massive Schäden auf:





Von Nahem zeigt sich, dass es sich um Explosions- und Beschussspuren handelt:



Da im 1. Weltkrieg hier nicht gekämpft wurde, dürften diese Schäden aus dem 2. Weltkrieg stammen.

Ich hoffe, ich kann im nächsten Jahr in der vegetationsarmen Zeit nach Straßburg zurückkehren, um den Scharrachbergabschnitt erneut zu untersuchen.