Mein heutiger Blogbeitrag muss leider ohne aktuelle Fotos
auskommen, denn das Werk, über das ich berichte, existiert nicht mehr.
Es geht um das Ingolstädter Werk Nr. 139, auch Lagerschanze
Nr. 7 genannt.
Viel ist es nicht, was ich über diese Anlage in Erfahrung
bringen konnte, aber der unfassbare Umgang mit militärhistorischem Kulturgut,
in dessen Ergebnis die Lagerschanze verschwand, ist es mir wert, hier auf sie einzugehen,
damit sie nicht ganz in Vergessenheit gerät.
Mit dem Vorwerkegürtel der Festung Ingolstadt aus der Zeit
des Deutschen Einigungskriegs hatte ich mich bereits im Dezember befasst und
von meinem Besuch einer der wenigen verbliebenen Anlagen aus dieser Zeit
berichtet, dem Werk Nr. 125 / Friedenspulvermagazin Oberhaunstadt. Ich hatte
damals auch schon kurz auf das Schicksal der Lagerschanze 7 hingewiesen.
Geschichte und baulich-technische Aspekte:
Die Lagerschanze 7 wurde wie die anderen Vorwerke auch im
Jahr 1866 errichtet. Es handelte sich um eine Anlage in sogenannter „passagerer“
Ausführung, also um eine Feldfortifikation in Erdbauweise mit hölzernen Schutzräumen.
Für die damalige Artillerie bot eine solche Konstruktion ausreichenden Schutz,
allerdings entwickelte sich die Geschütztechnik gerade in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts so rasant weiter, dass die Vorwerke schnell unmodern und
nutzlos wurden. In Konsequenz beschloss man den Bau eines äußeren Fortgürtels in
einem größeren Radius um Ingolstadt herum; mit der Brisanzmunitionskrise um
1885 wurden aber auch diese Forts modernisierungsbedürftig.
Die reinen Erdwerke wurden mit Ausnahme der drei Außenforts
des Vorwerkegürtels nicht weiter modernisiert, blieben aber zunächst erhalten.
Hier ein grober Plan der Lagerschanze 7, der keinen Anspruch
auf Detailtreue erhebt, sondern nur eine Orientierung vermitteln soll, wie die
Schanze einmal ausgesehen haben muss:
Sie war für 3 Geschütze konzipiert; bei dem großen schwarzen
Rechteck in der Mitte handelt es sich um den hölzernen Schutzraum.
Das Schicksal der Schanze in der jüngeren Vergangenheit:
Die Lagerschanze 7 dürfte bis in die 30er Jahre des 20.
Jahrhunderts unversehrt geblieben sein.
Bei meinen Recherchen bin ich auf die Behauptung gestoßen,
der Kehlwall sei dem Bau der Autobahnauffahrt Ingolstadt Süd zum Opfer gefallen.
Diese Aussage muss bezweifelt werden. Auf dieser Karte aus dem Jahr 1969 ist
die Anschlussstelle Ingolstadt Süd noch nicht zu sehen; der Kehlwall der
Lagerschanze 7 fehlt allerdings schon:
Der Abriss des Kehlwalls dürfte deutlich weiter zurück in
der Vergangenheit stattgefunden haben, wie das nachfolgende Luftbild belegt,
das ich kürzlich erwerben konnte. Es zeigt das Erdwerk im Jahr 1945; auch hier
fehlt der Kehlwall bereits. Bemerkenswert ist der augenscheinlich gute Zustand
der verbliebenen Wälle, die zwar von Vegetation bedeckt zu sein scheinen; die
Infanterielinie und auch die Geschützrampen und -plattformen scheinen jedoch
bewuchsfrei zu sein:
Ich vermute, dass der Kehlwall in den Jahren 1935 bis 1938 abgerissen
wurde. In dieser Zeit wurde die A9 von Nürnberg nach München gebaut, und auch
die auf dem Luftbild sichtbare Autobahnüberführung dürfte aus dieser Zeit
stammen. Auf der Höhe der Lagerschanze zweigt von der die Autobahn
überführenden Straße ein Weg ab, dem der Kehlwall offenbar zum Opfer fiel.
In diesem Zustand überlebte die Schanze auch die nächsten
Jahrzehnte. Das folgende Reliefbild des bayerischen Geoportals dürfte aus der
Zeit zwischen 1970 und 2014 stammen:
Ich hoffe, dass dieses Bild so schnell nicht aktualisiert
wird; zur Sicherheit habe ich es mir als Bildschirm-Hardcopy abgespeichert.
Veröffentlichen darf ich es leider nicht, sondern nur als iFrame einbetten.
Ab 2014 / 2015 ereilte die Anlage dann ihr Schicksal. Zuerst
wurde ein Teil gerodet und eingeebnet, das sieht man auf dem folgenden Luftbild
von Google Maps:
Es schloss sich ein Hin-und-her an zwischen dem Autohaus,
das die Einebnungsarbeiten vorgenommen hatte, und der Stadt Ingolstadt. Der
Donaukurier hat dem einige Beiträge gewidmet, aus denen sich jedoch nicht
wirklich erschließt, welche Kommunikation wann zwischen beiden Parteien
stattfand. Am Ende - 2016 - war die Schanze dann komplett verschwunden, allen
Interventionsversuchen der Stadt zum Trotz. Das Luftbild des bayerischen
Geoportals zeigt den traurigen Endzustand:
Ob das in der Presse angekündigte Bußgeld tatsächlich
verhängt wurde, wage ich zu bezweifeln. Was zählt ein vandalisiertes Kulturgut
gegenüber Gewerbesteuereinnahmen?
Als jemand, der sich seit fast 40 Jahren mit dem Festungsbau
des 19. Jahrhunderts befasst, bin ich ob dieser Vorgänge zutiefst bekümmert.
Welches Schicksal wird wohl den anderen klägliche Resten des mittleren und des äußeren Festungsrings noch blühen? Speziell die wenigen verbliebenen Erdwerke machen mir Sorge, da
sie zu einem großen Teil in Privatbesitz sind. Eigentum scheint hier nicht zu
verpflichten, wie das traurige Beispiel der Lagerschanze 7 eindrucksvoll zeigt.
Ich kann nur hoffen, dass Ingolstadt in Zukunft stärker Position bezieht und
Überwachungsmaßnahmen initiiert, um weitere Frevel dieser Art zu verhindern.
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