Donnerstag, 4. März 2021

Die Lunette d’Arçon

Heute geht es ein wenig zurück in der Zeit im Verhältnis zu meinem üblichen Betrachtungszeitraum. Thema ist eine Besonderheit des Festungsbaus im ausgehenden 18. Jahrhundert, die sogenannte Lunette d’Arçon. (Redaktioneller Hinweis: Die Deutsche Schreibweise ist natürlich „Lünette“, aber da es sich bei dem vorgestellten Lunettentyp aber um eine Französische Erfindung handelt, bleibe ich im Folgenden bei der Französischen Schreibweise).

Prinzipiell ist eine Lunette ein vorgeschobenes Verteidigungswerk mit 2 Facen (= Front- bzw. Feldseiten) und zwei Flanken, eine Beschreibung, die auch auf viele Forts des 19. Jahrhunderts zutrifft. Eine Lunette d’Arçon weist als Besonderheit einen runden, zweigeschossigen Turm auf, der als Reduit dient. Er ist über eine Traverse mit der Kontereskarpengalerie und (meist unterirdisch) mit dem Hauptwerk verbunden.

Erdacht wurde diese Konstruktion vom französischen Generalinspekteur für Befestigungen, Jean Claude Éléonore Le Michaud d´Arçon (1733 – 1800), dessen Namen sie trägt. Eine erste Version hatte er angeblich schon 1778 für Toulon erwogen, sie wurde aber nie gebaut. In seiner Schrift „Militärische und politische Betrachtungen zum Festungswesen“ schlug er 1795 vorgelagerte Werke zum Schutz von Gebieten vor, die von der Hauptfestung aus nur schwer oder gar nicht zu verteidigen waren, und verwendete erstmalig den Begriff „à la d’Arçon”. Die baulichen Details solcher Werke hatte er bereits 3 Jahre früher beschrieben.

Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden etliche Lunettes d‘Arçon errichtet, so in Saint-Omer, Metz, Besançon, Belfort, Mont-Dauphin, Perpignan, Mainz, Landau und Palmanova. Nur wenige davon existieren heute noch: Die von Mont-Dauphin ist die bekannteste, aber auch in Besançon, Perpignan und Palmanova sind noch einige erhalten.

Als Reaktion auf die Weiterentwicklung der Artillerie dienten vor allem die späteren Ausführungen der Lunette d‘Arçon weniger zur besseren Verteidigung des Vorfelds, sondern vor allem dazu, den Feind zu zwingen, seine Belagerung weiter von der Festung entfernt zu beginnen. Sie stellen somit eine Vorstufe zu den detachierten Forts des 19. Jahrhunderts dar.

Nachfolgend möchte ich auf einige Beispiele eingehen.

1) Mont Dauphin

Diese Festung beim gleichnamigen Ort im Département Hautes-Alpes an der Grenze zwischen Frankreich und Italien habe ich leider noch nicht besucht. Sie hat eine eigene Website, auf der man sich auch einen deutschsprachigen Führer downloaden kann. 
Ab 1792 wurde eine bereits 1728 errichtete einfache Lunette der Festung zu einer Lunette d’Arçon ausgebaut, wie sie heute noch existiert. Die Kehle der Lunette ist durch eine mit Schießscharten versehene Stumpfwinklige Mauer geschlossen, wie der nachfolgende Plan zeigt:

Schön erkennbar auch der Traversenbau, der vom Turm in Richtung Lunettenspitze führt.

2) Metz

Von der Lunette d’Arçon in Metz ist heute leider nichts mehr zu sehen; sie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts eingeebnet und mit dem Krankenhaus Bon-Secours überbaut. Dieses alte Foto zeigt den Turm und die Reste der Wälle vor dem Abriss. 

Hier ein Plan des Werks:

3) Perpignan

Auch die Festung Perpignan hatte eine Lunette d’Arçon mit dem Namen „Lunette de Canet“. Die Lunette selbst ist heute vollständig verschwunden; einzig der beeindruckende Reduit-Turm ist noch erhalten. Hier gibt es ein Foto des Turms; besucht habe ich ihn bisher nicht, er ist aber auf jeden Fall auf meiner Bucket List.

4) Landau

In Landau wurden die Reste der Lunette 41 wiederentdeckt und werden gegenwärtig restauriert. Erhalten ist ein Teil des Mauerwerks der Lunette sowie das Fundament des Turms; Traverse und Spitze der Lunette liegen unter der benachbarten Bahntrasse.

Der Festungsbauverein Landau (Les Amis deVauban) betreibt eine Seite über die Festung Landau und bietet auch Führungen durch das unterirdische Gangsystem, das über den Turm der Lunette 41 erschlossen wurde, an.

Bei meinem Besuch 2020 fanden Covid-19-bedingt leider keine Führungen statt, so musste ich mich mit einer knappen Begutachtung von außerhalb des Bauzauns aus begnügen:





Unter dieser Plane ist das Turmfundament verborgen; rechts im Hintergrund sieht man die Bahntrasse, unter der wahrscheinlich die Reste der Traverse und der Lunettenspitze liegen:

5) Mainz

Die Angabe, die Festung Mainz habe ebenfalls eine Lunette d’Arçon gehabt, fand ich in einer französischen Quelle. Verifizieren konnte ich das bisher nicht. Ich bin lediglich auf die (heute verschwundene) Lunette auf der Petersaue, einer Rheininsel, gestoßen, die einen Turm aufwies; dabei dürfte es sich aber wahrscheinlich nicht um einen Tour d’Arçon gehandelt haben, sondern um einen Montalembertschen Artillerie-Turm.

6) Palmanova

Im Luftbild lassen sich mindestens 6 von ehemals 9 der der sternförmigen Hauptfestung vorgelagerte Lunetten mit Gebäuden (auf Italienisch „Lunette Francesi“) ausmachen, die allerdings von der sonst üblichen Form der Lunette d’Arçon abweichen: Die in der Kehle gelegenen Gebäude sind nicht rund, sondern rechteckig; nur die ins Lunetteninnere weisende Seite ist gerundet. Eine zentrale Traverse scheint auch bei allen 6 Lunetten zu fehlen. Bei meinem Besuch 2019 habe ich leider keine Fotos dieser Lunetten gemacht; auf Google Maps gibt es eine schöne Aufnahme des Reduitgebäudes der südöstlichen Lunette.

7) Besançon

2012 konnte ich im Rahmen einer Festungsexkursion nach Besançon eine der dortigen Lunettes d’Arçon in Augenschein nehmen, die Lunette de Trois Châtels (auf manchen Karten auch „Fort de Trois Châtels“ genannt).

Diese Lunette und ihr Schwesterwerk, die Lunette de Tousey, befinden sich auf den Flanken des Mont Saint-Étienne, süd-südöstlich der Zitadelle; Trois Châtels ist nach Norden ausgerichtet, Tousey nach Westen. Beide Lunetten können entweder als eine Art dritte Verteidigungslinie auf dem linken Doubs-Ufer angesehen werden oder als Bestandteil der zentralen Verteidigungslinie, der Zitadelle vorgelagert.

Der Standort war bereits im 17. Jahrhundert von Vauban für eine leichte Befestigung in Erwägung gezogen worden. Es dauerte allerdings bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, wahrscheinlich zwischen 1791 und 1794, bis die beiden Lunetten durch General d'Arçon errichtet wurden. Dies geschah allerdings in solcher Eile, dass aus Fehleinschätzungen des Geländes und der überstürzten Vorgehensweise deutliche konstruktive Mängel resultierten.

Die beiden Festungswerke erhielten zunächst offiziell die Namen “Lunette de Rostaing“ (Trois Châtels) und „Lunette d’Arçon“ (Tousey), aber genau wie bei den anderen Forts rund um Besançon setzten sich bald die gebräuchlichen Ortsnamen durch.

1814, also kurz nach der Einweihung, waren beide Lunetten bereits so baufällig, dass sich während des napoleonischen Feldzugs gegen die Alliierten die französischen Befehlshaber weigerten, sie zu besetzen. Während der darauffolgenden Restauration wurden die Lunetten verstärkt.

Weder während des Krieges von 1870 noch des ersten Weltkriegs waren die Lunetten in Kampfhandlungen verwickelt, dafür aber am 7. September 1944 bei der Befreiung von Besançon durch die Amerikaner.

Nachdem beide Lunetten nach dem Krieg einige Zeit verlassen waren, gerieten sie in Privatbesitz. Der neue Eigentümer gestaltete die Lunette de Tousey in ein bemerkenswertes Wohnhaus um; Trois Châtels wurde zum Zeitpunkt meines Besuchs noch restauriert und konnte nur von außen besichtigt werden.

Beide Festungswerke bestehen als typische Lunettes d‘Arçon aus einem großen, dreieckigen Retranchement, auf der Kehlseite offen und mit vorgelagertem tiefem Graben, einem turmförmigen Reduitgebäude, das unterirdisch mit einem Grabenkoffer in der Gegenböschung verbunden ist, und einer Traverse mit Gewölbeunterstand. Einen schönen Plan findet man hier.

Nachfolgend ein paar Aufnahmen der Exkursion von 2012. Als erstes der Reduit-Turm:


Die Kontereskarpe mit Galerie:



Der Reduit-Turm innen:



Am rechten Rand des nächsten Bildes erkennbar: Der turmseitige Zugang zur Traverse



Seitlicher Zugang zur Traverse:


Im Inneren der Traverse:


Blick von der Lunette zur Zitadelle von Besançon:

Zum Schluss noch ein Blick aus der Ferne auf die Lunette de Tousey:

Weitere Bilder gibt es auf der Seite von Andreas Liebold, der 2012 ebenfalls dabei war.

Sonntag, 31. Januar 2021

Fort George bei Inverness, Schottland

Fort George ist eine bastionierte Festung, die zwischen 1748 und 1769 ca. 18 km nordöstlich von Inverness in Nordostschottland auf einer Landzunge, die nach Westen in den Moray Firth bei Ardersier ragt, errichtet wurde. Es ist zwar gut 100 Jahre älter als mein üblicher Festungs-Scope, seine durchgehende militärische Nutzung macht es aber dennoch zu einem vorstellenswerten Objekt.

Zur Geschichte: Eine Vorgängeranlage gleichen Namens war 1727 in Inverness auf einem Hügel am River Ness am Standort einer mittelalterlichen Burg entstanden. Während des Jakobitenaufstands von 1745 kapitulierte die Garnison vor den Aufständischen unter Charles Edward Stuart, die im Februar 1746 Inverness besetzten. Als die Anlage zur Sprengung vorbereitet wurde, explodierte die Sprengladung vorzeitig und tötete unter anderem auch den leitenden Pionieroffizier.

Nach der Niederlage der Aufständischen in der Schlacht von Culloden 1746 erhielt der königliche Militäringenieur für Nord-Großbritannien, Generalleutnant William Skinner, den Auftrag, an der Stelle des ursprünglichen Fort George eine neue Festung zu errichten, um das Schottische Hochland endgültig zu befrieden.

Aufgrund des Widerstands der Einwohner von Inverness gegen dieses Vorhaben wurde dann allerdings der heutige Standort gewählt. Die Stelle war ideal, weil die Festung dort von drei Seiten her durch das Meer gegen Angreifer geschützt war.

Die Arbeiten begannen 1748. Zuerst wurden die östlichen, gegen Land gerichteten Verteidigungswerke gebaut, wohl um die Baustelle des Hauptwerks gegen mögliche Landangriffe verteidigen zu können. Die meisten Fachkräfte und Materialien wurden auf dem Seeweg eingebracht.

Rund 1.000 Soldaten wurden als Arbeitskräfte und zur Verteidigung der Baustelle bereitgestellt.

Bis 1757 waren die Hauptverteidigungsanlagen vorhanden. Als letztes der inneren Gebäude wurde ab 1763 die Kapelle errichtet.

Fort George wurde schließlich 1769 fertiggestellt, weit hinter dem Zeitplan. Es lag kostenmäßig enorm über dem Budget: Die ursprüngliche Schätzung für den Bau betrug ca. 93.000 GBP; die endgültigen Kosten waren mit über 200.000 GBP mehr als doppelt so hoch und lagen damit über dem damaligen Bruttosozialprodukt Schottlands.

Das Fort umfasst eine Fläche von 42 acres = ca. 17 ha, eingefasst von einem ca. eine Meile langen Begrenzungswall und war seinerzeit die größte Festungsanlage Großbritanniens. Es war festungsbautechnisch auf der Höhe seiner Zeit.

Für eine Besatzung von 2.000 Mann ausgelegt, enthielt es alle Einrichtungen einer kleinen Stadt: Es umfasste eine umfassende Reihe von Gebäuden für den Gouverneur und andere Offiziere, die Artillerie-Abteilung und eine große Infanterie-Garnison. Es gab ein Backhaus, ein Sudhaus und eine Kapelle, ein Lebensmittellager, ein Pulvermagazin für 2.500 Fässer Schießpulver und eine Waffenkammer.

Zu den Verteidigungsanlagen: Die Wälle weisen 4 vorspringende Bastionen und zwei Halbbastionen auf. Sie sind kasemattiert und boten so der Besatzung im Belagerungsfall eine beschusssichere Unterkunft. Auf der nördlichen und südlichen Seeseite sind dem Wall zwischen den jeweiligen Bastionen zwei Waffenplätze vorgelagert, die als Lunetten ausgeführt und über einen gedeckten Weg mit der jeweiligen Ausfallpforte verbunden sind. 

In der westlichen Spitze des Kernwerks befindet sich zwischen zwei Habbastionen eine Spitzenbatterie mit eigenem Pulvermagazin.

Die östlichen, landwärts gerichteten Verteidigungsanlagen sind am ausgefeiltesten: Hinter dem obligatorischen Glacis liegen, dem Kernwerk vorgelagert, 3 Verteidigungselemente, ein Ravelin und zwei Lunetten. Der Zugang zum Fort erfolgt über 2 Brücken durch den Ravelin, einen Brückenkopf, der vom Kernwerk aus bestrichen werden konnte. Von den beiden den Ravelin flankierenden Lunetten aus konnte die lange hölzerne Brücke zwischen Kernwerk und Ravelin unter Feuer genommen werden. Zwischen Kernwerk und den 3 beschriebenen vorgelagerten Verteidigungsanlagen liegt ein flutbarer breiter und tiefer Graben als massives Hindernis für Angreifer.

Hier nun ein Plan der Anlage:

Legende:

  1. Ravelin
  2. Wache (mit Arrestzellen)
  3. Duke of Cumberlands Bastion
  4. Prince of Wales Bastion
  5. Kasernegebäude
  6. Prince Henry Fredrick’s Bastion
  7. Prince William Henry’s Bastion mit Hauptpulvermagazin
  8. Prince Frederick William’s Halbbastion
  9. Duke of Marlborough’s Halbbastion
  10. Spitzenbatterie
  11. Waffenplätze vor den Ausfallpforten
  12. Lunetten (den Ravelin flankierend)

Ein sehr schönes zoombares Luftbild findet man auf der CANMORE-Seite (Nationale Datenbank für historische Monumente in Schottland).

Zum Zeitpunkt der Fertigstellung von Fort George war sein ursprünglicher Zweck, eine sichere Basis gegen die jakobitische Bedrohung zu schaffen, nicht mehr relevant – der Frieden war wieder in die Highlands eingekehrt. Wirtschaftliche und politische Faktoren hatten dazu geführt, dass es nach dem Aufstand von 1745 / 46 keine jakobitischen Aufstände mehr gab.
Es war zu viel für die Festung ausgegeben worden, um sie aufzugeben, und so wurde sie als Grundausbildungseinrichtung für Soldaten genutzt, die für den französischen und amerikanischen Krieg rekrutiert wurden. Fort George blieb in dieser Rolle bis Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Befürchtungen der französischen Wiederbewaffnung zu einer Neubewertung der Küstenverteidigungseinrichtungen führten. Fort George mit seiner herausragenden Position am Moray Firth war ideal gelegen, um den engen Kanal nach Inverness zu bewachen, und dementsprechend wurde die Anlage mit verbesserten Batterien ausgestattet. Fort George wurde auch das Regimentsdepot der Seaforth Highlanders und blieb es, bis sie 1961 mit den Cameron Highlanders zusammengelegt wurden. Die Rolle der Küstenverteidigung ist heutzutage beendet, aber das Gelände wird weiterhin vom Militär genutzt. Spätere Kürzungen und Umstrukturierungen der Armee führten zu regelmäßigem Wechsel der im Fort stationierte Einheiten; aktuell ist das Fort vom dritten Bataillon des Royal Regiment of Scotland („Black Watch“) besetzt.

Trotz seiner militärischen Nutzung kann das Fort besichtigt werden; es wird von Historic Scotland betreut. Mit Ausnahme einiger Kasernengebäude kann man sich frei bewegen; viele Elemente wie z.B. das Hauptpulvermagazin und einige Unterkunftsräume sind sogar ausdrücklich für Besucher hergerichtet.

Der vielleicht bemerkenswerteste Aspekt von Fort George ist heute, wie wenig es sich seit seiner Fertigstellung im Jahr 1769 geändert hat. Was heute noch existiert, ist mit wenigen Änderungen das, was Skinner geplant hatte. Und angesichts dessen ist der vielleicht beeindruckendste Aspekt des Forts, wie „neu“ es scheint, wenn man es besichtigt.

Die nachfolgenden Fotos entstanden bei einem Besuch im Mai 2011.

Brücke zum Ravelin:


Innentor des Ravelins:


Zugbrücke vom Ravelin zum Haupttor:


Blick von der Brücke auf die Prince of Wales Bastion:


Königliches Wappen über dem Haupttor („Principal Gate“ 1753 – 56). Das Wappen ist geviertelt: Schottland im ersten Viertel, Frankreich im zweiten, Irland im dritten und Hanover im vierten Viertel. Bemerkenswerterweise ist das Wappen Schottlands falsch:


Die Wache vom Fortinneren aus gesehen. Rechts vom Tor die Wachräume, links die Arrestzellen:


Unterkunftsraum in der Wache:


Graffiti in einer Arrestzelle. Für Trunkenheit während der Wache gab es 1831 60 Tage ...


Auf dem Plateau über der Wache befindet sich ein glattläufiger 13-Zoll-Mörser in der "Sea Service" Ausführung, vermutlich aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In der "Sea Service" Ausführung waren solche Mörser auf sogenannten Bombardierschiffen montiert, deren Aufgabe darin bestand, den Einschließungsring einer belagerten Festung von See her mit Mörserbomben zu beschießen. Ihre Höhenausrichtung war verstellbar, was die Griffe erklärt. In der "Land Service" Ausführung waren diese Mörser in Festungen installiert. Ihre Höhenausrichtung war fix und sie waren auf definierte Punkte im Vorfeld ausgerichtet.


Hier ein weiteres Exemplar in der "Sea Service" Ausführung im Fort:


Die Kaserne, von der Wache aus gesehen:


Innenräume der Kasene, im Stil des 18. Jahrhunderts hergerichtet:



Offiziersunterkunft:


Garnisonskapelle:


Pferdestall:


Pferdestall von innen:


Nun zu den Wallanlagen. Als erstes die Duke of Cumberlands Bastion; bei den Geschützen handelt es sich um gusseiserne, glattläufige Blomefield 9-Pfünder-Vorderladerkanonen auf eisernen Garnisonsgestellen, schätzungsweise aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts:



Richtskala:


Blick von der Duke of Cumberlands Bastion in Richtung südlicher Lunette und Prince of Wales Bastion mit Ausguck; links im Vordergrund der Ravelin:


Die mit Abstand interessanteste Kanone der Duke of Cumberlands Bastion befindet sich in der nördlichen Ecke. Es handelt sich um eine "RML 64-Pounder 64 cwt Gun Mark I" im Kaliber 160mm. Britische Geschützbezeichnungen aus dieser Zeit sind eigen:
  • RML (rifled muzzle loader) = Vorderladergeschütz mit gezogenem Lauf (3 Züge mit einer Drehung auf 640 cm)
  • 64 cwt = centum weight bezieht sich auf das Geschützgewicht und entspricht ca. 3.300 kg 
  • 64 pound = 29 kg bezieht sich auf das Geschossgewicht.
Die Mark I Version wurde 1864 eingeführt. Das einzige überlebende Exemplar weltweit befindet sich auf der Duke of Cumberlands Bastion von Fort George; es ist auf einer Drehlafette gelagert und in einem 270° Radius ausrichtbar, Reichweite 4,6 km. Kanonen wie diese stellen den Übergang zwischen alter Vorderladertechnologie und modernen Geschützen dar:


Die RML 64-Pounder 64 cwt Guns konnten verschiedene Granaten verschießen, unter anderem auch Schrapnelle:


Unter einem Teil der Duke of Cumberlands Bastion befinden sich beschusssichere Kasematten; die Reihe dieser Kasematten setzt sich unter dem Wall in Richtung Prince Henry Fredrick's Bastion fort:



Unterkunftskasematte von innen. Hinten rechts ein Kamin:


Blick in Richtung Tür:


Der Gang zur nördlichen Ausfallpforte, von der Hofseite aus gesehen:


Auf der anderen Seite des Tores: Die Lunette mit Waffenplatz (Blick von der Duke of Cumberlands Bastion zur Prince Henry Fredrick's Bastion):


Die Spitzenbatterie mit darunter liegendem Pulvermagazin. Bei dem Geschütz handelt es sich um einen 64-Pfünder:


Auch die Spitzenbatterie verfügt über ein Geschütz auf Schwenklafette, eine RML 64-Pounder 64 cwt Gun Mark II im Kaliber 160mm (die Mark II Version wurde 1866 eingeführt):


Die nachfolgende Schnittzeichnung zeigt eine Mark III Version (ab 1867). Im Unterschied zur Mark II Version verfügt die Mark III über ein schmiedeeisernes Innenrohr, das nach 1871 durch ein stählernes ersetzt wurde:

Die Prince William Henry's Bastion mit dem Hauptpulvermagazin:


Ein kupferverkleidetes Belüftungsfenster des Pulvermagazins:


Im Inneren des Pulvermagazins:


Weitere Ansichten aus dem Inneren (dass man in einem Pulvermagazin nicht raucht, sollte eigentlich selbstverständlich sein ...):




Fazit: Wer Schottland mag und sich für Festungen interessiert, für den ist ein Besuch von Fort George ein absolutes Muss!

Hier gibt es Neues zu Fort George.

Montag, 4. Januar 2021

Neue Erkenntnisse zum Zwischenwerk 6

Dank tatkräftiger Hilfe aus Ingolstadt bin ich endlich an ein paar Dokumente gekommen, die mir interessante Einblicke in Geschichte und Konstruktion des Zwischenwerks 6 vermittelt haben:

Die Anordnung für die nötigsten Erdarbeiten des Zwischenwerks wurde bereits im Oktober 1892 erlassen. Gemäß weiteren Erlassen im Zeitraum zwischen Mai 1893 und November 1894 war die Errichtung eines provisorischen Zwischenwerks vorgesehen, zunächst als Infanteriestützpunkt für eine Kompanie mit der Option eines späteren permanenten Ausbaus einschließlich Ausstattung mit 4 leichten Geschützen. Ursprünglich war ein Untertretraum mit 4 Mannschaftskasematten geplant; zwei Pläne (einer Juni 94, einer August 94) zeigen allerdings als damaligen Planungsstand den Bau der nördlichen Kehlkasernenhälfte mit 6 Kasematten (einschließlich einer Latrinen- und einer Küchenkasematte) und den südlichen Teil mit gleicher Kasemattenzahl als Erweiterungsoption.
Im April 95 erging die Anordnung des Baus der nördlichen Hälfte der Kehlkaserne.
Baubeginn war der 31.05.1895. Noch im gleichen Jahr wurde das Mauerwerk der Kasematten fertiggestellt und mit Moniergewölbe versehen. Die Unterlagen machen leider keine Aussage darüber, um wie viele Kasematten es sich handelte.
1896 wurden Kehlkaserne und Wall fertiggestellt. Die Kehlkaserne hatte eine Decke aus Granitstampfbeton mit Sandpolster, war mit 0,5 m Erde bedeckt und durch eine 5,16 m hohe Erdvorlage geschützt.

Daraus ergibt sich folgender Querschnitt durch eine Kasematte:

1897 wurde der innere Ausbau abgeschlossen; am 4. Juni fand die Bauabnahme ohne Beanstandungen statt.

Ein Grundrissplan vom Januar 1897 zeigt im Gegensatz zum Planungsstand von 1894  12 Kasematten, d.h. man hat offenbar die Kaserne doch gleich komplett gebaut.
Als Provisorium hatte das Zwischenwerk weder Flankierungsanlagen noch Munitions- oder Untertreträume.

Nach Auswertung der neuen Unterlagen muss ich meinen Blogbeitrag vom 24.12. in zwei Aspekten revidieren:

1) Es gab nicht 14 Kasematten, sondern 12 Kasematten, die in 14 Räume aufgeteilt waren:
            a.       Kasematte 1 = Latrine mit Latrinengrube (Raum 1)
            b.       Kasematten 2 – 5 = Mannschaftsunterkünfte (Raum 2 – 5)
            c.       Kasematte 6 = aufgeteilt in zwei Räume, Nutzung unklar; Raum 6 = möglicherweise Verbandraum, Raum 7 = möglicherweise
                    Kommandantenunterkunft
            d.       Kasematte 7 = aufgeteilt in zwei Räume (Nr. 8 = Wache mit 3 Schießscharten, Nr. 9 = Mannschaftsunterkunft)
            e.       Kasematte 8 – 10 = Mannschaftsunterkünfte (Raum 10 – 12)
            f.        Kasematte 11 = Offiziersunterkunft (Raum 13)
            g.       Kasematte 12 = Küche (Raum 14)

2) Die Eingänge zur Kehlkaserne waren nicht nach außen, sondern nach innen traversiert. Es gab entsprechend keine Eingangs-Vorbauten vor der      Kasernenfront.

Der Grundriss stellt sich also folgendermaßen dar (eingetragen sind die Raumnummern):

Bei dem heute noch sichtbaren angeschnittenen Gang am Nordende der Kahlkaserne handelt es sich also um den Hohlraum für das Sandpolster in der zweischaligen Außenmauer der Kaserne. Rechts davon ( = südlich) befand sich die Latrinenkasematte, im folgenden Bild durch zwei rote Pfeile gekennzeichnet:

Anhand der mir vorliegenden Pläne habe ich versucht, die Kasernenfront zum Zeitpunkt der Fertigstellung zu skizzieren:

Sowohl dem Grundrissplan als auch der Skizze der Kasernenfront liegt die Annahme zugrunde, die Kaserne sei entgegen der ursprünglichen Planung doch gleich komplett mit 12 Kasematten fertig gebaut worden. Ob die Kaserne in zwei Stufen gebaut wurde, d.h. zuerst der nördliche Teil als Untertretraum, dann der Ausbau zur vollständigen Kehlkaserne, ist unklar. Nach den Plänen vom August 1894 hätte sich dann zwischen Kasematte 6 und 7 eine doppelschalige Mauer mit Sandpolster und nachträglich eingebautem Durchgang befunden. Bei meinen nächsten Besuchen werde ich mir ansehen, ob es entsprechende Anhaltspunkte gibt.

Abschließend möchte ich noch auf eine Internetpräsenz hinweisen, die mir eine unersetzliche Hilfe für meine Begehungen der Festung Ingolstadt geworden ist. Es handelt sich um die Karten-App Landesfestung Ingolstadt, in der sämtliche Festungselemente kartografiert sind. Die App bietet eine Vielzahl von Filtern und Darstellungsmöglichkeiten und ist wirklich hervorragend gemacht!

Übersicht der Beiträge zum Zwischenwerk 6:

Sonntag, 3. Januar 2021

Der Munitionsraum VII bei Friedrichshofen

Östlich des ehemaligen Forts II Hartmann erkennt man im Luftbild ein rechteckiges Wäldchen inmitten der Felder. Im Volksmund wird es Geisterwald genannt; tatsächlich befinden sich in diesem Wäldchen die Reste des nach dem 2. Weltkrieg gesprengten Munitionsraums 7.

Einen Plan habe ich auch für diese Anlage nicht und kann nur auf den generischen Plan des letzten Beitrags verweisen. Das Reliefbild des bayerischen Geodatenservers lässt auch hier auf ein Gewirr von Sprengtrümmern schließen:

Die nachfolgenden Bilder stammen von einer Begehung 2013:






Bei meinen Recherchen bin ich darauf gestoßen, dass das Wäldchen als Biotop mit der Nummer IN-1098-00 klassifiziert ist. 

2018 stand im Donaukurier zu lesen, die Gemeinde Friedrichshofen trage sich mit dem Gedanken, den Geisterwald seinem Eigentümer abzukaufen, unter anderem, um dem „archäologisch gut erhaltenen Munitionsdepot VII das gleiche Schicksal … wie der Lagerschanze Nr. 7“ zu ersparen (siehe Blogbeitrag dazu). Ob das letztlich gelungen ist, konnte ich noch nicht herausfinden.