Montag, 5. April 2021

Neue Untersuchungen am Zwischenwerk 6

In meinem letzten Post über das Zwischenwerk 6 hatte ich auf einen Widerspruch zwischen den Planungsunterlagen von 1894 und einem Plan von 1897 hingewiesen: Laut Planungsunterlagen hätte die Kaserne des Zwischenwerks in zwei Abschnitten gebaut werden sollen (zuerst der Nordteil als Infanterie-Untertretraum für eine Kompanie mit 4 Mannschaftskasematten; Bau des Südteils zu einem späteren Zeitpunkt). Im Plan von 1897, der 4 Monate vor offiziellem Bauende datiert ist, ist von dieser Teilung jedoch nichts zu sehen.

Zur Verdeutlichung: Laut Planungsstand 1894 hätte als erstes der Nordteil der Kaserne (rot hervorgehoben) gebaut werden sollen:

So hätte die komplette Kaserne nach der ursprünglichen Planung von 1894 aussehen sollen:

Und so zeigt sie der Plan vom Januar 1897:

Zwischen beiden Planungsständen liegt ein Zeitraum von zweieinhalb Jahren, für den ich leider keine Unterlagen habe.

Zu klären ist nun, ob die Planung zwischen Juni 1894 und Januar 1897 tatsächlich geändert und die Kaserne in nur einem Bauabschnitt komplett errichtet wurde.

Zwischen beiden Plänen bestehen folgende Unterschiede:

  • In der zweiphasigen Bauausführung hätte die Kaserne ungefähr in der Mitte zwischen der letzten Kasematte des nördlichen Bauteils und der ersten des südlichen eine doppelte Ziegelmauer mit Sandpolster und einem nachträglich angelegten Durchgang
  • Eine in zwei Abschnitten gebaute Kaserne wäre entsprechend um die Dicke einer zusätzlichen Ziegelmauer plus Sandpolster länger, laut Plänen 2,68m.
  • Wäre der Nordteil zuerst errichtet worden, hätte er in der letzten ( = am Südende gelegenen) Kasematte einen Brunnen und einen Wasserablauf gehabt. Wäre die Kaserne gleich komplett gebaut worden, würden diese beiden Elemente fehlen.

Das einfachste Mittel, zumindest einen Anhaltspunkt zu bekommen, ist die Vermessung der Kasernenlänge. Das ließ sich mit dem Computer einfacher bewerkstelligen als vor Ort: Ich habe einfach die im Bodenrelief des Bayernviewers erkennbaren Trümmer online abgemessen und bin auf ziemlich genau 80m gekommen. Laut den Plänen von 1894 hätte eine zweistufig gebaute Kaserne ungefähr 82,7m lang sein müssen. Nun gibt es aber bei dieser Vorgehensweise eine gewisse Messungenauigkeit; das Ergebnis kann also allenfalls als unterstützender Hinweis gewertet werden.

Nächstes Indiz: Die ungefähr mittig gelegene doppelte Ziegelmauer. Vor Ort sieht diese Stelle so aus:

Ob sich hier einst eine doppelte Ziegelmauer mit Sandpolster befand, lässt sich aus den Trümmern beim besten Willen nicht mehr rekonstruieren. Gerade im Bereich der Einfahrt macht das Werk sowieso den Eindruck, nach dem letzten Krieg zur Gewinnung von Baumaterial ausgeschlachtet worden zu sein.

Bleibt nur noch die Untersuchung der Wasserversorgung.

Ob es im Nordteil einen eigenen Brunnen gab, lässt sich verständlicherweise nicht mehr rekonstruieren, dazu müssten Tonnen von Betontrümmern bewegt werden. Die Planung von 1894 zeigt aber auch einen Wasserablauf; leider ist der Verlauf außerhalb des Kasernengebäudes aus den Plänen nicht erkennbar:

Legende:

  1. Nördlicher Abwasserkanal nach dem Plan von 1897
  2. Südlicher, aus der Kaserne herausführender Abwasserkanal nach dem Plan von 1897
  3. Brunnen im Nordteil der Kaserne nach dem Plan von 1894
  4. Aus dem Nordteil der Kaserne herausführender Abwasserkanal nach dem Plan von 1894

Bei meinem letzten Besuch am 28. März 2021 begann ich die Untersuchung der Abwasserkanäle mit dem nördlichen (1). Er schien keine Anbindung an die Kaserne gehabt zu haben und diente offenbar der Drainage des Werkshofs. Vermutlich begann er unter einem metallenen Regenwassereinlauf, es wäre also am einfachsten gewesen, mit einem Metalldetektor nach diesem Einlauf zu suchen.

Das Zwischenwerk 6 ist allerdings als Bodendenkmal eingestuft, d.h. Grabungen oder Untersuchungen mit einem Metalldetektor sind dort leider nicht erlaubt.

Zum Glück gibt es aber etwas anderes, von dem ich hoffte, dass es sich vor Ort nachweisen lassen würde: Außerhalb des Walls muss der Kanal weitergeführt worden sein, den galt es zu finden.

In diesem Dickicht war das allerdings nicht ganz so einfach:

Letztlich habe ich die Fortsetzung des Kanals aber doch gefunden; es handelt sich um einen oberirdisch verlaufenden Graben, mittlerweile stark verflacht:


Überträgt man die GPS-Koordinaten des Standorts auf das Reliefbild im Bayernviewer, kann man das auch verifizieren – man erkennt den Graben deutlich:

Die Kanalöffnung im Wall scheint verschüttet zu sein, ich habe sie jedenfalls nicht gefunden. Auf der anderen Seite des Walls sieht es so aus (Blick in Richtung Kasernenende):

Interessant vor allem das von Ziegeln umgebene Loch; hier eine Nahaufnahme:

Ob darunter der Abwasserkanal liegt, könnte nur durch eine Grabung nachgewiesen werden, es spricht aber einiges dafür.

Bei meinem nächsten Besuch werde ich mich um den südlichen Abwasserkanal kümmern. Laut Reliefbild müsste der Graben jenseits des Walls noch stärker abgeflacht sein. Ob sich im Werksinneren irgendetwas erkennen lässt, ist mehr als zweifelhaft, weil der Südteil der Kaserne durch die Sprengungen erheblich stärker beschädigt wurde als der Nordteil; der Hof ist dort voller Trümmer.

Die schwierigste Aufgabe wird es sein, herauszufinden, ob es Abwasserkanal Nr. 4 tatsächlich gegeben hat, zumal sein Verlauf außerhalb des Kasernengebäudes in keinem Plan eingezeichnet ist.


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