Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es
Pläne, die Festung Ingolstadt durch vorgelagerte Werke zu schützen; es wurden
aber zunächst nur zwei davon realisiert.
Erst 1866 führte der Deutsche Einigungskrieg dazu, dass ein
Gürtel aus Vorwerken mit einem Durchmesser von durchschnittlich 5 km um die
Stadt herum errichtet wurde. Diese Vorwerke waren von sehr einfacher Natur; sie
bestanden aus Erdwällen mit hölzernen Schutzräumen. Auch die drei später
permanent befestigten Außenforts waren zunächst nur als Erdwerke ausgeführt.
Der Vorwerkegürtel mit insgesamt 23 Werken wurde 1867 fertiggestellt.
Der Ausbau der drei genannten Außenforts (Haslang, Max Emanuel, Wrede) zu
permanenten Anlagen fand zwischen 1868 und 1872 statt; die restlichen Erdwerke wurden
nie modernisiert, obwohl sie bis zum zweiten Weltkrieg in militärischem Besitz
blieben.
Beschäftigt man sich heute mit dem Vorwerkegürtel, stellt
man schnell fest, dass kaum eine der Anlagen die 150 Jahre seit ihrer
Errichtung überlebt hat. Hier ein kurzes Resümee:
Nur 2 Werke sind einigermaßen gut erhalten, 6 nur noch
teilweise und von den restlichen 15 ist nichts mehr zu sehen. Etliche der überwiegend
oder teilweise erhaltenen Werke sind in Privatbesitz und können nicht
besichtigt werden.
Das ist eine extrem traurige Bilanz, vor allem wenn man
weiß, dass auch das Schicksal der noch vorhanden Überreste trotz ihres Status
als Bodendenkmal höchst ungewiss ist. So wurde erst vor kurzem die Lagerschanze
7 / Werk Nr. 139 ungeachtet der Intervention der Stadt Ingolstadt eingeebnet,
um Parkplätze für ein Autohaus zu schaffen; Näheres dazu findet sich in diesem Artikel im Donaukurier.
Glücklicherweise hatte ich vor ein paar Tagen Gelegenheit,
mal wieder ein paar Stunden in Ingolstadt verbringen zu können; dafür hatte ich
mir den Besuch des Vorwerkegürtels auf die Agenda geschrieben, solange es dort
noch etwas zu sehen gibt.
Analog meines Besuchs in Germersheim nutzte ich auch diesmal
Reliefkarten zur Ermittlung lohnenswerter Ziele. Der Bayern-Atlas / Geoportal Bayern
stellt ein entsprechendes Tool zur Verfügung; im Gegensatz zum Geoportal Baden-Württemberg
ist es allerdings untersagt, Reliefkartenausschnitte als Bild zu veröffentlichen
– man darf sie nur als iFrame einbetten (ein triftiger Grund dafür erschließt
sich mir ehrlichgesagt nicht).
Von den teilweise erhaltenen Ingolstädter Vorwerken weckte vor allem das
sogenannte Friedenspulvermagazin Oberhaunstadt mein Interesse; der
Reliefkartenausschnitt zeigt warum:
Diese Anlage, auch „Nebenwerk C“ genannt, liegt westlich der
Beilngrieser Straße auf der Höhe von Unterhaunstadt in einem kleinen Wäldchen. Sie
war für 250 Mann Besatzung und 3 Geschütze vorgesehen. Ursprünglich verfügte
sie über ein Kreuzblockhaus, das heute nicht mehr existiert und über dessen
Beschaffenheit bzw. Ausführung ich keine Informationen finden konnte – doch dazu
später mehr.
Der nachfolgende Plan zeigt den ungefähren ursprünglichen Zustand
des Werks. Er ist sicher in vielen Punkten ungenau, hilft aber bei der
Orientierung; ich hoffe, eines Tages auf einen besseren und detaillierteren
Plan zu stoßen.
Bemerkenswerterweise ist die Umwallung mit allen Geschützbänken und Rampen noch fast vollständig vorhanden. Lediglich die beiden südlichen Wallabschnitte links und rechts des
ehemaligen Kreuzblockhauses sind der Länge nach zu ca. einem Drittel abgetragen,
was man vom Werksinneren aus aber nicht bemerkt.
Leider macht es der dichte Baumbewuchs selbst im Winter
unmöglich, den Gesamteindruck der Anlage fotografisch einigermaßen angemessen
darzustellen. Erschwerend kommt dazu, dass die Laubschicht viele Befunde, die
man vor Ort problemlos machen kann, auf Fotos maskiert. Ich habe ungefähr 200
Aufnahmen in den verschiedensten Kameraeinstellungen gemacht, aber kaum eine
ist wirklich ausdrucksvoll geworden. Im Folgenden finden Sie daher jeweils 2
Versionen des gleichen Motivs: Einmal die Aufnahme im Originalzustand, danach in
einer bearbeiteten Version, in der die relevanten Strukturen durch blaue Linien
hervorgehoben sind.
Die erste Aufnahme zeigt die nördliche und die nordwestliche
Geschützrampe; sie wurde vom nordöstlichen Wallabschnitt aus gemacht:
Als nächstes die nordwestliche Geschützplattform mit Rampe:
Und schließlich die Infanterielinie des westlichen Wallabschnitts
in Richtung Süden. Auch hier gibt es eine kleine Rampe, die offenbar als
Aufstieg für die Soldaten diente. In natura sieht man sie deutlich; auf den
Fotos ist sie leider kaum zu erkennen:
Als ganz besonders spannend entpuppte sich die Suche nach Resten
des ehemaligen Kreuzblockhauses. Im Relief (siehe oben) erkennt man deutlich
eine rechteckige Struktur, die ziemlich sicher vom Nordflügel des
Kreuzblockhauses stammt (siehe Plan). Diese Struktur findet man problemlos auch
vor Ort; es handelt sich um einen U-förmigen Graben von ca. 30 – 40 cm Tiefe.
Nachfolgend zuerst die nordöstliche Grabenecke (Blick nach
Süden):
Und hier die nordwestliche Grabenecke (Blick nach Westen):
Auch wenn es sich hierbei mit ziemlicher Sicherheit um eine mit
dem Kreuzblockhaus assoziierte Struktur handelt, ist der Befund alles andere
als klar: Ich hätte allenfalls Fundamentreste erwartet, aber ein Graben? Könnte
es sich bei dem Blockhaus etwa um ein Holzgebäude gehandelt haben?
An einigen Stellen habe ich das Laub auf der
Grabeninnenseite und in dem vom Graben umschlossenen Areal entfernt und bin
dabei durchweg auf Trümmer von Ziegeln und behauenen Steinen gestoßen. An
anderen Stellen fanden sich auch komplette Ziegel und behauene Steine:
Das Kreuzblockhaus scheint also doch ein steinernes Gebäude
gewesen zu sein. Ob es schon 1866 in Stein errichtet wurde oder nach 1868, ist
allerdings unklar, ebenso, wann und warum es abgerissen wurde. Der Hinweis, es
sei „spurlos verschwunden“, den man im Internet hin und wieder findet, stimmt
jedenfalls zum Glück nicht – es gibt immerhin deutlich mehr Spuren als z.B.
beim Vorwerk Treuberg in Germersheim.
Hier nun ein Versuch, den Werksplan mit den vor Ort
gemachten Befunden zu aktualisieren. Legende: rot = nicht mehr vorhanden, blau
= Bodenstrukturen (Gräben oder Erhöhungen) sichtbar
Alles in allem ist das Friedenspulvermagazin Oberhaunstadt
alleine durch seinen hervorragenden Erhaltungszustand ein hochinteressantes
Werk. In einer Zeit, wo nur noch wenige der Ingolstädter Vorwerke übrig sind
und selbst das Schicksal dieser paar wenigen höchst unsicher ist
(siehe Werk 139), hätte es ein solches Juwel verdient, hergerichtet und
unterhalten statt vernachlässigt und sich selbst überlassen zu werden.
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