Im Blogbeitrag zum Werk Tre Sassi hatte ich ein Foto der Festung vom November 1915 gezeigt, aufgenommen vom Deutschen Alpenkorps:
Aktuell bin ich mit der Erarbeitung weiterer Blogbeiträge zu Festungen in den Dolomiten beschäftigt, und natürlich hat mich interessiert, ob es im Fotofundus des Alpenkorps dazu ebenfalls Aufnahmen gibt.
Dabei stieß ich auch auf Luftbilder, die von der Bayerischen
Feld-Flieger-Abteilung 9 gemacht wurden. Nächster Rechercheschritt war dann
natürlich, weitere Fotos dieser Einheit zu suchen. Die sogenannte
Staudinger-Sammlung (Generalmajor Karl Staudinger, 1904-1918 Leiter des
Bayerischen Kriegsarchivs) im Bayerischen Hauptstaatsarchiv lieferte mir dazu
jede Menge Treffer. Darunter gab es erwartungsgemäß viele Aufnahmen der
Kampfgebiete, aber auch Aufnahmen der Einheit selbst.
Auch wenn ich damit den Scope dieses Blogs verlasse, ist mir
das, was ich herausfand, wert, darüber zu berichten.
Zunächst ein paar Worte zur Geschichte der Einheit.
Eine Bayerische Fliegertruppe wurde bereits 1912 gegründet;
ihr Standort war die Militärfliegerstation Oberschleißheim südlich des
Schlosses (der heutige Flugplatz Schleißheim). Bis Ende 1913 entstand hier das
1. Königlich Bayerische Kraftfahrer- und Fliegerbataillon, das mit der
Mobilmachung 1914 wieder aufgelöst wurde; seine Einheiten wurden auf andere
Armeeverbände aufgeteilt.
Die Bayerische Feld-Flieger-Abteilung 9 bzw. Feld-Flieger-Abteilung
9b („bayerisch“) wurde im Mai 1915 in Oberschleißheim aufgestellt. Sie war
integriert in das neu gegründete Deutsche Alpenkorps; Führer der Abteilung war
Oberleutnant Franz Hailer:
Am 23. Mai 1915 erklärte Italien Österreich-Ungarn den
Krieg. Kurz darauf – ab Anfang Juni 1915 – wurde die Feld-Flieger-Abteilung 9b (FFA
9b) zur Unterstützung Österreichs nach Brixen verlegt. Der Brixener
Exerzierplatz diente als Flugfeld.
Auch wenn sich Deutschland noch nicht im Krieg mit Italien befand, zeichnete sich ab, dass Toblach als Standort aufgrund der Nähe zur italienischen Grenze für zukünftige Aufklärungs- und Bombardierungseinsätze besser geeignet war als Brixen.
- Brixen
- Toblach
- Frontverlauf (Italien / Österreich-Ungarn)
Schon kurz nach Aufnahme des Flugbetriebs in Brixen wurde die FFA 9b bereits wieder nach Toblach weiterverlegt.
Die Einheit hatte 7 Flugzeuge, vier LVG B.I.-Doppeldecker,
lizenziert von den Otto-Werken in München, und drei Pfalz
Parasol-Hochdeckerflugzeuge, gefertigt von den Pfalz Flugzeugwerken in Speyer.
Die Maschinen wurden demontiert per Bahn nach Toblach gebracht.
Auf einem Feld zwischen Alt-Toblach und Niederdorf richtete
die FFA 9b ein provisorisches Fluggelände ein, das keine festen Gebäude
umfasste; die Flugzeuge waren in Zelten untergebracht. Die Offiziere der
Abteilung wohnten in der Herbstenburg in Toblach.
Die FFA 9b unterstützte die Gebirgsjäger im Hochgebirge
durch präzise Informationen über feindliche Aktivitäten, was entscheidend für
die Planung und Durchführung von Operationen in schwierigem Gelände war. Auf
Befehl des Kaisers durften die Maschinen die italienische Grenze dabei allerdings
nicht überschreiten, da sich das Deutsche Reich nicht im Krieg mit Italien
befand (die Kriegserklärung Italiens an das Deutsche Reich erfolgte erst im
August 1916).
Am 31. Juli 1915 starteten die drei Pfalz Parasol Hochdecker zu einer Aufklärungs- und Bombardierungsmission nach Cortina d’Ampezzo, das damals österreichisch war, aber von italienischen Truppen besetzt. Die Maschinen waren zuvor mit den rot-weißen Markierungen der k.u.k. Luftfahrtruppe versehen und mit je zwei Bombenabwurfkästen zu je fünf 4,5-Kilogramm-Carbonit-Bomben ausgestattet worden.
Eine der Maschinen stürzte bereits kurz nach dem Start ab. Die anderen beiden erfüllten ihre Mission. Es heißt, 11 Bomben hätten ihr Ziel getroffen.
Insgesamt war die FFA 9b dennoch wenig erfolgreich. Widrige
Witterungs- und Windverhältnisse reduzierten die Einsatzmöglichkeiten
signifikant und führten zu etlichen Unfällen.
Selbst wenn die Maschinen aufsteigen konnten, war die Qualität der Aufklärungsergebnisse eher gering und lohnte den Aufwand nicht. Die Beobachtungen durch Bergbeobachter am Boden lieferten wesentlich bessere Resultate.
Im August 1915 wurde die FFA 9b daher und auch aufgrund geänderter
strategischer Anforderungen an die Westfront nach Frankreich verlegt.
Wer mehr über die Bayerische Feld-Flieger-Abteilung 9 wissen möchte, dem empfehle ich die Lektüre des folgenden Werks:
„Bayerische Flieger im Hochgebirge – Die bayerische Feld-Flieger-Abteilung 9 im Alpenkrieg“
Ende September dieses Jahres begab ich mich auf die Suche
nach Spuren des damaligen Flugbetriebs in Toblach.
Das Flugfeld selbst zu finden war relativ einfach. Im Fundus
des Bayerischen Hauptstaatsarchivs fand ich ein Luftbild:
Die erkennbare Wegkreuzung rechts neben der Reihe der 7
Flugzeugzelte existiert heute noch (GPS-Koordinaten 46°44'12.5"N,
12°12'10.1"E); hier die entsprechende Aufnahme von Google Maps:
Ich habe bereits erwähnt, dass die Flugzeuge der FFA 9b am Toblacher Bahnhof abgeladen wurden. In meinem Fundus habe ich eine kolorierte Postkarte, die den Bahnhof im August 1906 zeigt (linker Bildrand):
Das folgende Foto zeigt die 7 Flugzeuge der FFA 9b demontiert neben einem hölzernen Lagerschuppen östlich des Bahnhofs, dessen Gebäude gerade noch im Hintergrund am linken Bildrand erkennbar sind:
Heute sieht es an dieser Stelle so aus:
Der Holzschuppen, neben dem die Flugzeuge gelagert waren, wurde im 1. Weltkrieg durch Italienische Artillerie beschädigt; das nachfolgende Foto zeigt ihn im August 1916:
Nach dem Krieg hat man ihn entweder repariert oder neu errichtet; hier ein Foto aus dem Jahr 1932:
Legende:
- Lokschuppen
- Holzschuppen
- Bahnhofsgebäude
Sehr eindrucksvoll ist auch heute noch die ehemalige
Offiziersunterkunft, die Herbstenburg. Die folgenden Fotos zeigen sie jeweils
im Vergleich damals – heute.
Gartenseite:
Straßenseite:
Abschließend ein paar Eindrücke des Flugfelds selbst, wiederum damals
und heute: