Dienstag, 12. April 2022

Die Rebbergstellung bei Straßburg

Nach dem Krieg von 1870/71 wurde die Festung Straßburg in etlichen Schritten bis in den ersten Weltkrieg hinein ausgebaut: 

1872 begann man mit dem Bau von insgesamt 14 Forts in 5 – 7km Entfernung zur Stadtumwallung; diese Arbeiten zogen sich bis 1882 hin. Die Brisanzmunitionskrise ließ diese gerade erst fertiggestellten Festungen quasi über Nacht unmodern werden, was ab 1887 zu weiteren Ausbauschritten führte; so wurden die Forts verstärkt und teilweise mit gepanzerten Artilleriebeobachtern ausgerüstet. Bis 1892 errichtete man fünf Zwischenwerke zur Überbrückung der Abstände zwischen einigen Forts. Zwischen den Festungen wurden als Zwischenfeldbauten bombensichere Infanterie-, Artillerie- und Munitionsräume angelegt. Die aus den Festungen ausgelagerte Artillerie wurde zunächst in offenen Artilleriepositionen untergebracht; erst zwischen 1887 und 1892 errichtete man vier 10cm Schirmlafettenbatterien.

Die bereits beschriebene Kirschbaumbatterie als einzige Panzerkuppelbatterie Straßburgs kam 1901/02 dazu, siehe meine Blogbeiträge dazu hier und hier.

Ab 1903 wurden die Höhenzüge westlich von Straßburg mit einer vorgeschobenen Armierungsstellung befestigt, um ihren strategischen Vorteil nutzen zu können. Ab 1904 entstand dort auch die sogenannte Rebberg-Stellung zur artilleristischen Beobachtung der Nordwestfront.

Die I-Räume der Rebbergstellung wurden 1911 begonnen und 1912 zunächst provisorisch fertiggestellt; es ist davon auszugehen, dass ein weiterer Ausbau in den ersten Kriegsjahren stattfand.

Für meinen jüngsten Besuch in Straßburg hatte ich mir eine Erkundung dieser Rebbergstellung auf die Agenda geschrieben. Sie befindet sich ca. 1,5km nordwestlich des Zwischenwerks Baden-Bismarck (Ouvrage Frère-Kleber) bei Oberhausbergen:


Legende:

1 = Rebbergstellung
2 = Zwischenwerk Baden-Bismarck
3 = Stadtumwallung (Enceinte)

Die folgende Karte zeigt den Standort rot umrandet:


(Wichtiger Hinweis: Diese Karte genau wie alle folgenden Luftbilder entstammen der OpenStreetMap-Seite und sind unter der Open-Database-Lizenz verfügbar.)

Viele Informationen waren es ansonsten nicht, die ich bei meiner Vorbereitung nutzen konnte. Am meisten half mir eine Kartendarstellung, die ich im Internet fand, und aus der ich den Stellungsverlauf extrahiert habe:


Man erkennt 4 größere Bunker (die Infanterieräume I 57 und I 58 sowie die beiden Infanteriewerke J I und J III) und ein Grabensystem mit diversen betonierten Schutzräumen („S“) und zwei Bunkern („B“). Vor Ort waren diese Elemente problemlos zu finden:


Die Gräben sind natürlich heutzutage zugeschüttet und im Gelände nicht mehr erkennbar. Sie dürften zumindest in der vorderen Linie ursprünglich einen solchen Verlauf gehabt haben (nicht maßstabsgetreue Prinzipskizze):


Bei archäologischen Ausgrabungen zwischen Enzheim und Geispolsheim (südwestlich von Straßburg) im Jahre 2008 konnte dieser Grabentyp nachgewiesen werden.

Der Grabenverlauf der vordersten Linie lässt sich anhand der ehemaligen betonierten Schutzräume wenigstens grob rekonstruieren. Die nachfolgenden Fotos zeigen diese Schutzräume von Ost nach West:





Alle Schutzräume sind verschüttet; man erkennt allenfalls noch den oberen Teil der 88cm breiten Eingänge:



Wie diese Schutzräume zumindest von außen aussahen, zeigt beispielsweise ein Schutzraum bei Reichstett, der heute komplett oberirdisch liegt; GPS-Daten 48°38'21.3"N 7°45'42.7"E (48.639238, 7.761870). Leider sind die Eingänge verschlossen; aufgrund der Form und der Dimensionen gehe ich von folgendem inneren Aufbau aus (nicht maßstabsgetreue Prinzipskizze):

Von den beiden I-Räumen der Rebbergstellung ist I 57 komplett verschüttet; es liegt nur ein kleines Stück der südlichen Wand frei:

I 58 ist zwar zugänglich, aber augenscheinlich in Privatbesitz. Im Inneren findet sich eine neue Stahltür mit Sicherheitsschloss, weswegen ich von einer näheren Erkundung abgesehen habe:



Die Treppe in den Bunker hinein sowie ihre Blechverkleidung sind mit einiger Sicherheit in neuerer Zeit angebracht worden:


Nun zu den Infanteriewerken. J I ist ebenfalls in Privatbesitz. Der Eingang ist durch einen verschlossenen Schuppen verdeckt; überhaupt sieht man von diesem Bunker kaum etwas:


Im Gegensatz dazu ist J III gut zugänglich. Das Werk verläuft in dem Wäldchen, in dem es liegt, von Nordosten nach Südwesten. Der nordöstliche Zugang ist zwar vom Weg aus schneller erreichbar, aber durch allerlei davor abgelagerten Müll nicht wirklich gut nutzbar:


Der Südwesteingang ist erheblich besser begehbar:



Bevor ich mit Fotos weitermache, ein paar Worte zur Gesamtanlage.

J III mit seinen benachbarten Funktionselementen stellt einen eigenen Infanteriestützpunkt dar. Infanteriestützpunkte dieser Art gab es beispielsweise auch in Köln. Die Seite „Kölner Festungsbauten“ zeigt einige Beispiele; insbesondere der Plan des Infanteriestützpunkts Hermannshof und ein altes Foto des Infanteriestützpunkts Schönrath zeigen deutliche Parallelen zu J III, wobei anzumerken ist, dass der zentrale Bunker von J III keine freiliegende Front hat, sondern mit Ausnahme der beiden Eingangsbereiche komplett unterirdisch ist.

Zu dem Infanteriestützpunkt J III gehören neben den Gräben samt Schutzräumen auch zwei Wachträume, im eingangs gezeigten Plan mit „B“ markiert, hier im Luftbild gekennzeichnet:


Der zentrale Bunker der Anlage dürfte für ca. 120 Mann Besatzung plus Offiziere vorgesehen gewesen sein, ausgehend von einer Belegung von 40 Mann pro Mannschaftskasematte. Er stellt ein für seine Zeit hochmodernes Schutzbauwerk dar mit Unterkunfts- und Lagerräumen, einer Küche, einer Latrine mit großer Abwassergrube und sogar einem Lazarett, alles eingeschossig angelegt. Die Räume wurden über ein Ventilationssystem mit Außenluft versorgt. Über die elektrische Ausstattung kann ich leider keine Aussage machen; einen Generatorenraum konnte ich nicht identifizieren. Eine zentrale Heizung scheint es nicht gegeben zu haben.

An jedem Ende des Bunkers befinden sich zwei über Eck liegende Eingänge mit einer dazwischen positionierten Nahverteidigungsscharte. Die Lochplatten über und neben den Eingängen verbergen die Luftein- und -auslässe für das Lüftungssystem. Die Nische neben dem rechten Südwesteingang (siehe Bild oben) ermöglicht den Zugang zur Abwassergrube.

Nun die Fotos aus dem Inneren, als erstes ein Blick vom Eingangsbereich aus in den zentralen Gang:


Hier die Innenseite des Eingangsbereichs mit zentraler Scharte:


Der erste Raum auf der rechten Seite ist die Latrine mit insgesamt 7 Toilettenschüsseln, was eher für eine Feste dimensioniert zu sein scheint:


Einen guten Eindruck, wie die Latrine ursprünglich ausgesehen haben muss, vermittelt die Latrine der Feste Kaiser Wilhelm II in Mutzig:


Mit Schieber verschließbare Abluftöffnung:


Ein vergleichbares Element aus der Feste Kaiser Wilhelm II …

… und aus der Feste Freiherr von der Goltz (Metz):


Das nächste Foto zeigt einige markante Elemente:


Die Nische zuoberst mit den beiden herausragenden Eisenträgern beherbergte vermutlich einen Lüftungsventilator. Diese Ventilatoren waren an ein offen verlaufendes Rohrsystem angeschlossen und wurden von Hand betrieben; hier ein Beispiel aus der Feste Kaiser Wilhelm II (der rote Pfeil weist auf den Ventilator):


Die Nische unterhalb der Ventilatornische auf dem J III Foto dürfte im Zusammenhang mit dem manuellen Ventilatorantrieb stehen, darunter ist eine verschließbare Zuluftöffnung zu sehen. Hier ein vergleichbares Beispiel aus der Feste Kaiser Wilhelm II:


Blick zurück zum Eingangsbereich:


Der nächste Raum hinter der Latrine ist eine Mannschaftsunterkunft. An der Rückwand erkennt man auch hier die beiden charakteristischen Nischen:


Gegenüber dieses Raums zweigt ein Gang vom Hauptgang ab, der allerdings blind an einer Ziegelmauer endet:


Ein hochinteressanter Raum ist die Küche:


Im hinteren Teil sind zwei kleine Räume abgeteilt. Der linke enthält einen großen Wassertank:


Der rechte Raum dürfte zur Lagerung von Lebensmitteln gedient haben.

Zum Hauptgang hin verfügt die Küche über ein Ausgabefenster:


Was diese Küche aber so bemerkenswert macht, ist die Dimension, in der hier gekocht werden konnte. Die Kochkessel sind zwar demontiert, aber ihre Fundamentreste lassen sich im Schutt auf dem Boden noch gut erkennen:


Insgesamt gab es drei Kochkessel, was der Ausstattung der Festen entsprach, hier am Beispiel Feste Kaiser Wilhelm II in Mutzig und Feste Prinzregent Luitpold in Metz:



Zurück im Hauptgang befindet sich gegenüber der Küche eine Nische, die wohl ein Spülbecken zum Reinigen der Essnäpfe beherbergt hat:


Hier eine vergleichbare Einrichtung aus der Feste Kaiser Wilhelm II:


Die nächsten beiden Räume nach der Küche sind Mannschaftsunterkünfte. Sehr schön zu sehen: Die beiden Nischen für die Lüftung und zwei Zuluftöffnungen in Bodennähe:


Eine weitere Besonderheit der Unterkünfte: Die Soldaten schliefen in Hängematten. Die Haken dienten zur Befestigung dieser Hängematten, auf die darüber herausragenden Metallträger waren Bretter zur Ablage der Ausrüstung montiert:


Wie das in natura vermutlich ausgesehen hat, zeigt eine Unterkunftskasematte der Feste Obergentringen (Thionville).

Blick in Richtung Hauptgang:


Gegenüber der Unterkunftsräume zweigt erneut ein blind endender Gang vom Hauptgang ab, der allerdings deutlich kürzer ist als der andere:


Der letzte Raum hinter den Unterkunftsräumen ist das Lazarett. Genau wie die Latrine am anderen Ende des Bunkers weist auch dieser Raum eine schräge Wand auf:


Eine Erklärung für diese schrägen Wände habe ich leider nicht. Auf der Außenseite verlaufen die Bunkerwände rechtwinklig:


Weitere Impressionen des Lazarettraums:



Nahaufnahme der Abluftöffnung zum Hauptgang hin:


Das Lazarett hat auch eine Schießscharte. Des Rätsels Lösung: Nahverteidigung des Eingangsbereichs!


Dem gleichen Zweck diente auch an diesem Bunkerende eine zentrale Schießscharte zwischen beiden Eingängen:



Abschließend ein Blick zurück in den Hauptgang:


Aus der Erinnerung heraus, unterstützt durch die Fotos, habe ich folgende nicht maßstabsgerechte Prinzipskizze erstellt, die sicher in vielen Aspekten verbesserungsbedürftig ist:


    Legende:
1         Nordosteingang
S         Schießscharte
2         Lazarett
3         Wachpostenraum? (*)
4         Stichgang
5         Mannschaftsunterkunft
6         Mannschaftsunterkunft
7         Küche
8         Nebenraum mit Wassertank
9         Lagerraum für Lebensmittel
10       Offiziersunterkunft mit Telegrafenstation (*)
11       Mannschaftsunterkunft
12       Stichgang
13       Wachpostenraum? (*)
14       Latrine
15       Südwesteingang

(*) Den rot gekennzeichneten Räumen 3, 10 und 13 habe ich vor Ort weniger Beachtung geschenkt und sie leider auch nicht fotografiert; das wird
     Gegenstand eines weiteren Besuchs sein.

Neben den beiden asymmetrischen Räumen an den Bunkerenden bereiten mir auch die vom Hauptgang abzweigenden Stichgänge Interpretationsprobleme: Durch ihre unterschiedliche Länge ergibt sich theoretisch eine Asymmetrie des gesamten Bunkers. Das scheint mir unplausibel, von außen verifizieren konnte ich es leider nicht.

Es ist zu vermuten, dass beide Gänge dazu dienten, das Werk zu erweitern, was dann im Verlauf des Krieges nicht mehr realisiert wurde. Dafür würde auch die Überdimensionierung von Küche und Latrine sprechen. Bei meinem nächsten Besuch werde ich nach weiteren Hinweisen suchen, die diese Hypothese belegen – oder aber widerlegen.

Abschließend vollständigkeitshalber noch einige Fotos der beiden Wachträume, beginnend mit dem nördlich gelegenen, leider komplett verschüttet:


Auch der südliche Wachtraum ist verschüttet:


Von Nahem erkennt man zumindest die Oberkante des Eingangs:


Fazit der kurzen Exkursion: Der Infanteriestützpunkt J III ist definitiv mindestens einen weiteren und ausführlicheren Besuch wert. Themen dieses Besuchs werden sein:
- Verifizierung der Hypothese einer möglichen Erweiterung von J III
- Erkundung der Stichgänge: Warum die unterschiedliche Länge?
- Erkundung der schrägen Wände von Latrine & Lazarett; verbergen sich dahinter eventuell weitere Räume?
- Suche nach Resten der Elektroversorgung: Generator? Stromleitungen? Steckdosen, Lichtschalter?
- Untersuchung und Dokumentation der Räume 3, 10 und 13

Schade, dass Straßburg so weit weg ist …

Hinweis: Einen kurzgefassten Bericht über eine Straßburg-Exkursion 2014 gibt es hier.



Sonntag, 20. Februar 2022

Das Nebenwerk E / Werk-Nr. 129 am Baggersee Oberschütt

Das Nebenwerk E liegt südwestlich von Ingolstadt am Nordufer des Baggersees Oberschütt. 
Es wurde wie die anderen Werke des Vorwerkgürtels von Ingolstadt 1866 während des Deutschen Einigungskriegs errichtet. Wie die anderen Werke handelte es sich auch hier um ein passageres Feldwerk ohne gemauerte Einrichtungen: Erdwälle mit 2 Splitterschutzbänken umgaben einen Werkshof mit hölzernen, erdgedeckten Schutzräumen; das Ganze war von einem Wassergraben umgeben:
Hinweis: Allgemeines über den Vorwerkgürtel und seinen Erhaltungszustand hatte ich im Artikel über das Friedenspulvermagazin Oberhaunstadt berichtet.

Meinen Besuch im Dezember 2021 hatte ich wie üblich mit Hilfe einer Bodenreliefaufnahme vorbereitet:


Der Erhaltungszustand schien ähnlich zu sein wie in Oberhaunstadt: Die Wälle noch leidlich erhalten, die Infrastruktur verschwunden. 

Was ich vor Ort vorfand, ließ sich fotografisch leider nur schlecht dokumentieren. Wälle, Rampen, Geschützplattformen und Infanteriebänke sind im Vergleich zu Oberhaunstadt deutlich „verwaschener“, aber im Gelände noch gut nachvollziehbar. Die ehemals hölzerne Infrastruktur ist nur noch rudimentär erkennbar, auch die beiden Splitterschutzbänke sind verschwunden.
Die folgende Abbildung zeigt die Blickrichtungen der Aufnahmen:
Im östlichen Wall befindet sich ein Durchbruch (Pfeil), der wahrscheinlich angelegt wurde, als das Werk noch als Parkplatz genutzt wurde, um es Fußgängern zu erleichtern, zum Baggersee zu kommen:


Blick auf den südlichen Wall. Der Umgang für die Soldaten ist gut zu erkennen:


Südwestlicher Wall. Links im Bild war ursprünglich eine Splitterschutzbank:


Geschützplattform in der Spitze zwischen südwestlichem und westlichem Wall. In natura gut erkennbar, auf dem Foto leider nicht:


Geschützplattform in der Spitze zwischen westlichem und nordwestlichem Wall. Auch hier in natura gut erkennbar, auf dem Foto nicht:


Blick in Richtung Süden. Gut erkennbar: Der Übergang (Pfeil) zwischen dem höheren südlichen Wall und dem niedrigeren, da nicht feindseitigen, östlichen Wall.


Das folgende Foto wurde in Achsrichtung des zentralen Schutzraums aufgenommen. Sowohl in der Bodenreliefdarstellung als auch vor Ort sind niedrige Strukturen erkennbar; auf dem Foto kann man sie allenfalls erahnen:


Blick auf den nordwestlichen Wall. Im übernächsten Foto ist der Umgang mit einer roten Linie markiert:



Der nordöstliche Wall fehlt übrigens völlig.
Abschließend eine Aufnahme des Werkshofs; links der östliche Wall, rechts der ehemalige zentrale Schutzraum:


Zusammenfassend ist der Erhaltungszustand angesichts des Umstands, dass das Areal bis vor einiger Zeit als Parkplatz genutzt wurde, noch erstaunlich gut.

Im Folgenden habe ich versucht darzustellen, was heute noch zu sehen ist. 
Rot = verschwundene Elemente
Blau = noch erkennbare verflachte Reste

Dass das Nebenwerk E vom Bewuchs befreit und für Besucher hergerichtet wird, wage ich gar nicht mehr zu hoffen; was ich aber hoffe ist, dass es nicht das Schicksal des Lagerwerks 7 ereilt.


Sonntag, 13. Februar 2022

Der Munitionsraum II in Etting

Letzten Dezember erreichte mich über ein Rundschreiben des Fördervereins Bayerische Landesfestung Ingolstadt die Information, dass die Überreste des ehemaligen Munitionsraums II in Etting vor dem Abriss standen (geplant für Januar oder Februar 2022). Sie standen nicht unter Denkmalschutz und sollten einem Mehrfamilienhaus weichen.

4 Tage nach Erhalt dieser alarmierenden Nachricht fuhr ich nach Ingolstadt, um die Reste wenigstens noch fotografisch zu dokumentieren. Angesichts der Kürze der Zeit konnte ich keine Betretungserlaubnis des Grundstücks erwirken (die Ruine liegt neben einem Wohnhaus auf einem Privatgrundstück) und musste mich mit Distanzaufnahmen aus Süden und Osten begnügen.

Wie üblich an dieser Stelle zuerst ein Blick auf das Bodenrelief:

Es gibt eigentlich kaum etwas zu erkennen, was sich dann auch in der Realität manifestierte.

Hier der obligatorische grobe Orientierungsplan:


Auch an dieser Stelle sei auf den detaillierteren Plan eines typischen Ingolstädter Munitionsraums in meinem Blogbeitrag über den Munitionsraum II bei Großmehring verwiesen.

Hier zunächst ein paar Aufnahmen aus südlicher / südöstlicher Richtung:







Und hier von Osten:

Es wäre interessant gewesen, die Abrissarbeiten vor Ort zu verfolgen, um zu sehen, was sich unter dem Hügel befand, aber das war mir leider durch die Entfernung und meinen zeitintensiven Beruf nicht möglich.


Sonntag, 23. Januar 2022

Der Munitionsraum I bei Wettstetten

Im Dezember 2021 stattete ich der Nordwestecke des äußeren Festungsgürtels der Bayerischen Landesfestung Ingolstadt ab, um einige der dortigen Kleinwerke in Augenschein zu nehmen. Erstes Ziel war der Munitionsraum 1 bei Wettstetten; bereits die Reliefdarstellung ließ erahnen, dass vor Ort außer einem Trümmerfeld nicht viel zu erwarten sein würde:

Die Reste des Munitionsraums liegen südlich des Wettstettener Ortsteils Adlmannsberg in einem Gebiet, das großflächig als Bodendenkmal klassifiziert ist. Außer dem Munitionsraum selbst befinden sich hier eine Siedlung der Latènezeit und der römischen Kaiserzeit sowie  Gräber der Schnurkeramik.
Dieser grobe Plan diente mir zur Orientierung vor Ort:


Ein detaillierterer Plan eines typischen Ingolstädter Munitionsraum ist in meinem Blogbeitrag über den Munitionsraum II bei Großmehring abgebildet.

Vor Ort wie zu erwarten nur Sprengtrümmer; Sicht von der Straße aus:


Detailansichten:







Fazit: Der M-Raum I ist zwar leicht zu finden und begehbar, es gibt aber kaum Interessantes zu sehen. Um in die Ruinen zu kommen, macht man zwangsläufig unliebsame Bekanntschaft mit dem umgebenden klebrigen Schluffboden, der sich um die Stiefelsohlen herum zu immer größeren Schollen aufbaut:


Es empfiehlt sich also, den M-Raum im Winter aufzusuchen, wenn der Boden gefroren ist.

Sonntag, 9. Januar 2022

Update zur Hülker Schanze

In meinem letzten Beitrag hatte ich die Vermutung angestellt, das das baumbestandene Gebiet bei den Koordinaten 54.284080317406776, 8.79374612899342 der Standort der ehemaligen Hülker Schanze sein könnte. Ende Dezember hatte ich Gelegenheit, das Areal vor Ort in Augenschein zu nehmen.

Vom Fahrweg längs des Süderdeichs zweigt hier die Straße "Hülk" ab. Auf beiden Seiten dieser kurzen Sackgasse befinden sich bebaute Privatgrundstücke, so dass eine Begehung leider nicht in Frage kam. Es fiel jedoch sofort auf, dass keinerlei Wälle oder auch nur Erderhebungen sichtbar sind. Sollte sich hier wirklich die Hülker Schanze befunden haben, wurde alles gründlich eingeebnet.

Der Digitale Atlas Nord zeigt in dieser Darstellung sowohl die Grundstücksgrenzen als auch den Gewässerverlauf. 

Zwischen dem Fahrweg Süderdeich und dem Areal um die Straße Hülk verläuft der Vollerwieker Sielzug. Wann er angelegt wurde, konnte ich noch nicht herausfinden. In der Kartendarstellung 1932 - 1950 ist er nicht erkennbar; mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit gab es ihn zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges noch nicht.

Laut der 1886 von Franz Geerz gezeichneten Karte „Historische Karte von Dithmarschen, Eiderstedt, Helgoland, Stapelhorn, d. Wilster-Marsch, den Ämtern Hanerow u. Ritzebüttel, sowie vom nördlichen Theile der Lande Kehdingen, Hadeln u. Wursten“ (Quelle: Königlich-dänische Bibliothek) hatte die Hülker Schanze 4 Bastionen. Die beiden deichseitigen Bastionen könnten dem Sielzug und dem Fahrweg Süderdeich zum Opfer gefallen sein.

Zumindest für eine der beiden anderen Bastionen gibt es aber deutlichere Anhaltspunkte. Auf der Karte fällt vor allem die westliche Ecke des baumbestandenen Areals auf:

Hier habe ich den fraglichen Verlauf rot markiert:

Im markierten Bereich ist das Gebiet vollständig von einem Graben umgeben, hier von der Südecke zu erkennen:

Nachfolgend ist die Sichtachse des Fotos in der Karte markiert:

Weitere Impressionen:


Es ist durchaus zu vermuten, dass es sich bei dem in der obigen Karte rot markierten Areal um die westliche Bastion der ehemaligen Hülker Schanze handelt. Beweisen kann ich es allerdings leider (noch) nicht.

Übersicht der Blogbeiträge zur Batterie St. Peter: