Beim Verfassen dieses Blogbeitrags ist mir aufgefallen, dass ich bisher nur einzelne Festungen entlang der nordenglischen Küste beschrieben habe, den großen Zusammenhang aber schuldig geblieben bin. Das wird auch diesmal nicht anders sein, ich verspreche aber, einen Überblick über die Tyne and Wear Defences nachzuliefern.
Heute geht es um die Frenchman’s Point Batterie in South Shields, genau wie die Tyne Turrets und Clifford’s Fort ein Element der genannten Tyne and Wear Defences.
Sie lag südlich des Tyne zwischen Graham’s Sand und Frenchman’s Bay und war die Schwesterbatterie der Tynemouth Castle Battery nördlich des Tyne. Bereits 1888 war an dieser Stelle eine Batterie geplant, die mit einem 9,2-Zoll- und drei BL 6-Zoll-Geschützen auf HP-Lafetten ausgestattet werden sollte. „HP“ bedeutet „hydropneumatisch“, was besagte, dass es sich um Versenkgeschütze handelte. Nach jedem Schuss fuhr das Geschütz nach unten, um das Nachladen zu erleichtern und die Bedienmannschaft dabei zu schützen:

Diese Geschützbestückung wurde nicht realisiert. Der Grund, warum ich dennoch darauf eingehe, befindet sich 500 Meter nordwestlich der Frenchman’s Point Battery: Dort (auf dem Trow Rock) wurde um 1887 eine Versuchsbatterie für ein BL 6-Zoll Geschütz Mk. IV errichtet, die heute noch existiert, samt Replik des Geschützes. Ich werde separat darüber berichten.
Der Bau der Frenchman’s Point Battery begann im September 1900 und dauerte bis März 1903. Sie wurde mit einem BL 9,2-Zoll Geschütz Mk. X und zwei BL 6-Zoll Mk. VII bewaffnet. Die 6-Zoll-Geschütze saßen nicht auf HP-Lafetten, sondern auf sogenannten Garnisonslafetten („Garrison Carriage“):
(BL 6-Zoll Geschütz der St. David's_Battery,_Bermuda)
Auch die Tynemouth Castle Battery verfügt heute noch über ein BL 6-Zoll-Geschütz, allerdings einen späteren Typ (Mk. XXIII aus der Zeit des 2. Weltkriegs), was einen guten Eindruck vermittelt, wie eine solche Geschützbatterie auch zu Zeiten des 1. Weltkriegs ausgesehen haben muss:
Hier ein Schema eines BL 9,2-Zoll Geschützes Mk. IX oder X auf Garnisonslafette:
Die folgende Aufnahme zeigt ein BL 9,2-Zoll-Geschütz in der Governors Lookout Battery, Gibraltar:
So sah die Frenchman’s Point Battery nach ihrer Fertigstellung aus:
Links im Plan die beiden 6-Zoll-Geschütze, rechts das 9,2-Zoll-Geschütz.
In diesem Ausbauzustand logierte die Batteriebesatzung (3rd Durham Royal Garrison Artillery (Volunteers)) in Zelten; zur Lagerung gab es feste Räume und für den Batteriewärter ein kleines Gebäude.
Bereits 1905, also vergleichsweise kurz nach der Inbetriebnahme, wurde die Batterie wieder zurückgestuft. Man erachtete sie für überflüssig und versetzte sie in einen Reservezustand; die beiden 6-Zoll-Geschütze wurden nur noch für Übungszwecke eingesetzt.
Nach dem Angriff der Deutschen Marine auf Hartlepool 1914 reaktivierte man die Batterie wieder in voller Geschützausstattung. Bereits 1913 hatte man Hütten für die ständige Besatzung errichtet und die Batterie mit einem Stahlzaun umgeben.
Die Frenchman’s Point Battery war während des gesamten ersten Weltkriegs im Einsatz. Ihr setzten jedoch mehr und mehr Bergsenkungen zu, die sich in massiven Rissen manifestierten, deren Reparatur recht kostenintensiv war. 1922, vier Jahre nach Kriegsende, wurden die Geschütze abgebaut, die Batterie wurde verkauft und zu einem Ferienlager (!) umgebaut.
Ungeachtet der statischen Probleme wurde die Batterie im zweiten Weltkrieg requiriert und wieder in Betrieb genommen. Zunächst wurden zwei 6-Zoll-Schiffskanonen in den alten 6-Zoll-Geschützstellungen montiert, eine einzigartige Bestückung in Großbritannien; die Batterie wurde von der 348. Küstenbatterie der Royal Artillery bemannt. Im März 1941 baute man die Geschütze wieder ab und brachte sie zur Park Battery, 2,5 km nordwestlich gelegen.
Ab November 1941 errichtete man im Glacis der Frenchman’s Point Battery 3 Stellungen für 7,5-Zoll-Langstreckengeschütze, die von der HMS Effingham stammten:

Bedingt durch technische Probleme war die Batterie in dieser Konstellation erst 1943 einsatzbereit. Sie war 5 Monate lang in Betrieb, dann wurden die Geschütze abgebaut und die Batterie zugunsten der modernisierten Park Battery wieder aufgegeben.
1947 sah die Batterie so aus:
Heute ist die Frenchman’s Point Battery übererdet, und man muss schon sehr genau wissen, wo man zu suchen hat, um sie zu entdecken. Der rote Pfeil auf dem folgenden Foto, von der A183 (Coast Road) aus aufgenommen, zeigt den Batteriestandort:
In Google Maps erkennt man zunächst fast gar nichts:
Die Batterieposition erschließt sich – wieder einmal – nur, wenn man ein Bodenrelief bemüht:
Die drei 7,5-Zoll-Geschützstellungen im Glacis sind deutlich zu sehen.
Zur Orientierung hier die markantesten Positionen auf dem Google-Maps-Luftbild markiert:
Legende:
- 6-Zoll-Geschützstellungen (1. Wk.)
- 9,2-Zoll-Geschützstellung (1. Wk.)
- 7,5-Zoll-Geschützstellungen (2. Wk.)
Hier habe ich den Batterieplan über das Luftbild gelegt:
Vor Ort ist von der Batterie fast nichts zu sehen:
Das wirklich einzige sichtbare Relikt der Batterie ist diese Betonkante:
Sie gehört ziemlich sicher zur rechten der drei 7,5-Zoll-Batterien aus dem 2. Weltkrieg:
Auch wenn die Begehung des Batteriegeländes eher ernüchternd war, hatte der Besuch bei strahlend schönem Sommerwetter auch einen Benefit – die grandiose Aussicht:
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