Sonntag, 31. Januar 2021

Fort George bei Inverness, Schottland

Fort George ist eine bastionierte Festung, die zwischen 1748 und 1769 ca. 18 km nordöstlich von Inverness in Nordostschottland auf einer Landzunge, die nach Westen in den Moray Firth bei Ardersier ragt, errichtet wurde. Es ist zwar gut 100 Jahre älter als mein üblicher Festungs-Scope, seine durchgehende militärische Nutzung macht es aber dennoch zu einem vorstellenswerten Objekt.

Zur Geschichte: Eine Vorgängeranlage gleichen Namens war 1727 in Inverness auf einem Hügel am River Ness am Standort einer mittelalterlichen Burg entstanden. Während des Jakobitenaufstands von 1745 kapitulierte die Garnison vor den Aufständischen unter Charles Edward Stuart, die im Februar 1746 Inverness besetzten. Als die Anlage zur Sprengung vorbereitet wurde, explodierte die Sprengladung vorzeitig und tötete unter anderem auch den leitenden Pionieroffizier.

Nach der Niederlage der Aufständischen in der Schlacht von Culloden 1746 erhielt der königliche Militäringenieur für Nord-Großbritannien, Generalleutnant William Skinner, den Auftrag, an der Stelle des ursprünglichen Fort George eine neue Festung zu errichten, um das Schottische Hochland endgültig zu befrieden.

Aufgrund des Widerstands der Einwohner von Inverness gegen dieses Vorhaben wurde dann allerdings der heutige Standort gewählt. Die Stelle war ideal, weil die Festung dort von drei Seiten her durch das Meer gegen Angreifer geschützt war.

Die Arbeiten begannen 1748. Zuerst wurden die östlichen, gegen Land gerichteten Verteidigungswerke gebaut, wohl um die Baustelle des Hauptwerks gegen mögliche Landangriffe verteidigen zu können. Die meisten Fachkräfte und Materialien wurden auf dem Seeweg eingebracht.

Rund 1.000 Soldaten wurden als Arbeitskräfte und zur Verteidigung der Baustelle bereitgestellt.

Bis 1757 waren die Hauptverteidigungsanlagen vorhanden. Als letztes der inneren Gebäude wurde ab 1763 die Kapelle errichtet.

Fort George wurde schließlich 1769 fertiggestellt, weit hinter dem Zeitplan. Es lag kostenmäßig enorm über dem Budget: Die ursprüngliche Schätzung für den Bau betrug ca. 93.000 GBP; die endgültigen Kosten waren mit über 200.000 GBP mehr als doppelt so hoch und lagen damit über dem damaligen Bruttosozialprodukt Schottlands.

Das Fort umfasst eine Fläche von 42 acres = ca. 17 ha, eingefasst von einem ca. eine Meile langen Begrenzungswall und war seinerzeit die größte Festungsanlage Großbritanniens. Es war festungsbautechnisch auf der Höhe seiner Zeit.

Für eine Besatzung von 2.000 Mann ausgelegt, enthielt es alle Einrichtungen einer kleinen Stadt: Es umfasste eine umfassende Reihe von Gebäuden für den Gouverneur und andere Offiziere, die Artillerie-Abteilung und eine große Infanterie-Garnison. Es gab ein Backhaus, ein Sudhaus und eine Kapelle, ein Lebensmittellager, ein Pulvermagazin für 2.500 Fässer Schießpulver und eine Waffenkammer.

Zu den Verteidigungsanlagen: Die Wälle weisen 4 vorspringende Bastionen und zwei Halbbastionen auf. Sie sind kasemattiert und boten so der Besatzung im Belagerungsfall eine beschusssichere Unterkunft. Auf der nördlichen und südlichen Seeseite sind dem Wall zwischen den jeweiligen Bastionen zwei Waffenplätze vorgelagert, die als Lunetten ausgeführt und über einen gedeckten Weg mit der jeweiligen Ausfallpforte verbunden sind. 

In der westlichen Spitze des Kernwerks befindet sich zwischen zwei Habbastionen eine Spitzenbatterie mit eigenem Pulvermagazin.

Die östlichen, landwärts gerichteten Verteidigungsanlagen sind am ausgefeiltesten: Hinter dem obligatorischen Glacis liegen, dem Kernwerk vorgelagert, 3 Verteidigungselemente, ein Ravelin und zwei Lunetten. Der Zugang zum Fort erfolgt über 2 Brücken durch den Ravelin, einen Brückenkopf, der vom Kernwerk aus bestrichen werden konnte. Von den beiden den Ravelin flankierenden Lunetten aus konnte die lange hölzerne Brücke zwischen Kernwerk und Ravelin unter Feuer genommen werden. Zwischen Kernwerk und den 3 beschriebenen vorgelagerten Verteidigungsanlagen liegt ein flutbarer breiter und tiefer Graben als massives Hindernis für Angreifer.

Hier nun ein Plan der Anlage:

Legende:

  1. Ravelin
  2. Wache (mit Arrestzellen)
  3. Duke of Cumberlands Bastion
  4. Prince of Wales Bastion
  5. Kasernegebäude
  6. Prince Henry Fredrick’s Bastion
  7. Prince William Henry’s Bastion mit Hauptpulvermagazin
  8. Prince Frederick William’s Halbbastion
  9. Duke of Marlborough’s Halbbastion
  10. Spitzenbatterie
  11. Waffenplätze vor den Ausfallpforten
  12. Lunetten (den Ravelin flankierend)

Ein sehr schönes zoombares Luftbild findet man auf der CANMORE-Seite (Nationale Datenbank für historische Monumente in Schottland).

Zum Zeitpunkt der Fertigstellung von Fort George war sein ursprünglicher Zweck, eine sichere Basis gegen die jakobitische Bedrohung zu schaffen, nicht mehr relevant – der Frieden war wieder in die Highlands eingekehrt. Wirtschaftliche und politische Faktoren hatten dazu geführt, dass es nach dem Aufstand von 1745 / 46 keine jakobitischen Aufstände mehr gab.
Es war zu viel für die Festung ausgegeben worden, um sie aufzugeben, und so wurde sie als Grundausbildungseinrichtung für Soldaten genutzt, die für den französischen und amerikanischen Krieg rekrutiert wurden. Fort George blieb in dieser Rolle bis Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Befürchtungen der französischen Wiederbewaffnung zu einer Neubewertung der Küstenverteidigungseinrichtungen führten. Fort George mit seiner herausragenden Position am Moray Firth war ideal gelegen, um den engen Kanal nach Inverness zu bewachen, und dementsprechend wurde die Anlage mit verbesserten Batterien ausgestattet. Fort George wurde auch das Regimentsdepot der Seaforth Highlanders und blieb es, bis sie 1961 mit den Cameron Highlanders zusammengelegt wurden. Die Rolle der Küstenverteidigung ist heutzutage beendet, aber das Gelände wird weiterhin vom Militär genutzt. Spätere Kürzungen und Umstrukturierungen der Armee führten zu regelmäßigem Wechsel der im Fort stationierte Einheiten; aktuell ist das Fort vom dritten Bataillon des Royal Regiment of Scotland („Black Watch“) besetzt.

Trotz seiner militärischen Nutzung kann das Fort besichtigt werden; es wird von Historic Scotland betreut. Mit Ausnahme einiger Kasernengebäude kann man sich frei bewegen; viele Elemente wie z.B. das Hauptpulvermagazin und einige Unterkunftsräume sind sogar ausdrücklich für Besucher hergerichtet.

Der vielleicht bemerkenswerteste Aspekt von Fort George ist heute, wie wenig es sich seit seiner Fertigstellung im Jahr 1769 geändert hat. Was heute noch existiert, ist mit wenigen Änderungen das, was Skinner geplant hatte. Und angesichts dessen ist der vielleicht beeindruckendste Aspekt des Forts, wie „neu“ es scheint, wenn man es besichtigt.

Die nachfolgenden Fotos entstanden bei einem Besuch im Mai 2011.

Brücke zum Ravelin:


Innentor des Ravelins:


Zugbrücke vom Ravelin zum Haupttor:


Blick von der Brücke auf die Prince of Wales Bastion:


Königliches Wappen über dem Haupttor („Principal Gate“ 1753 – 56). Das Wappen ist geviertelt: Schottland im ersten Viertel, Frankreich im zweiten, Irland im dritten und Hanover im vierten Viertel. Bemerkenswerterweise ist das Wappen Schottlands falsch:


Die Wache vom Fortinneren aus gesehen. Rechts vom Tor die Wachräume, links die Arrestzellen:


Unterkunftsraum in der Wache:


Graffiti in einer Arrestzelle. Für Trunkenheit während der Wache gab es 1831 60 Tage ...


Auf dem Plateau über der Wache befindet sich ein glattläufiger 13-Zoll-Mörser in der "Sea Service" Ausführung, vermutlich aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In der "Sea Service" Ausführung waren solche Mörser auf sogenannten Bombardierschiffen montiert, deren Aufgabe darin bestand, den Einschließungsring einer belagerten Festung von See her mit Mörserbomben zu beschießen. Ihre Höhenausrichtung war verstellbar, was die Griffe erklärt. In der "Land Service" Ausführung waren diese Mörser in Festungen installiert. Ihre Höhenausrichtung war fix und sie waren auf definierte Punkte im Vorfeld ausgerichtet.


Hier ein weiteres Exemplar in der "Sea Service" Ausführung im Fort:


Die Kaserne, von der Wache aus gesehen:


Innenräume der Kasene, im Stil des 18. Jahrhunderts hergerichtet:



Offiziersunterkunft:


Garnisonskapelle:


Pferdestall:


Pferdestall von innen:


Nun zu den Wallanlagen. Als erstes die Duke of Cumberlands Bastion; bei den Geschützen handelt es sich um gusseiserne, glattläufige Blomefield 9-Pfünder-Vorderladerkanonen auf eisernen Garnisonsgestellen, schätzungsweise aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts:



Richtskala:


Blick von der Duke of Cumberlands Bastion in Richtung südlicher Lunette und Prince of Wales Bastion mit Ausguck; links im Vordergrund der Ravelin:


Die mit Abstand interessanteste Kanone der Duke of Cumberlands Bastion befindet sich in der nördlichen Ecke. Es handelt sich um eine "RML 64-Pounder 64 cwt Gun Mark I" im Kaliber 160mm. Britische Geschützbezeichnungen aus dieser Zeit sind eigen:
  • RML (rifled muzzle loader) = Vorderladergeschütz mit gezogenem Lauf (3 Züge mit einer Drehung auf 640 cm)
  • 64 cwt = centum weight bezieht sich auf das Geschützgewicht und entspricht ca. 3.300 kg 
  • 64 pound = 29 kg bezieht sich auf das Geschossgewicht.
Die Mark I Version wurde 1864 eingeführt. Das einzige überlebende Exemplar weltweit befindet sich auf der Duke of Cumberlands Bastion von Fort George; es ist auf einer Drehlafette gelagert und in einem 270° Radius ausrichtbar, Reichweite 4,6 km. Kanonen wie diese stellen den Übergang zwischen alter Vorderladertechnologie und modernen Geschützen dar:


Die RML 64-Pounder 64 cwt Guns konnten verschiedene Granaten verschießen, unter anderem auch Schrapnelle:


Unter einem Teil der Duke of Cumberlands Bastion befinden sich beschusssichere Kasematten; die Reihe dieser Kasematten setzt sich unter dem Wall in Richtung Prince Henry Fredrick's Bastion fort:



Unterkunftskasematte von innen. Hinten rechts ein Kamin:


Blick in Richtung Tür:


Der Gang zur nördlichen Ausfallpforte, von der Hofseite aus gesehen:


Auf der anderen Seite des Tores: Die Lunette mit Waffenplatz (Blick von der Duke of Cumberlands Bastion zur Prince Henry Fredrick's Bastion):


Die Spitzenbatterie mit darunter liegendem Pulvermagazin. Bei dem Geschütz handelt es sich um einen 64-Pfünder:


Auch die Spitzenbatterie verfügt über ein Geschütz auf Schwenklafette, eine RML 64-Pounder 64 cwt Gun Mark II im Kaliber 160mm (die Mark II Version wurde 1866 eingeführt):


Die nachfolgende Schnittzeichnung zeigt eine Mark III Version (ab 1867). Im Unterschied zur Mark II Version verfügt die Mark III über ein schmiedeeisernes Innenrohr, das nach 1871 durch ein stählernes ersetzt wurde:

Die Prince William Henry's Bastion mit dem Hauptpulvermagazin:


Ein kupferverkleidetes Belüftungsfenster des Pulvermagazins:


Im Inneren des Pulvermagazins:


Weitere Ansichten aus dem Inneren (dass man in einem Pulvermagazin nicht raucht, sollte eigentlich selbstverständlich sein ...):




Fazit: Wer Schottland mag und sich für Festungen interessiert, für den ist ein Besuch von Fort George ein absolutes Muss!

Hier gibt es Neues zu Fort George.

Montag, 4. Januar 2021

Neue Erkenntnisse zum Zwischenwerk 6

Dank tatkräftiger Hilfe aus Ingolstadt bin ich endlich an ein paar Dokumente gekommen, die mir interessante Einblicke in Geschichte und Konstruktion des Zwischenwerks 6 vermittelt haben:

Die Anordnung für die nötigsten Erdarbeiten des Zwischenwerks wurde bereits im Oktober 1892 erlassen. Gemäß weiteren Erlassen im Zeitraum zwischen Mai 1893 und November 1894 war die Errichtung eines provisorischen Zwischenwerks vorgesehen, zunächst als Infanteriestützpunkt für eine Kompanie mit der Option eines späteren permanenten Ausbaus einschließlich Ausstattung mit 4 leichten Geschützen. Ursprünglich war ein Untertretraum mit 4 Mannschaftskasematten geplant; zwei Pläne (einer Juni 94, einer August 94) zeigen allerdings als damaligen Planungsstand den Bau der nördlichen Kehlkasernenhälfte mit 6 Kasematten (einschließlich einer Latrinen- und einer Küchenkasematte) und den südlichen Teil mit gleicher Kasemattenzahl als Erweiterungsoption.
Im April 95 erging die Anordnung des Baus der nördlichen Hälfte der Kehlkaserne.
Baubeginn war der 31.05.1895. Noch im gleichen Jahr wurde das Mauerwerk der Kasematten fertiggestellt und mit Moniergewölbe versehen. Die Unterlagen machen leider keine Aussage darüber, um wie viele Kasematten es sich handelte.
1896 wurden Kehlkaserne und Wall fertiggestellt. Die Kehlkaserne hatte eine Decke aus Granitstampfbeton mit Sandpolster, war mit 0,5 m Erde bedeckt und durch eine 5,16 m hohe Erdvorlage geschützt.

Daraus ergibt sich folgender Querschnitt durch eine Kasematte:

1897 wurde der innere Ausbau abgeschlossen; am 4. Juni fand die Bauabnahme ohne Beanstandungen statt.

Ein Grundrissplan vom Januar 1897 zeigt im Gegensatz zum Planungsstand von 1894  12 Kasematten, d.h. man hat offenbar die Kaserne doch gleich komplett gebaut.
Als Provisorium hatte das Zwischenwerk weder Flankierungsanlagen noch Munitions- oder Untertreträume.

Nach Auswertung der neuen Unterlagen muss ich meinen Blogbeitrag vom 24.12. in zwei Aspekten revidieren:

1) Es gab nicht 14 Kasematten, sondern 12 Kasematten, die in 14 Räume aufgeteilt waren:
            a.       Kasematte 1 = Latrine mit Latrinengrube (Raum 1)
            b.       Kasematten 2 – 5 = Mannschaftsunterkünfte (Raum 2 – 5)
            c.       Kasematte 6 = aufgeteilt in zwei Räume, Nutzung unklar; Raum 6 = möglicherweise Verbandraum, Raum 7 = möglicherweise
                    Kommandantenunterkunft
            d.       Kasematte 7 = aufgeteilt in zwei Räume (Nr. 8 = Wache mit 3 Schießscharten, Nr. 9 = Mannschaftsunterkunft)
            e.       Kasematte 8 – 10 = Mannschaftsunterkünfte (Raum 10 – 12)
            f.        Kasematte 11 = Offiziersunterkunft (Raum 13)
            g.       Kasematte 12 = Küche (Raum 14)

2) Die Eingänge zur Kehlkaserne waren nicht nach außen, sondern nach innen traversiert. Es gab entsprechend keine Eingangs-Vorbauten vor der      Kasernenfront.

Der Grundriss stellt sich also folgendermaßen dar (eingetragen sind die Raumnummern):

Bei dem heute noch sichtbaren angeschnittenen Gang am Nordende der Kahlkaserne handelt es sich also um den Hohlraum für das Sandpolster in der zweischaligen Außenmauer der Kaserne. Rechts davon ( = südlich) befand sich die Latrinenkasematte, im folgenden Bild durch zwei rote Pfeile gekennzeichnet:

Anhand der mir vorliegenden Pläne habe ich versucht, die Kasernenfront zum Zeitpunkt der Fertigstellung zu skizzieren:

Sowohl dem Grundrissplan als auch der Skizze der Kasernenfront liegt die Annahme zugrunde, die Kaserne sei entgegen der ursprünglichen Planung doch gleich komplett mit 12 Kasematten fertig gebaut worden. Ob die Kaserne in zwei Stufen gebaut wurde, d.h. zuerst der nördliche Teil als Untertretraum, dann der Ausbau zur vollständigen Kehlkaserne, ist unklar. Nach den Plänen vom August 1894 hätte sich dann zwischen Kasematte 6 und 7 eine doppelschalige Mauer mit Sandpolster und nachträglich eingebautem Durchgang befunden. Bei meinen nächsten Besuchen werde ich mir ansehen, ob es entsprechende Anhaltspunkte gibt.

Abschließend möchte ich noch auf eine Internetpräsenz hinweisen, die mir eine unersetzliche Hilfe für meine Begehungen der Festung Ingolstadt geworden ist. Es handelt sich um die Karten-App Landesfestung Ingolstadt, in der sämtliche Festungselemente kartografiert sind. Die App bietet eine Vielzahl von Filtern und Darstellungsmöglichkeiten und ist wirklich hervorragend gemacht!

Übersicht der Beiträge zum Zwischenwerk 6:

Sonntag, 3. Januar 2021

Der Munitionsraum VII bei Friedrichshofen

Östlich des ehemaligen Forts II Hartmann erkennt man im Luftbild ein rechteckiges Wäldchen inmitten der Felder. Im Volksmund wird es Geisterwald genannt; tatsächlich befinden sich in diesem Wäldchen die Reste des nach dem 2. Weltkrieg gesprengten Munitionsraums 7.

Einen Plan habe ich auch für diese Anlage nicht und kann nur auf den generischen Plan des letzten Beitrags verweisen. Das Reliefbild des bayerischen Geodatenservers lässt auch hier auf ein Gewirr von Sprengtrümmern schließen:

Die nachfolgenden Bilder stammen von einer Begehung 2013:






Bei meinen Recherchen bin ich darauf gestoßen, dass das Wäldchen als Biotop mit der Nummer IN-1098-00 klassifiziert ist. 

2018 stand im Donaukurier zu lesen, die Gemeinde Friedrichshofen trage sich mit dem Gedanken, den Geisterwald seinem Eigentümer abzukaufen, unter anderem, um dem „archäologisch gut erhaltenen Munitionsdepot VII das gleiche Schicksal … wie der Lagerschanze Nr. 7“ zu ersparen (siehe Blogbeitrag dazu). Ob das letztlich gelungen ist, konnte ich noch nicht herausfinden.

Dienstag, 29. Dezember 2020

Der Munitionsraum II bei Großmehring

Nördlich von Großmehring befinden sich in einem Wäldchen die Reste des ehemaligen Munitionsraums 2. Das obligatorische Reliefbild deutet bereits an, dass nicht mehr besonders viel zu sehen ist:


Um die Überreste interpretieren zu können, bräuchte ich einen verlässlichen Plan; mir liegt allerdings leider nur ein generischer Plan eines typischen Ingolstädter Munitionsraums vor:


Vor Ort lässt sich dieser Plan nicht verifizieren, dafür ist das Maß der Zerstörung wirklich zu groß.
Zunächst ein paar Ansichten auf der gesprengten Betondecke:





Von den Wänden finden sich nur noch wenige Reste. Hier eine verputzte Mauerecke:




Eine Übergangsstelle zwischen Ziegelmauerwerk und Betondecke:


Das nachfolgende treppenförmige Betonelement lässt sich mit dem generischen Plan nicht erklären:


Die folgenden Befunde legen den Verdacht nahe, dass einige Überreste des M-Raums als Baumaterial neue Verwendung fanden. Als erstes ein Trümmerstück der Stampfbetondecke, mit dessen Zerkleinerung jemand begonnen hat; man erkennt deutlich den ehemals eingearbeiteten Granitsplit:



An der Südseite hat offenbar jemand in größerem Stil den Sand der Bettung abgebaut:


Fazit: Auch der M-Raum 2 ist als Ruine noch begehbar; wirklich lohnend ist das allerdings nicht.

Donnerstag, 24. Dezember 2020

Und nochmal Zwischenwerk 6 ...

Angeblich bestand die Kaserne von Zwischenwerk 6 aus 14 Kasematten:
9 Mannschaftskasematten
1 Küchenkasematte
1 Abortkasematte
1 Wachkasematte
1 Verbandraum
1 Raum für den Kommandanten

Die Befunde vor Ort legen nahe, dass die 5,50m hohe Kehlfront der Kaserne wohl komplett in Ziegelmauerwerk ausgeführt war; sie dürfte damit in etwa so ausgesehen haben wie der noch erhaltene M-Raum der rechten Anschlussbatterie von Fort Prinz Karl:


Die Zugänge dürften allerdings anders gestaltet gewesen sein. Ich bin auf die Angabe gestoßen, sie seien traversiert gewesen; wie das ausgesehen haben muss, zeigt ein altes Foto des Infanteriestützpunkts Schleifkotten bei Köln, das ich auf der Website "Festungsstadt Cöln" gefunden habe.

Mittwoch, 23. Dezember 2020

Neues vom Zwischenwerk 6 "Station Manching"

Ein Jahr nach meinem letzten Besuch suchte ich das Zwischenwerk 6 gestern erneut auf, um die offenen Fragen vor Ort zu klären.

Als erstes suchte ich die auffällige Struktur außerhalb des nassen Grabens südwestlich des Werks. Das Reliefbild hatte ich bisher so interpretiert, dass auch diese Struktur von einem Graben umgeben sein müsste. Zunächst versuchte ich, mich vom Waldweg aus in südliche Richtung vorzuarbeiten in der Hoffnung, die im Reliefbild erkennbare Zugangsrampe zu erreichen. Das schier undurchdringliche stachelige Unterholz ließ mich allerdings auf halber Strecke aufgeben. Bedeutend einfacher ist, wie ich dann herausfand, der Weg über die große Wiese westlich der Struktur. Die Frage, wie ich an dieser Stelle den vermeintlichen Graben überwinden könnte, stellte sich erst gar nicht – bei der Struktur handelt es sich nämlich um ein ca. 0,5m hohes Plateau. Was ich im Reliefbild für einen Graben gehalten hatte, entpuppte sich vor Ort als Böschung des Plateaus und war leicht zu erklimmen:

Nachfolgend das gleiche Foto mit blau markiertem oberen Böschungsrand:

Das erste, was ich auf dem Plateau fand, waren die merkwürdigen Vertiefungen bei 48.73688 N, 11.52327 E. Es handelt sich um eindeutig künstlich angelegte Gräben, die eine Fläche von ca. 5 x 14 Metern bedecken. Ihr Zweck erschloss sich mir bisher nicht:

Nachfolgend ist die Oberkante der Grabenecke blau markiert:

Abgesehen von diesen Gräben ist das Plateau eben. Es ist als gerundetes Rechteck von ca. 45 x 22 Metern angelegt, und es gibt eine Rampe hinunter zum nassen Graben des Zwischenwerks.

Das völlige Fehlen von Wällen und Traversen spricht gegen eine beabsichtigte Nutzung als Anschlussbatterie (dazu wäre das Plateau auch viel zu klein), allerdings auch gegen meine ursprüngliche Annahme eines Infanteriewerks. Ohne Archivrecherche wird es wohl nicht möglich sein, dem Zweck des Plateaus auf die Spur zu kommen.

Als nächstes galt es, die Unregelmäßigkeit im Wall der Südwestflanke zu erkunden. Eine Ausfallpforte, wie ursprünglich angenommen, gibt es hier nicht, allerdings eine um ca. 0,5 Meter in die Wallkrone eingesenkte trapezförmige Plattform von ca. 25 m2 Größe. 


Ansicht von unten:


Spontan musste ich an eine Geschützplattform denken, was aber an dieser Stelle völlig unsinnig wäre. Wie im Reliefbild erkennbar, ist diese Plattform genau mit dem Plateau jenseits des Grabens gefluchtet. Aus den Befunden vor Ort ließ sich aber weder der Verwendungszweck der trapezförmigen Plattform herausfinden noch, ob sie ursprünglich überhaupt im Zusammenhang mit dem Plateau jenseits des Grabens stand.

Die Prinzipskizze dieses Werksteils habe ich nach den Erkenntnissen der gestrigen Exkursion aktualisiert:


Legende:     1 = Plateau
                    2 = Gräben
                    3 = Plattform in der Wallkrone

Zum Abschluss meines Besuchs beschloss ich, die Rückseite der gesprengten Kaserne abzulaufen, weil das Reliefbild hier eine auffällige gerade Linie zeigt. Der Südteil der Kaserne ist wirklich völlig zerstört; auch auf der Rückseite findet man nur titanische Sprengtrümmer:

Nach dem ersten Drittel der Kasernenflucht ändert sich dieses Bild aber völlig: Plötzlich steht man vor der intakten Ziegelrückwand der Kaserne samt Stampfbetondecke:


Das ist gleich in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Zum einen, weil ich eher davon ausgegangen wäre, eine Kasernenrückwand aus Beton vorzufinden (prinzipiell war die Kaserne ja nichts anderes als ein übergroßer Untertretraum). Zum anderen, weil die Erdabdeckung der Kaserne definitiv unvollständig ist – eine Rückwand, aus welchem Material auch immer, dürfte bei vollständiger Erdabdeckung überhaupt nicht sichtbar sein. Und zum Dritten ist der Befund bemerkenswert, weil sich der Explosionsdruck über weite Strecken offenbar in Richtung Kehlseite entladen hat, obwohl die Rückwand frei lag.

Auch in Höhe der nördlichen Kasematte – also dort, wo auf der Kehlseite noch ein Stück des Längsgangs erhalten gebelieben ist – ist die Rückwand noch intakt:

Hier der gleiche Trakt von der Kehlseite aus gesehen:

Bei meinem nächsten Besuch werde ich diesen Teil von oben in Augenschein nehmen, um herauszufinden, ob vielleicht ein Teil der Kasematte erhalten sein könnte.

Die Frage, warum die Rückwand der Kaserne nicht vollständig mit Erde abgedeckt ist, lässt sich ohne Archivrecherche nicht beantworten. Nach offiziellen Angaben war die Kaserne mit einem halben Meter Erde bedeckt und auf der Rückseite durch eine 5,16m starke Erdvorlage geschützt – was angesichts der Beobachtungen vor Ort allerdings bezweifelt werden muss. Da das gesamt Werk als Provisorium mit der Option eines späteren permanenten Ausbaus errichtet wurde, fehlt außer der Kaserne jegliche für ein permanentes Werk übliche Infrastruktur wie z.B. Untertret- und Munitionsräume. Möglicherweise war die Erdvorlage der Kasernenrückseite ebenfalls mit der Option auf eine spätere Fertigstellung unvollständig gelassen worden – das ist allerdings nur eine Hypothese, die zu verifizieren wäre.

Übersicht der Beiträge zum Zwischenwerk 6:

Samstag, 7. November 2020

Das Fort Va in Kösching

Bei der Vorbereitung meiner Exkursion zum Fort Va musste ich wieder einmal feststellen, wie schwer es ist, als Berufstätiger, der seiner Arbeit jede Woche 60 Stunden opfert, Forschungsarbeit in Sachen Festungen zu betreiben. Weder meine umfangreiche Literatursammlung noch das Internet gaben sonderlich viel über Fort Va her; Archiv- und Bibliotheksrecherchen sind in solchen Fällen aus Zeitgründen praktisch überhaupt nicht möglich. Ich muss also bei meinen seltenen Besuchen in Ingolstadt möglichst viele Informationen vor Ort sammeln, interpretieren und hoffen, dass ich damit einigermaßen richtig liege.

Fort Va liegt am südöstlichen Ortsrand von Kösching bei Ingolstadt. Die ehemalige Werkszufahrt befand sich nördlich der Kreuzung der Weidhausstraße mit der Straße Am Weinberg. Für einen Festungsfreund ist Fort Va leider ein unergiebiges Objekt, da es heutzutage fast komplett mit Sporteinrichtungen überbaut ist. Das ist besonders traurig, weil Fort Va genau wie Fort IIIa ursprünglich mit einem Panzerdrehturm ausgestattet war, ein Alleinstellungsmerkmal unter den Ingolstädter Festungen.

Warum mir Fort Va dennoch einen Besuch wert war, zeigt das obligatorische Reliefbild:


Es handelt sich um die nordwestliche Anschlussbatterie, die noch recht gut erhalten ist.

Zunächst ein paar Daten & Fakten:
Bauzeit 1879 - 1883
Verstärkung 1889 - 1891
Fünfeckige Form; ähnliche Ausführung wie Fort IIIa
Besonderheit: Manuell betriebener Gruson-Panzerdrehturm für zwei 15cm Ringkanonen

Das Fort wurde 1946 gesprengt, 1953 von der Gemeinde Kösching erworben und im Anschluss überbaut.

Die Anschlussbatterie verläuft entlang der Fortbergstraße in Kösching an deren Ende. Leider hat man beim Bau der Straße die Batterie im Bereich des ehemaligen Munitions- oder Untertretraums angeschnitten; von besagtem Raum sind nicht einmal mehr Trümmer zu finden.

Hier eine Skizze des Forts, in der die Batterie markiert ist:


Und eine detailliertere Prinzipskizze der Batterie:


Bezüglich der Ausrichtung des Munitions- oder Untertretraums bin ich mir nicht sicher. Das Reliefbild lässt die Interpretation zu, es könnte in einem stumpfen Winkel zur Batterieflucht ausgerichtet gewesen sein. Leider liegen mir keine Detailpäne des Werks vor, und vor Ort konnte ich wiegesagt keine Spuren mehr finden.

Insgesamt ist die Batterie leider in keinem guten Zustand. Die Geschützplattformen liegen zwar einigermaßen frei, der Rest ist allerdings stark zugewuchert, teilweise mit wirklich hartnäckigem Dickicht. Über die Traversen zwischen den Geschützplattformen verläuft ein Mountainbike-Trail. Schade, dass man die Batterie so verkommen lässt; als einziges Relikt des Forts Va hätte sie Besseres verdient.

Hier nun ein paar Fotos. Das erste zeigt den "Umgang" links neben der ersten Geschützplattform. Aufgrund der Dimensionen würde ich eine eher infanteristische Nutzung vermuten. Eine ähnliche Struktur gibt es auch bei Fort X; es ist mir leider noch nicht gelungen, den wahren Zweck herauszufinden. 


Die nächsten beiden Aufnahmen zeigen zwei der Geschützbettungen. Der jeweils im Bogen von links nach rechts verlaufende Mountainbike Trail ist (leider) deutlich zu sehen:



Wiegesagt: Schade, dass man die Anlage nicht besser instand hält.

Wer einen besseren Eindruck einer Ingolstädter Anschlussbatterie bekommen will, dem sei die von Fort X (einen Batterieplan gibt es hier) empfohlen.