Als jungem
Bundeswehrsoldaten ermöglichte mir die ehemals königlich-bayerische Festung
Germersheim Ende der 70er Jahre erste Einblicke in den Festungsbau des 19.
Jahrhunderts. Die zweischenklige Grabenwehr, die heute u.a. durch ein
Jugendzentrum und die städtische Musikschule belegt ist, war damals mehr oder
weniger eine Ruine; das rechte Ausfalltor wies einen Spalt auf, der groß genug
war, meinen Kameraden und mir eine ausführliche Erkundung des Gebäudes zu
ermöglichen.
Die
Grabenwehr der Fronte Beckers heute
Das rechte
Ausfalltor heute
In Januar
2019 kehrte ich an den Ort meiner ersten Festungsbegehung zurück, widmete mich
diesmal aber schwerpunktmäßig den Außenwerken.
Doch zunächst
ein paar Fakten zur Festung selbst:
Die
Bundesversammlung des Deutschen Bundes beschloss 1832, Germersheim zu
befestigen; Planung und Bauleitung wurde dem damaligen Major Friedrich Schmauß
(später Oberst Friedrich von Schmauß) übertragen. Grundsteinlegung war am 18.
Oktober 1834, bauliche Fertigstellung 1855. Die Fertigstellung der Minengänge
dauerte bis 1861.
Das Ergebnis
war eine polygonale Festung mit sechs Fronten (eine davon die oben genannte Fronte
Beckers) und 10 vorgelagerten Verteidigungselementen (3 große Vorfesten, 6
kleinere Vorwerke und ein Flügelwerk).
Nach dem 1.
Weltkrieg musste die Festung nach den Vorgaben des Versailler Vertrags
geschleift werden, eine Entscheidung, die heute noch verwundert, da die Festung
schon damals hoffnungslos veraltet war und sich seit 1913 sowieso schon in
Auflassung befand.
Ab Herbst
1920 wurden unter anderem die Vorfesten und Vorwerke abgetragen; die
Schleifungsarbeiten dauerten insgesamt bis in den Winter 1921/22.
Da die noch
erhaltenen Festungselemente des Hauptwerks heute denkmalgeschützt sind und den
verschiedensten Nutzungen zugeführt wurden, haben mich die Vorfesten und
Vorwerke bei der Vorbereitung meines Besuchs deutlich mehr interessiert. Erster
Schritt der Selektion möglicher Exkursionsziele war eine einfache Analyse per
Google Maps, wodurch ich die 3 Vorfesten sofort ausschließen konnte – die
Areale sind heute überbaut. Bei den Vorwerken konnte ich auf diesem Weg nur die
rechtsrheinischen Anlagen Treuberg, Seydewitz und Brückenkopf anhand ihrer
Umrisse im Gelände verifizieren. Für die weitere Selektion machte ich mir den
Umstand zu Nutze, dass zumindest die beiden Vorwerke Treuberg und
Seydewitz in Baden-Württemberg liegen: Das Geoportal Baden-Württemberg liefert
erheblich mehr Informationen über ein Gelände als Google Maps, z.B. in Gestalt
von Reliefkarten.
Im Relief sah
das Vorwerk Treuberg am erfolgversprechendsten aus; es sind deutlich Strukturen bzw. Erhebungen erkennbar:
Reliefkarte
des Vorwerks Treuberg
(Datenquelle: Geoportal Baden-Württemberg, www.geoportal-bw.de / LGL, www.lgl-bw.de)
An dieser
Stelle macht es Sinn, auf ein paar historische Bilder zum Vorwerk Treuberg einzugehen:
Diese
Abbildung stammt aus einer Karte, die um 1850 herum gezeichnet wurde. Man
erkennt deutlich ein dreiflügliges Gebäude in der Kehle; der Rest des Vorwerks
scheint aus Erdwällen bestanden zu haben. Die gesamte Anlage war von einem
Graben umgeben.
Das
nachfolgende Schwarzweißfoto zeigt das Gebäude; die Beschriftung „Vorwerk
Treuberg“ in der linken Bildhälfte ist deutlich zu erkennen:
Die Reliefkarte machte Hoffnung, wenigstens noch ein paar Reste des Werks zu finden; leider wurde
aber beim Sprengen und Abtragen der Anlage wirklich ganze Arbeit geleistet. Die
nachfolgenden Fotos zeigen, was heute noch vom Vorwerk Treuberg übrig ist:
Der Originalbelag der Werkszufahrt
Blick in das Werk vom Zufahrtsdamm aus
Die im
Reliefbild sichtbaren Strukturen sind entweder Reste der Erdwälle oder
Trümmerhaufen:
Anhäufung in der westlichen Ecke
Anhäufung in der südöstlichen Werksecke
Die einzigen
Relikte des steinernen Gebäudes, die ich finden konnte, waren Trümmer von
ehemals behauenen gelben Sandsteinblöcken:
Aus einigen
dieser charakteristisch gelben Sandsteinblöcke errichtete die Gemeinde
Rheinsheim auf dem Vorplatz ihrer Kirche ein Denkmal für ihre im 1. Weltkrieg
gefallenen Soldaten.
Das Vorwerk lässt sich mit dem Auto übrigens sehr einfach erreichen: Von Germersheim aus auf der B35 kommend überquert man den Rhein und biegt danach auf die L555 in Richtung Rheinsheim ab. Kurz bevor man den Ort erreicht, zweigt nach links eine schmale Straße namens „Gießgraben“ ab; man folgt ihr bis zum Ende und stellt dort am Damm sein Auto ab. Man überquert den Damm zu Fuß, und bis zum Vorwerk Treuberg sind es von dort aus nur noch wenige Schritte.
Hier eine Übersicht der anderen Beiträge zur Festung Germersheim:
- Neues vom Treuberg
- Die Lünette 83 in Germersheim
- Neues vom Treuberg, Teil 2
- Die Armierungsstellung Germersheim
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