Nachdem ich den Standort der Batterie St. Peter nur vermuten, aber nicht nachweisen konnte, bin ich das Problem von einer anderen Seite angegangen: Ich habe mir überlegt, wo ich vor über 100 Jahren eine Batterie, die die Eidermündung schützen sollte, positioniert hätte.
Nun, für mich wäre der ideale Ort die Gegend südlich des
kleinen Ortes Vollerwiek gewesen:
Wie sich zeigte, war ich nicht der erste, der auf diese Idee kam. Die erste neuzeitliche Küstenbatterie südlich von Vollerwiek entstand bereits 1626 – 28, mitten im dreißigjährigen Krieg. Bei dieser „Hülker Schanze“ (nach damaliger Schreibweise „Hülcker Schanze“) genannten Anlage handelte es sich um ein bastioniertes Erdwerk nach niederländischer Manier, d.h. mit nicht-kasemattierten Bastionen, Wassergräben und vorgeschobenem niedrigeren Schutzwall zur Verteidigung des Grabens.
Solche Flusssperren stellten für die damalige Zeit etwas
völlig Neues dar: Den eigentlichen Häfen (in diesem Fall Tönning) weit vorgelagerte
Batterien zur Beherrschung von Flussmündungen gab es vor dem 30-jährigen Krieg
noch nicht.
Die politische Zuordnung der Hülker Schanze ist gar nicht so
einfach. Schleswig-Holstein war damals in eine Vielzahl von
Herrschaftsbereichen aufgeteilt. Die Hülker Schanze lag im Herzogtum Gottorp,
das dem schwedischen Königshaus nahestand; 1713, während des nordischen Kriegs,
wurde das Gebiet dänisch.
Letzteres ist ein für die Erforschung der Vollerwieker
Festungsanlagen glücklicher Umstand: Die königlich-dänische Bibliothek verfügt heute über ein
beachtliches Inventar an digitalisierten Karten und Plänen, die online frei
verfügbar sind. Alle nachfolgend gezeigten Karten und Pläne stammen aus dieser
Quelle.
Die älteste Karte, die die Hülker Schanze zeigt, stammt aus
dem Jahr 1750. Sie trägt den Titel „Zeichnung ein Stück des Teiches oder
sogenanten Verlorn Hörn bey Vollerwick“:
Interessanterweise ist auf dieser Karte von der „vormaligen Hülker Schanze“ die Rede. Auch auf der nächsten Karte, 1804 von C.F. Kling gezeichnet („Eideren: Situations Plan von den Defensions-Anstalten in dem Kirchspiel Vollerwick beim verlohrnen Hörn in den Jahren 1801 und 1804“) findet man diese Angabe:
Schon 1750 scheint sie also nicht mehr militärisch genutzt worden zu sein, was allerdings im Widerspruch zu einer anderen Quelle steht, derzufolge die Batterie im Jahr 1801 zum Schutz der Eider, zur Abwehr von Landungen feindlicher Truppen und zur Überwachung der Quarantäne diente.
Auf beiden
Karten ist die Schanze völlig unterschiedlich dargestellt: Auf der von 1750
liegt sie direkt am Deich und weist keine Bastionierung auf, auf der von 1804
liegt sie in einiger Entfernung zum Deich und hat nur angedeutete Bastionen.
Spannend in
diesem Zusammenhang ist die 1886 von Franz Geerz gezeichnete Karte „Historische
Karte von Dithmarschen, Eiderstedt, Helgoland, Stapelhorn, d. Wilster-Marsch,
den Ämtern Hanerow u. Ritzebüttel, sowie vom nördlichen Theile der Lande
Kehdingen, Hadeln u. Wursten“. Sie stellt die Schleswig-Holsteinische
Nordseeküste in den Jahren 1643 – 1648 dar und zeigt die Hülker Schanze als
direkt am Deich gelegenes, deutlich bastioniertes Werk:
Heute nachzuvollziehen, welche der 3 Darstellungen der Realität am nächsten kommt, ist – gerade aus der Entfernung – äußerst schwierig. Eine Bodenreliefdarstellung wie im Bayernatlas verfügbar könnte sicher schnell Aufschluss geben; leider bietet der Digitale Atlas Nord eine solche Darstellung nicht.
Im Luftbild erkennt man bei den Koordinaten 54.284080317406776, 8.79374612899342 eine Struktur, die der Darstellung der Schanze von 1886 auffällig entspricht (nachfolgend rot umrandet); leider ist das Areal größtenteils unter starkem Baumbewuchs verborgen:
In diesem Foto, von der Badestelle Vollerwiek aus aufgenommen, markiert der rote Pfeil einen Baumbestand am Horizont, bei dem es sich um das fragliche Areal handeln müsste:
Um zu
verifizieren, ob hier wirklich die Hülker Schanze lag, wird mir nichts anders
übrigbleiben als ein Vor-Ort-Auswertung bei meinem nächsten Nordfriesland-Urlaub.
Was Vollerwiek an Festungshistorie sonst noch zu bieten hat, beschreibe ich in Teil 4.
Übersicht der Blogbeiträge zur Batterie St. Peter: