Samstag, 12. Oktober 2019

Die Forte di Monte Ercole


Nördlich des Ortes Gemona, oberhalb des Tagliamento-Tals, liegt die Forte di Monte Ercole, die aufgrund ihrer Nähe zum Ortsteil Ospedaletto auch Forte di Ospedaletto genannt wird.
Sie gehörte zusammen mit den Festungen Osoppo und Monte Festa zum Verteidigungsabschnitt Alto Tagliamento / Fella und diente zur Überwachung des Durchgangs zwischen den Bergen Cuarnan und Chiampon, der Senke „Sella Foredor“.
Die Werksstraße wurde 1904 -1906 angelegt, die Festung zwischen 1906 und 1909. Sie verfügte als Primärbewaffnung über vier Geschütze 149A unter drehbaren Armstrong-Panzerkuppeln; ihre Sekundärbewaffnung bestand aus einigen Gardner Maschinengewehren im Kaliber 10.35.

Diese Abbildung zeigt das Prinzip der Armstrong-Panzerkuppeln:




Die Funktionselemente der Festung sind entlang einer Serpentine auf 2 Ebenen angeordnet:
Im unteren Teil befinden sich das Werktor, ein Wachgebäude, ein großes Unterkunftsgebäude, zwei Ladewerkstätten und die Eingänge zu 3 Kavernenmagazinen für die Munitionslagerung. Ein großer Vorplatz zum oberen Werksteil bildet die Wegkehre; dort befindet sich ein zweiter Werkszugang sowie ein Magazingebäude.

Hier ein Plan des oberen Werksteils.
Legende:
1     Geschützbatterie
2     Infanteriegalerie
3     Ausfallkoffer
4     MG-Kaponniere
5     MG-Bunker
6     Offiziersunterkunft
7     Zisterne
8     Küche
9     Magazine


Der obere Werksteil verfügt über ein eigenes Zugangstor, das durch einen charakteristischen Maschinengewehrbunker abgesichert ist; auf gleicher Höhe liegt auch der Küchentrakt.

Ein Blick in einen der Küchenräume:


Blick vom Vorplatz hinunter zu den Kavernenmagazinen und Ladewerkstätten. Im oberen Bildteil erkennt man den MG-Bunker, der den Zugang zum oberen Werksteil absichert; am rechten Bildrand die Auffahrt zum oberen Werksteil:



Die nächsten beiden Aufnahmen zeigen den MG-Bunker von außen und von innen:



Es folgt ein innerer Hof mit der Offiziersunterkunft und einer Zisterne und zuletzt die eigentliche Batterie.

Hier eine Aufnahme der Offiziersunterkunft; die dichte Vegetation macht ein Betreten unmöglich. Im Hintergrund zweigt halbrechts der Weg zur Batterie ab:


Die Unterkunftsgebäude bestehen aus Steinen und Ziegeln, wohingegen die Batterie selbst aus nicht-armiertem Beton errichtet wurde. Die 4 Geschützbrunnen sind entlang eines geraden Ganges in der Batterie angeordnet; es gibt insgesamt 7 Munitionsräume. An beiden Enden des Ganges befinden sich Belüftungsöffnungen.

Der Weg zur Batterie:



Der Hauptkorridor der Batterie, aufgenommen durch die südöstliche Belüftungsöffnung:


Auf dem Batteriedach. Die Geschützbrunnen sind mit Beton verfüllt und mehr zu ahnen als zu sehen:


Als Besonderheit ist der obere Werksteil zu ca. zwei Dritteln von einer gedeckten Infanteriegalerie umgeben, die über eine Maschinengewehr-Kaponniere, einen Ausfallkoffer und 6 Zugänge verfügt. Bei meinem Besuch im Juni 2019 fand ich im Inneren des Gangs neben einem der Zugänge ein Bleistift-Graffiti eines Soldaten, wie man sie in italienischen Festungen häufiger antrifft. Die Forte di Monte Ercole verfügt den Quellen nach über etliche solcher Graffitis, die sich mir aber leider nicht erschlossen, da die meisten Gebäude und Räume nicht betreten werden konnten.

Zugang zur Infanteriegalerie neben der Küche:


In der Infanteriegalerie:


MG-Kaponniere in der Infanteriegalerie:


Graffiti in der Infanteriegalerie; man erkennt deutlich die Jahreszahl 1912:


Zur Geschichte der Anlage:

Nach der Niederlage von Karfreit im ersten Weltkrieg wurde das Fort nicht eingesetzt, um den deutsch-österreichischen Vormarsch zu bremsen. Stattdessen wurden die Geschütze bereits am 27. Oktober 1917 ausgebaut und an den Tagliamento gebracht; am nächsten Tag erging der Befehl, die Festung zu sprengen, um sie den Österreichern nicht in die Hände fallen zu lassen. Die Sprengung erfolgte am Nachmittag des 29. Oktobers.

An sich ist die Forte di Monte Ercole eine höchst beeindruckende Anlage in einem – trotz der Sprengung - ausgezeichneten Erhaltungszustand; zwei Umstände beeinträchtigen das positive Bild allerdings deutlich:
Da wäre zum einen der geradezu inflationäre Gebrauch von Verbotsschildern zu nennen, der sich speziell für die Wahl von Fotomotiven als starke Beeinträchtigung erwiesen hat. Man kann eigentlich keins der Gebäude fotografieren, ohne ein störendes „Betreten verboten“-Schild in der Optik zu haben (siehe Foto der Offiziersunterkunft weiter oben). In dieser Quantität habe ich das bei noch keiner anderen Anlage erlebt, nicht einmal in Deutschland – und das will etwas heißen!
Zum anderen vergällt einem der Umstand die Freude, dass gerade die interessanten Teile der Anlage verschlossen sind: Die Kavernenmagazine, die Geschützbatterie, selbst der Wachraum vor der Batterie und die größere der beiden Lüftungsöffnungen sind mit Gittern und Vorhängeschlössern gesichert.

Hier das Schoss am Zugang zur Geschützbatterie:


Ich weiß leider nicht, wer dafür verantwortlich ist, aber ich würde den Zuständigen einen Besuch der Forte di Osoppo empfehlen, die sehr eindrucksvoll zeigt, dass man eine Festung auch für Besucher offen lassen kann, ohne jemanden zu gefährden.

Abschließend ein paar Tipps zur Anreise. Man kann auf zwei Wegen zur Festung gelangen:

1)   Vom Ortszentrum Gemona aus fährt man in Richtung des Ortsteils Ospedaletto und nimmt hier die Via Priorato. Man folgt ihr (sie wird irgendwann zur Via del Lago) unter der Eisenbahn hindurch an einem Holzzaun entlang, an dessen Ende man sich rechts hält, bis man an eine Weggabelung kommt, wo die aus der Gegenrichtung kommende Via Monte Ercole nach links abbiegt. Es handelt sich hierbei um die alte Werksstraße, die nicht wirklich gut befahrbar ist und auch gar nicht befahren werden darf; man stellt das Auto daher am besten an der Gabelung ab und geht zu Fuß weiter.

2)   In Gemona zweigt von der nach Norden führenden Via Gjamparis rechts die Via Monte Ercole ab – die Abzweigung ist allerdings etwas schwer auszumachen. Man folgt der Via Monte Ercole u.a. am Lago Minisini vorbei bis zu dem oben beschriebenen Punkt, wo sie auf die Via del Lago trifft und – aus dieser Richtung nach rechts – abbiegt.

Mein persönlicher Favorit ist (da landschaftlich schöner) Weg Nummer zwei.

Folgt man nun der Via Monte Ercole zu Fuß bergauf, stößt man nach ca. 500 Metern rechterhand auf die Ruinen eines vorgelagerten Wachgebäudes, das speziell im Sommer in der dichten Vegetation kaum zu erkennen ist. Nach weiteren 400 Metern steht man vor dem Werktor:




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