Dienstag, 29. Dezember 2020

Der Munitionsraum II bei Großmehring

Nördlich von Großmehring befinden sich in einem Wäldchen die Reste des ehemaligen Munitionsraums 2. Das obligatorische Reliefbild deutet bereits an, dass nicht mehr besonders viel zu sehen ist:


Um die Überreste interpretieren zu können, bräuchte ich einen verlässlichen Plan; mir liegt allerdings leider nur ein generischer Plan eines typischen Ingolstädter Munitionsraums vor:


Vor Ort lässt sich dieser Plan nicht verifizieren, dafür ist das Maß der Zerstörung wirklich zu groß.
Zunächst ein paar Ansichten auf der gesprengten Betondecke:





Von den Wänden finden sich nur noch wenige Reste. Hier eine verputzte Mauerecke:




Eine Übergangsstelle zwischen Ziegelmauerwerk und Betondecke:


Das nachfolgende treppenförmige Betonelement lässt sich mit dem generischen Plan nicht erklären:


Die folgenden Befunde legen den Verdacht nahe, dass einige Überreste des M-Raums als Baumaterial neue Verwendung fanden. Als erstes ein Trümmerstück der Stampfbetondecke, mit dessen Zerkleinerung jemand begonnen hat; man erkennt deutlich den ehemals eingearbeiteten Granitsplit:



An der Südseite hat offenbar jemand in größerem Stil den Sand der Bettung abgebaut:


Fazit: Auch der M-Raum 2 ist als Ruine noch begehbar; wirklich lohnend ist das allerdings nicht.

Donnerstag, 24. Dezember 2020

Und nochmal Zwischenwerk 6 ...

Angeblich bestand die Kaserne von Zwischenwerk 6 aus 14 Kasematten:
9 Mannschaftskasematten
1 Küchenkasematte
1 Abortkasematte
1 Wachkasematte
1 Verbandraum
1 Raum für den Kommandanten

Die Befunde vor Ort legen nahe, dass die 5,50m hohe Kehlfront der Kaserne wohl komplett in Ziegelmauerwerk ausgeführt war; sie dürfte damit in etwa so ausgesehen haben wie der noch erhaltene M-Raum der rechten Anschlussbatterie von Fort Prinz Karl:


Die Zugänge dürften allerdings anders gestaltet gewesen sein. Ich bin auf die Angabe gestoßen, sie seien traversiert gewesen; wie das ausgesehen haben muss, zeigt ein altes Foto des Infanteriestützpunkts Schleifkotten bei Köln, das ich auf der Website "Festungsstadt Cöln" gefunden habe.


Mittwoch, 23. Dezember 2020

Neues vom Zwischenwerk 6 "Station Manching"

Ein Jahr nach meinem letzten Besuch suchte ich das Zwischenwerk 6 gestern erneut auf, um die offenen Fragen vor Ort zu klären.

Als erstes suchte ich die auffällige Struktur außerhalb des nassen Grabens südwestlich des Werks. Das Reliefbild hatte ich bisher so interpretiert, dass auch diese Struktur von einem Graben umgeben sein müsste. Zunächst versuchte ich, mich vom Waldweg aus in südliche Richtung vorzuarbeiten in der Hoffnung, die im Reliefbild erkennbare Zugangsrampe zu erreichen. Das schier undurchdringliche stachelige Unterholz ließ mich allerdings auf halber Strecke aufgeben. Bedeutend einfacher ist, wie ich dann herausfand, der Weg über die große Wiese westlich der Struktur. Die Frage, wie ich an dieser Stelle den vermeintlichen Graben überwinden könnte, stellte sich erst gar nicht – bei der Struktur handelt es sich nämlich um ein ca. 0,5m hohes Plateau. Was ich im Reliefbild für einen Graben gehalten hatte, entpuppte sich vor Ort als Böschung des Plateaus und war leicht zu erklimmen:

Nachfolgend das gleiche Foto mit blau markiertem oberen Böschungsrand:

Das erste, was ich auf dem Plateau fand, waren die merkwürdigen Vertiefungen bei 48.73688 N, 11.52327 E. Es handelt sich um eindeutig künstlich angelegte Gräben, die eine Fläche von ca. 5 x 14 Metern bedecken. Ihr Zweck erschloss sich mir bisher nicht:

Nachfolgend ist die Oberkante der Grabenecke blau markiert:

Abgesehen von diesen Gräben ist das Plateau eben. Es ist als gerundetes Rechteck von ca. 45 x 22 Metern angelegt, und es gibt eine Rampe hinunter zum nassen Graben des Zwischenwerks.

Das völlige Fehlen von Wällen und Traversen spricht gegen eine beabsichtigte Nutzung als Anschlussbatterie (dazu wäre das Plateau auch viel zu klein), allerdings auch gegen meine ursprüngliche Annahme eines Infanteriewerks. Ohne Archivrecherche wird es wohl nicht möglich sein, dem Zweck des Plateaus auf die Spur zu kommen.

Als nächstes galt es, die Unregelmäßigkeit im Wall der Südwestflanke zu erkunden. Eine Ausfallpforte, wie ursprünglich angenommen, gibt es hier nicht, allerdings eine um ca. 0,5 Meter in die Wallkrone eingesenkte trapezförmige Plattform von ca. 25 m2 Größe. 


Ansicht von unten:


Spontan musste ich an eine Geschützplattform denken, was aber an dieser Stelle völlig unsinnig wäre. Wie im Reliefbild erkennbar, ist diese Plattform genau mit dem Plateau jenseits des Grabens gefluchtet. Aus den Befunden vor Ort ließ sich aber weder der Verwendungszweck der trapezförmigen Plattform herausfinden noch, ob sie ursprünglich überhaupt im Zusammenhang mit dem Plateau jenseits des Grabens stand.

Die Prinzipskizze dieses Werksteils habe ich nach den Erkenntnissen der gestrigen Exkursion aktualisiert:


Legende:     1 = Plateau
                    2 = Gräben
                    3 = Plattform in der Wallkrone

Zum Abschluss meines Besuchs beschloss ich, die Rückseite der gesprengten Kaserne abzulaufen, weil das Reliefbild hier eine auffällige gerade Linie zeigt. Der Südteil der Kaserne ist wirklich völlig zerstört; auch auf der Rückseite findet man nur titanische Sprengtrümmer:

Nach dem ersten Drittel der Kasernenflucht ändert sich dieses Bild aber völlig: Plötzlich steht man vor der intakten Ziegelrückwand der Kaserne samt Stampfbetondecke:


Das ist gleich in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Zum einen, weil ich eher davon ausgegangen wäre, eine Kasernenrückwand aus Beton vorzufinden (prinzipiell war die Kaserne ja nichts anderes als ein übergroßer Untertretraum). Zum anderen, weil die Erdabdeckung der Kaserne definitiv unvollständig ist – eine Rückwand, aus welchem Material auch immer, dürfte bei vollständiger Erdabdeckung überhaupt nicht sichtbar sein. Und zum Dritten ist der Befund bemerkenswert, weil sich der Explosionsdruck über weite Strecken offenbar in Richtung Kehlseite entladen hat, obwohl die Rückwand frei lag.

Auch in Höhe der nördlichen Kasematte – also dort, wo auf der Kehlseite noch ein Stück des Längsgangs erhalten gebelieben ist – ist die Rückwand noch intakt:

Hier der gleiche Trakt von der Kehlseite aus gesehen:

Bei meinem nächsten Besuch werde ich diesen Teil von oben in Augenschein nehmen, um herauszufinden, ob vielleicht ein Teil der Kasematte erhalten sein könnte.

Die Frage, warum die Rückwand der Kaserne nicht vollständig mit Erde abgedeckt ist, lässt sich ohne Archivrecherche nicht beantworten. Nach offiziellen Angaben war die Kaserne mit einem halben Meter Erde bedeckt und auf der Rückseite durch eine 5,16m starke Erdvorlage geschützt – was angesichts der Beobachtungen vor Ort allerdings bezweifelt werden muss. Da das gesamt Werk als Provisorium mit der Option eines späteren permanenten Ausbaus errichtet wurde, fehlt außer der Kaserne jegliche für ein permanentes Werk übliche Infrastruktur wie z.B. Untertret- und Munitionsräume. Möglicherweise war die Erdvorlage der Kasernenrückseite ebenfalls mit der Option auf eine spätere Fertigstellung unvollständig gelassen worden – das ist allerdings nur eine Hypothese, die zu verifizieren wäre.

Samstag, 7. November 2020

Das Fort Va in Kösching

Bei der Vorbereitung meiner Exkursion zum Fort Va musste ich wieder einmal feststellen, wie schwer es ist, als Berufstätiger, der seiner Arbeit jede Woche 60 Stunden opfert, Forschungsarbeit in Sachen Festungen zu betreiben. Weder meine umfangreiche Literatursammlung noch das Internet gaben sonderlich viel über Fort Va her; Archiv- und Bibliotheksrecherchen sind in solchen Fällen aus Zeitgründen praktisch überhaupt nicht möglich. Ich muss also bei meinen seltenen Besuchen in Ingolstadt möglichst viele Informationen vor Ort sammeln, interpretieren und hoffen, dass ich damit einigermaßen richtig liege.

Fort Va liegt am südöstlichen Ortsrand von Kösching bei Ingolstadt. Die ehemalige Werkszufahrt befand sich nördlich der Kreuzung der Weidhausstraße mit der Straße Am Weinberg. Für einen Festungsfreund ist Fort Va leider ein unergiebiges Objekt, da es heutzutage fast komplett mit Sporteinrichtungen überbaut ist. Das ist besonders traurig, weil Fort Va genau wie Fort IIIa ursprünglich mit einem Panzerdrehturm ausgestattet war, ein Alleinstellungsmerkmal unter den Ingolstädter Festungen.

Warum mir Fort Va dennoch einen Besuch wert war, zeigt das obligatorische Reliefbild:


Es handelt sich um die nordwestliche Anschlussbatterie, die noch recht gut erhalten ist.

Zunächst ein paar Daten & Fakten:
Bauzeit 1879 - 1883
Verstärkung 1889 - 1891
Fünfeckige Form; ähnliche Ausführung wie Fort IIIa
Besonderheit: Manuell betriebener Gruson-Panzerdrehturm für zwei 15cm Ringkanonen

Das Fort wurde 1946 gesprengt, 1953 von der Gemeinde Kösching erworben und im Anschluss überbaut.

Die Anschlussbatterie verläuft entlang der Fortbergstraße in Kösching an deren Ende. Leider hat man beim Bau der Straße die Batterie im Bereich des ehemaligen Munitions- oder Untertretraums angeschnitten; von besagtem Raum sind nicht einmal mehr Trümmer zu finden.

Hier eine Skizze des Forts, in der die Batterie markiert ist:


Und eine detailliertere Prinzipskizze der Batterie:


Bezüglich der Ausrichtung des Munitions- oder Untertretraums bin ich mir nicht sicher. Das Reliefbild lässt die Interpretation zu, es könnte in einem stumpfen Winkel zur Batterieflucht ausgerichtet gewesen sein. Leider liegen mir keine Detailpäne des Werks vor, und vor Ort konnte ich wiegesagt keine Spuren mehr finden.

Insgesamt ist die Batterie leider in keinem guten Zustand. Die Geschützplattformen liegen zwar einigermaßen frei, der Rest ist allerdings stark zugewuchert, teilweise mit wirklich hartnäckigem Dickicht. Über die Traversen zwischen den Geschützplattformen verläuft ein Mountainbike-Trail. Schade, dass man die Batterie so verkommen lässt; als einziges Relikt des Forts Va hätte sie Besseres verdient.

Hier nun ein paar Fotos. Das erste zeigt den "Umgang" links neben der ersten Geschützplattform. Aufgrund der Dimensionen würde ich eine eher infanteristische Nutzung vermuten. Eine ähnliche Struktur gibt es auch bei Fort X; es ist mir leider noch nicht gelungen, den wahren Zweck herauszufinden. 


Die nächsten beiden Aufnahmen zeigen zwei der Geschützbettungen. Der jeweils im Bogen von links nach rechts verlaufende Mountainbike Trail ist (leider) deutlich zu sehen:



Wiegesagt: Schade, dass man die Anlage nicht besser instand hält.

Wer einen besseren Eindruck einer Ingolstädter Anschlussbatterie bekommen will, dem sei die von Fort X (einen Batterieplan gibt es hier) empfohlen.

Sonntag, 25. Oktober 2020

Die Lünette 83 in Germersheim

Zu den Exponaten des Germersheimer Festungsmuseums gehört unter anderem auch ein großes Modell der heute weitgehend geschleiften Festung. Bei meinem Besuch im Juni dieses Jahres fiel mir unter den Kasernen, Fronten, Vorwerken und Vesten vor allem ein Festungselement auf, dem ich bis dahin noch keine Beachtung geschenkt hatte: Die Lünette 83


Sie war der Südwestfront der Festung zwischen Fronte Beckers und Fronte Schmauß vorgelagert; am rechten oberen Rand des Fotos erkennt man das nördliche Reduitgebäuder der Fronte Schmauß.
Bemerkenswerterweise ist diese Lünette in keinem der mir vorliegenden Germersheimer Festungspläne eingezeichnet; selbst auf der Übersichtskarte im Festungs-Flyer der Stadt Germersheim ist sie nicht zu sehen. Kuriosum am Rande: Im Internet wird das Kreuzblockhaus gerne als "Burg" oder "Schloss" bezeichnet - ist aber nichts dergleichen, doch dazu später mehr.

Die Wälle der Lünette scheinen mittlerweile weitgehend verschwunden zu sein, das Kreuzblockhaus ist jedoch noch erhalten. Bei Google Maps ist es deutlich in einem Wäldchen an der Straße "An der Lunette" erkennbar:


Leider ist das Grundstück Privatbesitz und kann nicht betreten werden. Von der Straße aus ist durch den dichten Bewuchs nichts von dem Kreuzblockhaus erkennbar.

Der folgende Plan vermittelt einen Eindruck, wie die Lünette 83 ursprünglich ausgesehen haben muss:


Angaben zu den Dimensionen konnte ich bislang nicht finden. Das Kreuzblockhaus nahm ungefähr eine Fläche von 40 x 40 Metern ein.

Bei einer Lünette handelt es sich um ein einer polygonalen Festung vorgelagertes Verteidigungswerk mit zwei Fasen, zwei Flanken und einer offenen Kehle. Auch die Lünette 83 diente primär der Verteidigung; in Friedenszeiten wurde das zweigeschossige Kreuzblockhaus allerdings als Friedenspulvermagazin genutzt ("Friedens-Pulver-Magazin No 1").

Der nächste Plan zeigt die Regalierung des Erdgeschosses.


Legende:
Die roten Ziffern 1 - 4 bezeichnen die einzelnen Flügel des Kreuzblockhauses.
Die schwarzen Ziffern 1 - 15 sind die Regalnummerierungen
Bei den Gebilden A und B handelt es sich um Anbauten, vermutlich aus Holz
Die kleinen braunen Quadrate im Inneren sind die Stützpfosten der hölzernen Zwischendecke

Aus einem Belegungsplan unbekannten Datums geht hervor, dass die Regale im Erdgeschoss den verschiedenen Werken zugeordnet waren. Die Regalbelegungen sind mit Bleistift eingetragen, und an einigen Stellen sieht man deutlich, dass frühere Eintragungen entfernt und durch neuere ersetzt wurden. Die nachfolgende Tabelle zeigt den letzten Belegungsstand, soweit ich ihn entziffern konnte:

1

Unleserlich (Ysenburger Fronte?)

2

Veste Wrede

3

Veste Wrede

4

Veste Deroy

5

Veste Deroy

6

Fronte Beckers

7

Fronte Beckers

8

Fronte Schmauß

9

Fronte Lamotte & Fronte Diez

10

Vorwerk Vincenti

11

Fronte Hertling

12

Leer

13

Leer

14

Unleserlich

15

Unleserlich

16

Unleserlich

A

Fronte Hertling

B

Utensilien


Für das Obergeschoss ist das Inventar eher allgemein angegeben; lediglich für ein Regal konnte ich die Zuweisung zur Fronte Hertling identifizieren. Es wurde gelagert:
- Sprengpulver
- Geschütz-Blättchen-Pulver
- "Minderbrauchbares Pulver"
- Grobkörniges Pulver
- Geschützpulver
- Kartuschen
- Munitionsreserve

In Kriegsszeiten wäre die Lünette 83 als Verteidigungswerk natürlich mit Geschützen ausgestattet gewesen. Ich bin auf die Angabe von 12 6-Pfündern und 10 Mörsern gestoßen; der folgende aus einem alten Original aufbereitete Plan, in dem die möglichen Schussrichtungen für Artillerie und Infanterie dargestellt sind, könnte zumindest die 12 6-Pfünder bestätigen:


Leider ist es mir noch nicht gelungen, die Angabe "6-Pfünder" zu präzisieren. Da die Festung Germersheim 1855 baulich fertiggestellt wurde, gehe ich nicht davon aus, dass es sich um die 6-Pfünder-Feldkanone C/61 gehandelt hat, die erst einige Jahre später eingeführt wurde.

Im obigen Plan habe ich ein Gebilde in der Spitze mit einem Fragezeichen markiert; im ersten Plan ganz oben ist es rot hervorgehoben. Es scheint sich um ein kleines Gebäude gehandelt zu haben; was genau seine Funktion war (Untertretraum? Geschützschuppen?) und ob es sich um ein gemauertes oder um ein passageres Gebäude handelte, konnte ich bisher nicht in Erfahrung bringen, ebensowenig, ob es heute noch existiert. 

Wie bereits erwähnt, ist das Kreuzblockhaus heute leider in Privatbesitz, und es ist mir bisher leider nicht gelungen, es näher in Augenschein zu nehmen. Bis vor einiger Zeit war es bewohnt, und es wurden sowohl im Inneren als auch außen Veränderungen vorgenommen. Die folgenden Aufnahmen aus dem Jahr 2017 hat mir freundlicherweise Herr Erich Fleischer, Gästeführer der Stadt Germersheim, zur Verfügung gestellt. Ich möchte Herrn Fleischer an dieser Stelle recht herzlich für seine Hilfe bei meinen Recherchen danken; außer den Fotos hat er mir auch die meisten Pläne und Unterlagen zu Verfügung gestellt, auf die sich meine Ausführungen beziehen.

Zuerst ein paar Aufnahmen von Flügel 1:


Die Satellitenschüssel deutet auf die frühere wohnliche Nutzung hin:


Die Stirnseite eines der Flügel 1, 2 oder 3:


Die Türöffnung im Obergeschoss auf dem nächsten Foto dürfte nachträglich an der Stelle einer Schießscharte herausgebrochen worden sein. Das Gleiche vermute ich auch für die Türöffnung im Erdgeschoss; auf keinem der mir vorliegenden Pläne ist hier eine Tür eingezeichnet.


Die folgenden beiden Aufnahmen zeigen eins der beiden Originaltore (Flügel 2):





Nun zwei Fotos des Originaltors in Flügel 3, das glücklicherweise erheblich besser erhalten ist das das Tor in Flügel 2. Die weiße Farbe auf dem Mauerwerk um das Tor herum ist übrigens der Innenanstrich des früheren Anbaus B, der leider mittlerweile verschwunden ist, was für eine Holzbauweise spricht.



Auch bei Flügel 4 ist der Innenanstrich von Anbau B noch sichtbar, dort sogar viel deutlicher. Auch die Mauerwerksfuge, in die das Schrägdach eingesetzt war, ist erkennbar:





Abschließend die Stirnseite von Flügel 4 mit der Werksnummer:


Innenaufnahmen des Kreuzblockhauses habe ich leider nicht. Es gibt eine Website mit einigen Impressionen aus dem Inneren, die allerdings keinen rein dokumentarischen, sondern einen künstlerischen Fokus hat.

Bleibt abschließend zu sagen, dass die Lünette 83 ob ihres Erhaltungszustands ein bemerkenswertes Bauwerk ist. Leider nagt der Zahn der Zeit aber auch deutlich an diesem militärhistorisch äußerst wertvollen Relikt; ich hoffe, dass man in Germersheim den Wert der Lünette erkennt und sie durch geeignete Maßnahmen für die Nachwelt bewahrt. Unter Denkmalschutz steht sie zum Glück bereits.

Für mich persönlich vermittelt die Lünette 83 auch ein gutes Bild, wie das verschwundene Kreuzblockhaus des Friedenspulvermagazins Oberhaunstadt bei Ingolstadt einmal ausgesehen haben könnte. Das dortige Kreuzblockhaus war mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nur eingeschossig und hatte nur ca. 2/3 der Größe der Lünette 83, hatte aber definitiv einen ähnlichen Grundriss. 

Freitag, 9. Oktober 2020

Ostfriesland - ein fortifikatorischer Reisebericht

Wer mich kennt, weiß, dass ich bei meinen Urlaubsplanungen immer auch ein Auge auf das Thema Festungen habe. So war es auch unlängst, als wir unseren Aufenthalt im schönen Dornumersiel in Ostfriesland planten. Mit dem Auto von dort aus gut erreichbar ist Wilhelmshaven; als kaiserlicher Hafen und Werft wurde diese Stadt ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zur Festung ausgebaut, die bis in den ersten Weltkrieg hinein beständig erweitert wurde.

1918 bestand die Festung Wilhelmshaven (einschließlich der Inseln Wangerooge und Langeoog) aus folgenden Elementen:

  • 28 Artillerie- und Flugabwehrbatterien
  • 21 Infanteriewerke
  • 3 größere Forts (Rüstersiel, Schaar, Mariensiel)
  • 43 Armierungsbatterien (Erdwerke)

Wenn man in der Urlaubsvorbereitung auf solche Informationen stößt, wird man zugegebenermaßen recht euphorisch. Diese anfängliche Euphorie wich allerdings schnell einer drastischen Ernüchterung: Je mehr ich recherchierte, desto deutlicher stellte sich heraus, dass man bei der Beseitigung militärhistorischen Kulturguts in Wilhelmshaven und Umgebung noch rabiater vorgegangen war als z.B. in Ingolstadt. Von der oben beschriebenen ehemals imposanten Festung ist fast nichts übrig geblieben!

Letztlich gab es vier Objekte, die ich mir für Besuche auf die Agenda schrieb; 3 davon haben wir schlussendlich geschafft.

Zunächst aber zu einem Objekt, das ob seines Errichtungszeitpunkts im 2. Weltkrieg eigentlich außerhalb meines üblichen Fokus liegt, dem Bunker „Banter Ruine“. Auf dem Weg zu einem Restaurant kamen wir zufällig daran vorbei:


Für einen Festungsfreund ist eine solche Begrüßung natürlich erfreulich und verheißungsvoll, und so sah ich mir den Bunker genauer an. Es handelt sich um einen sogenannten Truppenmannschaftsbunker 750, fertiggestellt 1943, der als Luftschutzbunker für Marineangehörige diente. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, handelt es sich um den letzten seiner Art.

Von Nahem entpuppte sich die herzliche Begrüßung leider als Fake. Der Bunker war verschlossen, eine Innenbegehung daher nicht möglich. Da es an diesem Tag außerdem stark regnete, begnügte ich mich mit wenigen Außenaufnahmen:






Später, zurück zuhause, recherchierte ich ein wenig über den Bunker, zumal mich das große Transparent neugierig gemacht hatte. Auch dieser Bunker wird in seiner aktuellen Form wohl leider nicht mehr lange Bestand haben; die Deckenverstärkung wurde offenbar bereits abgetragen, der Rest soll „umgebaut“ werden. Wen es interessiert, der kann sich über den jeweils aktuellen Stand auf der Seite "Erhalt der Bunker Banter Kaserne" informieren. Näheres zum Bunker selbst ist mit vielen Fotos auf der Seite "Luftschutzbunker Wilhelmshaven" beschrieben.

Nun aber zu den eigentlichen Objekten meiner Begierde.

Gleich das erste entpuppte sich leider als totaler Flopp: Das Infanteriewerk Hooksiel. Im Luftbild bei Google Maps ist es schön zu erkennen, und ungeachtet der Erkenntnis, das auf dem Werksgelände ein modernes Gebäude (Tourist-Information) steht, hatte ich die Hoffnung, doch noch Reste des ehemaligen Werks zu finden. Weit gefehlt! Jegliche ehemalige Werks-Infrastruktur ist abgetragen bzw. überbaut, lediglich der nasse Graben hat überlebt:




Abschließend noch ein Bild der Tourist-Information; eine Festungskasematte wäre schöner gewesen …

Nächstes Ziel: Fort Mariensiel. In der Vorbereitung konnte ich in Erfahrung bringen, dass es dort noch einiges zu sehen gibt, was die Sprengungen überstanden hat, namentlich die Kehlkaserne. Aber wie es nun mal so ist in Deutschland: Alles, was schön oder interessant ist, ist verboten. Entsprechend ist Fort Mariensiel verschlossen und mit Verbotsschildern gespickt; leider traf ich vor Ort auch niemanden, den ich um die Erlaubnis hätte bitten können, mir beispielsweise die Kehlkaserne von innen anzusehen. Nachfolgend ein paar Impressionen der Kehlkaserne von außen (mit einem herrlichen architektonischen Detail), des Zufahrts-Gitters und eines Betonbunkers vor der Kehlkaserne:






Das dritte Objekt war das Infanteriewerk Ellenserdamm. Es liegt nordwestlich von Varel; dass die Zufahrt mit einer Schranke verschlossen ist, konnte ich bereits in der Vorbereitung herausfinden. Das Werk ist nie gesprengt worden und war angeblich bis in die 70er Jahre bewohnt, das ließ hoffen. Hier nun ein paar Impressionen vor Ort:

 Der Weg zum Werk:

Gebäudefundament vor dem Werk:


Das Unterkunftsgebäude:





Ein Untertretraum?

Bemerkenswerterweise waren beide Bunkergebäude mit Türen modernerer Bauart verschlossen. Auf dem Gelände fand sich einiges an neuzeitlichen „Zivilisationsspuren“, insgesamt hatte ich aber den Eindruck, dass schon länger niemand mehr hier gewesen war. Ich versuchte, mich lautstark bemerkbar zu machen, leider ohne Erfolg - wirklich niemand da. Die in Mariensiel inflationär verwendeten „Betreten verboten“ Schilder fehlten hier völlig, dennoch hatte ich das vage Gefühl, mich auf Privatgrund zu befinden, und zog nach ein paar Schnappschüssen von außen wieder ab.

Objekt Nummer 4 wäre die Wiesenbatterie Schillig gewesen, von der ich vorab in Erfahrung gebracht hatte, dass sie gesprengt wurde und heute Naturschutzgebiet ist. Mein Frusttoleranzlevel war durch die Erfahrung der zuvor beschriebenen Objekte so weit gesunken, dass ich beschloss, auf eine Begehung zu verzichten.

Zum Schluss noch zwei Aufnahmen, die ich bei einem Besuch in Bremerhaven vom Weserufer aus machen konnte. Sie zeigen die Festungsinseln Langlütjen 1 und 2 in der Wesermündung. Langlütjen 1 ist gesprengt, als Naturschutzgebiet ausgewiesen und darf nicht betreten werden. Langlütjen 2 kann nur im Rahmen von Wattwanderungen besichtigt werden, was mir generell leider nicht möglich ist - aber das ist eine andere (Frust-)Geschichte …


Fazit: Ostfriesland ist sicher eine Reise wert. Wer dabei allerdings Festungen im Sinn hat, der wird bitter enttäuscht werden.