Sonntag, 11. August 2024

Clifford's Fort in North Shields, Northumberland

Fährt man mit der Fähre Amsterdam – Newcastle in den Tyne ein, muss man schon sehr genau hinsehen, um all die Befestigungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts zu erkennen, die zur Verteidigung der Tynemündung dienten. In der Reihenfolge des Vorbeifahrens sind das:

  • Die Kitchener Battery. Sie fiel wie bereits ausgeführt einem Steinbruch zum Opfer und ist von See aus nicht mehr zu erkennen. 
  • Gleiches gilt für die Frenchman’s Point Battery, die vollständig übererdet wurde. 
  • Das Versenkgeschütz auf dem Trow Point sieht man recht gut, wenn man weiß, wo man schauen muss; es diente allerdings nie der Verteidigung, sondern war ein Versuchsgeschütz. 
  • Der Feuerleitstand der Tyne Turrets ragt deutlich über die Wohnhäuser an der Straße Percy Gardens empor. 
  • Tynemouth Castle ist heute eine Ruine; seine Küstenbatterieelemente aus dem späten 19. Jahrhundert sind von See aus ebenfalls unsichtbar. Auch hier gilt: Man muss wissen, wo man schauen muss – dann erkennt man wenigstens das 6-Zoll-Geschütz der Batterie. 
  • Die vorgelagerte Spanish Battery wurde als Naherholungsbereich umgestaltet, wodurch der Batteriecharakter völlig verloren ging.

All diese Elemente sind dem fortifikatorisch Interessierten gemeinhin bekannt, aber es gibt noch eine weitere Festung, die ein eher unbeachtetes Dasein fristet: Clifford’s Fort in North Shields.

Legende:

1 = Tynemouth Castle
2 = Spanish Battery
3 = Clifford’s Fort

Ich weiß, dass ich mich wiederhole: Auch in diesem Fall muss man wissen, wo man schauen muss – oder erkennt hier jemand ein Fort?

Clifford’s Fort ist im Ursprung eine recht alte Anlage, wenngleich auch nicht so alt wie Tynemouth Castle. Nachdem man 1636 befunden hatte, dass Tynemouth Castle zur Verteidigung der Tynemündung ungeeignet war, beschloss man, an der ca. 1,4 km flussaufwärts gelegenen Engstelle des Tyne eine Batterie zu errichten. Zunächst bestand diese Batterie lediglich aus Gabionen mit dazwischen positionierten Geschützen. Nachdem sie 1644 von den Schotten zerstört worden war, führten die englisch-holländischen Kriege zur Errichtung einer Festung im Jahr 1672, benannt nach Sir Thomas Clifford, dem 1. Baron Clifford of Chudleigh. Das Fort verfügte über ein zentrales Reduit und war zunächst auf der Flussseite mit 20 20-Pfündern und 10 10-Pfündern bewaffnet.

Ein Fort aus dem 17. Jahrhundert ist natürlich wirklich nicht im Scope meines Festungsblogs, weswegen ich hier nicht auf seine Geschichte bis zum 19. Jahrhundert eingehe. Das Fort erfuhr in dieser Zeit etliche Umgestaltungen; wer sich dafür interessiert, dem empfehle ich die Lektüre des entsprechenden Wikipedia-Artikels

Die für mich interessanteste Phase der Geschichte des Forts beginnt 1881. Im Februar dieses Jahres erklärte ein Unterausschuss des Verteidigungsausschusses, der die Verteidigungsanlagen der Tynemündung untersucht hatte, Clifford’s Fort für obsolet. Im darauffolgenden Jahr empfahl der Ausschuss des Unterstaatssekretärs des Kriegsministeriums das Fort als Standort eines neu zu gründenden Anti-U-Boot-Minen- und Signalkorps. Es dauerte jedoch bis 1888, bis die „Tyne Division Royal Engineers (Volunteers), Submarine Miners“ mit 9 Offizieren und 180 Mann das Fort bezog.

Der Tyne spielte damals eine wichtige Rolle für die Verschiffung von Kohle und den Schiffsbau; flussaufwärts stellten die Elswick Works bei Newcastle Geschütze und Munition her. Die Tynemündung musste also vor dem Eindringen feindlicher Schiffe und U-Boote geschützt werden.  Entsprechend sollten die Tyne Division Royal Engineers (Volunteers), Submarine Miners  ein Minenfeld in der Flussmündung anlegen und betreuen. Damit Clifford’s Fort seine neue Aufgabe als Standort dieser Einheit wahrnehmen konnte, musste es erheblich umgestaltet werden:

Die meisten der alten Gebäude wurden abgerissen; die Geschützscharten der flussseitigen Batterie wurden verschlossen. Die äußere Verteidigungsline wurde mit sogenannten „Boundary Stones“ (Grenzsteinen) gekennzeichnet. Im Nordteil des Forts entstanden neue Gebäude als Werkstätten, Technikgebäude und zum Laden und Lagern der Minen. Mit Hilfe einer 45cm-Schmalspurbahn konnten die geladenen Minen von den Lagergebäuden zum Pier transportiert werden, um dort auf Boote geladen zu werden. In der Südostecke des Forts wurde ein Tor für diese Schmalspurbahn angelegt.

Die Minen wurden mit Hilfe von Unterwasserkabeln elektrisch von Land aus gezündet; die entsprechenden Kabel wurden in drei unterirdischen Kabeltanks an der Ostseite des Forts gelagert. Das zweigeschossige Technikgebäude (Nr. 1 auf dem folgenden Plan) hatte einen Beobachtungsposten auf dem Dach, von dem aus die Annäherung feindlicher Schiffe beobachtet werden konnte, um die Minen im richtigen Augenblick zünden zu können.

Zur Nahverteidigung wurde direkt neben dem Tor für die Schmalspurbahn eine Batterie mit zwei 6-Pfünder Schnellfeuergeschützen samt Infrastruktur eingerichtet. Der Fortgraben wurde an dieser Stelle zu einem Glacis aufgeschüttet. Zur Bewaffnung des Forts gehörten außerdem noch zwei Maschinengewehre; zwei Suchscheinwerfer vervollständigten die Ausstattung.

1896 sah das Fort so aus:

  1 Technikgebäude mit Aussichtsplattform (1984 abgerissen)
  2 Werkstätten
  3 Lager für geladene Minen
  4 Ladewerkstätten
„Cable Tank“ = Erdtanks für die Zündkabel
  5 Ehemalige flussseitige Batterie
  6 Mannschaftsquartiere
  7 Drillschuppen (1985 abgerissen)
  8 Lager (1983 abgerissen)
  9 Magazine für die 6-Pfünder Batterie
10 Old Low Light (Leuchtturm bis Anfang des 19. Jahrhunderts)
11 6-Pfünder Batterie
12 Tor für die Schmalspurbahn
13 Unterkunft f. verheiratete Soldaten (nach 1970 abgerissen)
14 Unterkunft f. verheiratete Soldaten (1973 abgerissen; ehemaliges Haus des Master Gunners)

Die meisten Gebäude existieren heute nicht mehr; das jeweilige Abrissdatum ist in der Legende vermerkt.

Um einen Eindruck zu vermitteln, welche Infrastrukturelemente heute verschwunden sind, habe ich den obigen Plan und einen aktuellen Plan des Forts übereinandergelegt:

Blau = Status von 1896
Rot = Heutiger Status

1904 ordnete das Komitee für die Imperiale Verteidigung an, die Minenverteidigung in die Hände der Royal Navy zu übergeben. Die Tyne Division Royal Engineers (Volunteers) Submarine Miners befassten sich in Folge ausschließlich mit elektrischen Suchscheinwerfern. Bis 1907 wurden alle für den Minenservice notwendigen technischen Installationen entfernt und teilweise verkauft. Die 6-Pfünder Geschütze wurden vermutlich in dieser Zeit demontiert.

Die “Tyne Division Royal Engineers (Volunteers) Submarine Miners” benannte man in “Tyne Division Royal Engineers (Volunteers) Electrical Engineers” um und integrierte sie in Form von dezentralen lokalen Einheiten in Kompaniestärke in die reformierten territorialen Streitkräfte. 

1911 wurden alle Kompanien der Electrical Engineers im Bereich des Tyne wieder unter dem Namen „Tyne Electrical Engineers R.E.“ vereinigt. Cliffords Fort war Verwaltungshauptquartier und Rekrutierungszentrum dieser Einheit und behielt diese Rolle auch nach Kriegsausbruch. Nach dem Bombardement von Scarborough, Whitby und Hartlepool durch die Kaiserliche Marine am 16.12.1914 wurde an der Engstelle des Tyne ein bewegliches Anti-U-Boot-Netz installiert; die Royal Navy verlegte außerdem in Zusammenarbeit mit den Tyne Electrical Engineers ein Minenfeld, zu dessen Schutz eine QF 12-Pounder Batterie außerhalb des Forts errichtet wurde.

Anfang 1915 wurde eine neue Einheit mit dem Namen „Royal Marine Submariners“ gegründet, um die Expertise in Bezug auf Anti-U-Boot-Minen wieder zu zentralisieren. Viele ehemalige Volunteers Submarine Miners wurden zu dieser Einheit einberufen. Ihr Hauptquartier war Cliffords Fort, von wo aus die meisten britischen Seehäfen betreut wurden. Das Fort diente außerdem als Rekrutierungs- und Trainingszentrum.

Nach dem Krieg verlor das Fort als militärische Einrichtung schnell an Bedeutung; am 12. Mai 1928 verließen die letzten Soldaten das Fort. Die Tynemouth Corporation erwarb das Areal und konnte so ihren Fischverarbeitungsbetrieb am Fish Quay erweitern. 

Im 2. Weltkrieg spielte Cliffords‘ Fort erneut eine kurze militärische Rolle. Die 12-Pfünder Batterie von 1914 wurde 1940 mit neuen Geschützen und Suchscheinwerfern bestückt, als Haus getarnt und als Notfall-Küstenbatterie zum Schutz vor Torpedobooten in Betrieb genommen. Bereits 3 Jahre später war sie allerdings nicht mehr in Gebrauch und wurde schließlich im Mai 1944 wieder abgebaut. Anekdote am Rande: Am 10. April 1941 zerstörte eine deutsche Fliegerbombe den Bootshangar der britischen Seenotrettung (RNLI) östlich des Forts. Man nimmt an, dass das eigentliche Ziel die benachbarte 12-Pfünder Batterie war:

In den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg wurde das Fort wieder einmal erheblich umgestaltet. Aus verkehrstechnischen Gründen, aufgrund von Statikproblemen und um Platz für Fischverarbeitungs- und Kühllagerungseinrichtungen zu schaffen, wurden etliche Gebäude und Mauerteile abgerissen und viele neue Gebäude auf dem Fortgelände errichtet. Der Festungsgraben wurde aufgefüllt und die Kontereskarpenmauer größtenteils abgetragen.

Erst in jüngster Vergangenheit entfernte man die meisten Einrichtungen der Fischverarbeitungsindustrie wieder und versetzte das Fort mit Ausnahme der abgerissenen Elemente wieder in seinen früheren Zustand; in diesem Zuge wurden auch die Geschützscharten der flussseitigen Batterie wieder geöffnet.

Ich habe diesen geschichtlichen Abriss bewusst knapp gehalten und Details zu den militärischen Einheiten im Fort weggelassen, da mich hauptsächlich die fortifikatorischen und artilleristischen Aspekte interessieren. Bei meinem Besuch im Mai dieses Jahres habe ich mich entsprechend auf 3 Aspekte fokussiert:

- Die War Department Boundary Stones
- Die 6-Pfünder Batterie des späten 19. Jahrhunderts
- Die 12-Pfünder Batterie von 1914

Bevor ich dazu in die Details gehe, möchte ich erst anhand einiger Fotos einen Eindruck des heutigen Zustands von Clifford’s Fort vermitteln.

Die flussseitige Batterie ("Riverside Battery"):


Südliche Eskarpe und Kontereskarpe:

Old Low Light aus Süden und Nordwesten:


Old Low Light von Osten. Bis zur Errichtung des New Low Lights außerhalb des Forts diente das Gebäude als Leuchtturm; Die östliche Wand wurde anschließend schwarz gestrichen, um eine Verwechslung mit dem neuen Leuchtturm zu vermeiden!)

New Low Light (Leuchtturm; 1807 – 1810 außerhalb des Forts erbaut):

Musketenscharten neben dem Old Low Light; in der Ecke war ursprünglich ein kleiner Wachturm:

Soldatenquartiere, Hofseite:

Soldatenquartiere, Rückseite:

Ladewerkstätten:

Lager für geladene Minen (Loaded Mine Store):

Minenlager und Werkstätten:

Das ehemalige Werkstattgebäude. Der futuristische Aufbau aus Holz, Glas und Stahl ist meines Wissens ein Ferienhaus:

Kommen wir nun zu den War Department Boundary Stones. 

Boundary Stones - militärische Grenzsteine - dienten dazu, die Außengrenzen von militärischen Liegenschaften zu kennzeichnen. Sie waren vom Ende des 18. Jahrhunderts bis nach dem 2. Weltkrieg in Gebrauch, wurden jedoch nicht durchgängig eingesetzt: Manchen Standorte haben sie, andere nicht.

Es gab sie in unterschiedlichen Ausführungen, denen eins gemeinsam war: Die Abbildung des Broad Arrows, einer stilisierten Pfeilspitze, mit der seit dem 14. Jahrhundert das Eigentum der Krone oder der Regierung gekennzeichnet wurde.


Nach 1855 wurde der Pfeil um das Kürzel „WD“ (War Department) ergänzt.

Cliffords Fort verfügte 1896 über 16 durchnummerierte Boundary Stones, von denen die meisten heute verschwunden sind:

In der Literatur habe ich die Angabe gefunden, die Steine 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12 und 15 seien noch vorhanden; diese Angabe kann ich nur teilweise bestätigen. Die Farben im Plan repräsentieren das Ergebnis meiner Untersuchungen vor Ort:

Rot = Boundary Stone an der Originalstelle
Blau = Boundary Stone an einer anderen als der ursprünglichen Stelle
Gelb = Verschwundener Boundary Stone

Beginnen wir mit den noch an der Originalstelle vorhandenen Steine:

Nr 8:

Nr. 9:

Nr. 10:

Nr. 11:

Stein Nummer 7 wurde irgendwann versetzt und befindet sich nun vor der Ostseite von Old Low Light:

Auch die Steine 15 und 16 (heute an der Nordwand des ehemaligen Werkstattgebäudes) befinden sich nicht mehr an ihrem ursprünglichen Platz:


Alle anderen Boundary Stones konnte ich nicht finden und gehe davon aus, dass sie heute verschwunden sind. An der Stelle, an der Stein Nr. 12 sein müsste, gibt es einen Stein, der allenfalls die Größe eines Boundary Stones hat; einen Broad Arrow, eine Nummer oder das Kürzel „WD“ konnte ich nicht erkennen. Die nachfolgenden Fotos stammen von Google Street View:


Zusammengefasst noch einmal die Position der verbliebenen Boundary Stones, dargestellt im Luftbild:

Kommen wir nun zur 6-Pfünder Batterie.

Wenn man weiß, wo man zu suchen hat (siehe oben), kann man die Batterie von der Fähre Amsterdam-Newcastle aus sehen. Das folgende Foto habe ich mit dem Digitalzoom einer Canon G7X Mark III gemacht:

Was das Foto vermuten lässt, bestätigt sich leider vor Ort: Von der Batterie ist nicht mehr viel zu sehen. Lediglich die beiden Betonkanzeln sind übriggeblieben. Von Fotos, die ich in der Literatur gefunden habe, weiß ich, dass auch die Verankerungsringe der beiden Geschütze noch existieren, sie sind allerdings mittlerweile von Vegetation überwuchert.

Eine Aufnahme aus östlicher Richtung von der anderen Seite des Grabens aus:

Hier von Norden:

Und von Südwesten:

Welche Batterieelemente sind nun heute verschwunden? Dazu musste ich wieder einmal im Britischen Nationalarchiv recherchieren, wo ich auch schnell fündig wurde. Die Originalpläne darf ich nicht veröffentlichen, wohl aber meine selbst erstellten Pläne. Zunächst die Draufsicht auf das Ensemble:

Legende:

  1 Festungsgraben
  2 Kohle- und Holzlager
  3 Gittertor in der Kontereskarpenmauer für die Schmalspurbahn
  4 Tor in der Eskarpenmauer für die Schmalspurbahn
  5 Kabelschacht
  6 Geschütz 1
  7 Munitionsnische
  8 Geschütz 2
  9 Munitionsnische
10 Glacis
11 Waffengestell
12 Schmalspurbahn
13 Lampenraum
14 Munitionslager
15 Lager für Kleinwaffenmunition, Zünder und Rohre
16 Drillschuppen

Der Querschnitt sieht entlang der rot gestrichelten Linie so aus:

Legende:

  1 Graben für die Schmalspurbahn
  2 (Gepunktete Schwarze Linie) Umriss des Munitionslagers zur Orientierung
  3 Geschützplattform
  4 Aufgeschüttetes Glacis

Die Schmalspurbahn vom Minenlager zum Verladekai verlief in einem Graben, der heute nicht mehr sichtbar ist. Sie verließ das Fort durch ein Tor unmittelbar südlich der Batterie. Die Stelle ist heute zugemauert:

Zur Verdeutlichung habe ich versucht, die frühere Toröffnung zeichnerisch einzufügen:

Von Nahem erkennt man noch die Torscharniere:

Die Trasse der Schmalspurbahn hatte in Richtung Tor ein Gefälle; in Höhe der Batterie war der Graben ca. 1,50 – 2 Meter tief. Um  die Batterie und ihre unterirdischen Elemente zu erreichen, musste man also zuerst über die Treppe (rechts vom Kabelschacht auf dem Plan) in den Graben für die Schmalspurbahn hinuntersteigen. 

Eine weitere Treppe führte in das Munitionslager hinunter, dessen Decke sich ungefähr auf dem Niveau der Geschützplattform befand (siehe Nr. 2 im Querschnitt). Es war mit ca. 1,30 Meter Beton und einer 1,30 bis 2 Meter dicken Erdschicht überdeckt; zwischen beiden befand sich eine dünne Asphaltschicht.

Von all dem ist heute leider nichts mehr zu sehen. Alle unter Hofniveau liegenden Elemente (Schmalspurgraben, Treppen, Munitionslager samt Nebenräumen) wurden überdeckt. Ich habe Angaben gefunden, dass die Kabeltanks und die daneben liegende Schmalspurtrasse bereits 1921 zugeschüttet wurden und dass der Rest der Trasse in den 1960er Jahren verschwand. Die folgende Karte von 1921 zeigt das deutlich: An der Stelle der Kabeltanks ist ein Gebäude erkennbar; von der Schmalspurtrasse ist nur noch das Stück zwischen Drillschuppen und Tor übrig:

Wann das Glacis abgetragen wurde, konnte ich noch nicht herausfinden; auf der Karte von 1921 ist es jedenfalls noch verzeichnet.

Die Beton- und Erdüberdeckung des Munitionslagers wurden bis auf Hofniveau entfernt; ob von den Räumen überhaupt noch etwas vorhanden ist, ist unbekannt. In den archäologischen Berichten von 1986 und 2013, die mir vorliegen, steht nichts darüber. 

So sieht der Bereich des Munitionslagers heute aus:

Noch ein paar Worte zur Geschützausstattung: Die 6-Pfünder Hotchkiss Schnellfeuergeschütze im Kaliber 57 mm (QF Hotchkiss 6-pounder Guns) wurden im April 1885 eingeführt und blieben weltweit bis in die 1990er Jahre in Gebrauch. Sie verfügten über eine Reichweite von 6,8 km und wurden unter anderem in der Küstenverteidigung zur Abwehr von Torpedobooten eingesetzt.

Im Ursprung eine französische Entwicklung, wurden sie auch von der Elswick Ordnance Company in Lizenz hergestellt:

Aus den Plänen des Britischen Nationalarchivs ist ersichtlich, dass die 6-Pfünder Geschütze der Batterie von Clifford’s Fort nicht auf Sockellafetten montiert waren, sondern auf Wiegelafetten (siehe auch Chanonry Ness Battery). Sie verfügten außerdem über Schutzschilde. Insgesamt sah das wohl so aus:

Als weitaus spannender als die 6-Pfünder Batterie erwies sich die 12-Pfünder Batterie von 1914, über deren Details es kaum Informationen gibt. Die wenigen Quellen widersprechen sich außerdem in wesentlichen Punkten.

Einheitlich heißt es, die Royal Marines hätten im November 1914 auf dem Gelände östlich des Forts eine Batterie mit QF 12-Pounder Guns errichtet. Die Parallele zur Ru Con Battery war augenfällig, und da ich wusste, dass die HMS Illustrious ab November 1914 als Wachschiff in der Tynemündung Dienst tat, besorgte ich mir sofort die entsprechenden Seiten aus dem Schiffslogbuch. Und siehe da – ich wurde fündig.

Die Illustrious erreichte den Tyne, von Scapa Flow kommend, am 19. November 1914 und ankerte bei Jarrow-on-Tyne, ca. 5 km flussaufwärts von Clifford’s Fort.

Am 24.11.1914 um 6:30 begann die Mannschaft der Illustrious, die 12-Pfünder Geschütze für die Verbringung an Land vorzubereiten. Um 10:10 ging der erste Arbeitstrupp der Royal Marines an Land; ihnen folgte um 10:20 eine Gruppe Matrosen unter der Leitung von James E. Davenport, dem Chief Gunner des Schiffs, die das erste 12-Pfünder Geschütz an Land brachte. Ein zweites Geschütz wurde am 28.11. um 8 Uhr auf eine Barkasse geladen.

In einer unerwarteten Quelle bin ich auf einige Fotos gestoßen, die das Verladen von 12-Pfünder Geschützen auf ein Boot zeigen. Das Buch „Under The Union Jack“ Volume 1 aus dem Jahr 1900, herausgegeben von George Newnes, Ltd. London, ist eine Sammlung von bebilderten Wochenzeitschriften – heute würde man „Illustrierte“ sagen - gleichen Titels, die den zweiten Burenkrieg zum Gegenstand haben. Die Ausgabe vom 3. März 1900 zeigt einige Fotos über die Verladung von 12-Pfünder Geschützen von der HMS Powerful auf ein Boot:



Im Beitrag über die Ru Con Battery hatte ich darüber spekuliert, ob die dort installierten 12-Pfünder auf Sockellafette von der Illustrious selbst demontiert worden waren. Zumindest in Bezug auf die Batterie von Clifford’s Fort gibt das Logbuch der HMS illustrious klare Hinweise darauf. Ein Eintrag vom 25.11., 9:15, lautet „Hands employed chipping iron work, dismounting 12pdr guns and as requisite” Es wurden also definitiv Geschütze der Illustrious verwendet!

Ein Widerspruch in meinen Quellen bezieht sich auf die Anzahl der Geschütze in der Batterie. In zwei Quellen ist von 3 Geschützen die Rede, in einer von 2 Geschützen. Auch das Logbuch erwähnt wiegesagt nur zwei an Land gebrachte Geschütze.

Um mir Klarheit darüber zu verschaffen, nutzte ich den scheinbar nebensächlichen Hinweis, die Batterie sei im 2. Weltkrieg erneut mit Geschützen ausgestattet worden. Das Britische Nationalarchiv hat einige – wenn auch nur sehr grobe und schematische - Pläne zu dieser Batterie. Da ich sie nicht veröffentlichen darf, habe ich sie nachgezeichnet:



("BOP" = Battery Observation Post)

Sie zeigen definitiv nur zwei Geschütze, und die Batterie scheint niemals für mehr als zwei Geschütze ausgelegt gewesen zu sein. Ein Luftbild des North Tyneside Councils vom Anfang der 2000er Jahre zeigt u.a. die Reste der Batterie; man erkennt die beiden Betonkanzeln für die Geschütze. Leider darf ich auch dieses Foto nicht veröffentlichen.

Es spricht also einiges dafür, dass die Batterie auch im ersten Weltkrieg nur mit zwei 12-Pfünder Geschützen ausgestattet war.

Ein interessanter Aspekt des Illustrious-Logbuchs ist die mehrfache Erwähnung, dass  Zimmerleute an der Aufstellung der Geschütze an Land beteiligt waren; am 25. und 26. November waren es jeweils 4, am 27. zwei. 

Um das zu erklären, gilt es, ein wenig auszuholen: Ursprünglich lag Cliffords Fort unmittelbar am Tyne. Schwere See führte mehrfach zur Beschädigung des Forts, weshalb man in den 1860er Jahren zwei Lahnungen aus Felsbrocken östlich und südöstlich des Forts errichtete, den „North Groyne“ und die „Northern Wave Trap“. In dem so geschützten Bereich zwischen dem Fort und den beiden Lahnungen konnte Land gewonnen werden; hier wurde 1914 die 12-Pfünder Batterie errichtet. Der sandige Untergrund war jedoch nicht für schwere Geschütze geeignet, weshalb man sie zunächst auf hölzernen Plattformen installierte – daher die Zimmerleute unter den Arbeitskräften. Auf Sicht erwies sich jedoch auch diese Lösung als zu instabil, und so wurden die hölzernen Plattformen durch eine Betonkonstruktion ersetzt.

Wo aber war der genaue Standort der Batterie? Mein Besuch vor Ort gab leider keinerlei Anhaltspunkt.

Wieder zuhause, konsultierte ich zunächst das Bodenrelief (hier überlagert mit einer Karte von 1896):

Östlich des Forts fällt ein Hügel ins Auge:

Man könnte durchaus annehmen, dass sich die Reste der Batterie darunter befinden; wie sich zeigte, trifft diese Annahme aber leider nicht zu.

Das bereits erwähnte Luftbild des North Tyneside Councils, auf dem die Batterie zu sehen ist, lässt sich nur grob für eine Lokalisierung verwenden: Es wurde schräg aus nordöstlicher Richtung aufgenommen und liegt mir nur in einer Auflösung von 732 x 606 Pixeln vor. Man kann allerdings daraus ableiten, dass die Batterie ungefähr auf Höhe des Werkstattgebäudes (Nr. 2 im Plan von 1896) lag und in einer Flucht mit dem ehemaligen Seenotrettungshangar, der heute nicht mehr existiert. Auf alten Karten ist der Hangar noch verzeichnet, beispielsweise auf der oben gezeigten von 1921 oder auf der von 1896, mit der ich das Bodenrelief überlagert habe:

Auf der Karte von 1921 habe ich die ungefähre Batterieposition rot markiert:

Im 2. Weltkrieg wurde die Batterie als Gebäude getarnt. Die folgende Karte von 1964 zeigt ein Gebäude im vermuteten Bereich (rot markiert):

Alleine aus dieser Karte würde ich die genaue Batterieposition nicht ableiten wollen – bei dem Gebäude könnte es sich schließlich auch um ein Gebäude der Fischverarbeitungsindustrie handeln, zumal es für eine Batterie eigentlich zu klein ist.

Tatsache ist jedenfalls, dass die Batterie östlich des auf dem Bodenrelief erkennbaren Hügels befunden haben muss, da sie in einer Flucht mit dem Seenotrettungshangar lag. Ich habe den Bootshangar und die vermutliche Position der Batterie in ein Luftbild von Clifford’s Fort übertragen:

Vom Fluss aus gesehen lag die Batterie hier:


Über die Versorgungs-Infrastruktur der Batterie im 1. Weltkrieg ist leider überhaupt nichts bekannt. Auf den Karten aus dem 2. Weltkrieg sind keine Munitionsräume außerhalb der Batterie vermerkt; man kann also vermuten, dass sie sich unter der Batterie befanden. Damit kann man als Hypothese von einem Batterieaufbau ausgehen, wie er beispielsweise bei der 12-Pfünder Batterie von Tynemouth Castle anzutreffen ist:

Die Geschützsockel waren mit 6 massiven Bolzen auf den Plattformen befestigt:

Mit Geschütz sah das dann so aus:

(Pendennis Castle, Cornwall. Das Foto wurde mir freundlicherweise von Andreas Liebold zur Verfügung gestellt, Betreiber der Seite Festungsbauten.de)

Das Luftbild des North Tyneside Councils lässt leider keine Details erkennen, die diese Hypothese belegen könnten.

Ich habe versucht, die Batterie als Fotomontage in das Luftbild von Google Maps einzufügen:

Wenn sie wirklich dort lag, ist sie der Neugestaltung des Bereichs vor einigen Jahren zum Opfer gefallen. Heute wird das Batteriegelände von einer Rasenfläche und einer Uferpromenade eingenommen.

Zum Schluss noch ein paar Worte über die zur Batterie gehörenden Suchscheinwerfer. Sie wurden laut Illustrious-Logbuch zwischen dem 24. und 27. November 1914 installiert, also zeitgleich mit den Geschützen. Anzahl und Aufstellungsort sind unbekannt.

Im 2. Weltkrieg waren mindestens zwei elektrische Suchscheinwerfer (DEL, Defence Electric Lights) auf einer Plattform am Ende der Mole („Lloyd’s Jetty“), die in Verlängerung des North Groynes in den Tyne ragt, installiert. 

Ob auch die Suchscheinwerfer im ersten Weltkrieg hier aufgestellt waren, kann angenommen werden, ist aber nicht belegbar.






Freitag, 28. Juni 2024

Die militärischen Einrichtungen auf dem Chanonry Ness im 1. Weltkrieg

Die Suche nach der Batterie St. Peter war der Beginn von etwas, was mich mehr und mehr begeistert: Die Suche nach verschwundenen Küstenbatterien. Mein Schwerpunkt dabei hat sich ziemlich schnell nach Großbritannien verlagert: Die Ru Con Battery am Loch Ewe in Schottland beschäftigt mich bis heute, und mittlerweile sind weitere Batterien auf meiner Agenda:

  • Die Chanonry Ness Battery
  • Die Volunteers' Battery, Cromarty
  • Die Links Battery, Cromarty
  • Die 12pdr Battery von Clifford‘s Fort, Northshields

Eines Tages hoffe ich außerdem, den ehemaligen Batterien am Corran Point (am Eingang von Loch Linnhe) und auf Skye (gegenüber Kyle of Lochalsh) einen Besuch abstatten zu können.

Der heutige Beitrag befasst sich mit den militärischen Einrichtungen auf dem Chanonry Ness, einer langgestreckten Landzunge, die bei Fortrose / Black Isle in den Moray Firth hineinragt. In meinem letzten Beitrag über Fort George hatte ich auf die dortige Batterie hingewiesen – Fort George liegt zum Greifen nah direkt gegenüber.

Was ist über die militärischen Einrichtungen auf dem Chanonry Ness bekannt? Leider nicht viel. Um die Ankerplätze im Moray Firth zu schützen und eine gewisse Kontrolle über die in den Firth einfahrenden Schiffe zu haben, wurden eine Batterie mit zwei BLC 15pdr Guns und eine Suchscheinwerferbatterie etabliert. Beide waren mit Royal Marines bemannt und unterstanden der Inverness Naval Base (Royal Navy).

Der Fortrose & Rosemarkie Golf Club betreibt bereits seit dem 18. Jahrhundert einen Golfplatz auf dem Chanonry Ness. Das Clubhaus war im 1. Weltkrieg vom Highland Cyclist Battalion belegt, einer Einheit der Territorial Force, die mit Heimatschutzaufgaben betraut war. Es ist davon auszugehen, dass das Clubhaus als Wachgebäude für die Batterie fungierte. Es wurde in beiden Weltkriegen stark beschädigt und mehrfach neu erbaut; das heutige Clubgebäude hat daher mit dem Wachgebäude des ersten Weltkriegs nichts mehr zu tun.

Mehr Informationen oder gar Pläne liegen mir leider nicht vor. Auch die genauen Positionen von Geschütz- und Suchscheinwerferbatterie sind unbekannt.

Einzige Hinweise geben zwei Fotos in der Sammlung des Imperial War Museums. Eins zeigt die Batterie mit zwei BLC 15pdr Guns, das andere die Suchscheinwerferbatterie:


(Falls jemandem das zweite Foto bekannt vorkommt: Ich hatte es in meinem Bericht zur Ru Con Battery schon einmal gezeigt.)

Im Mai hatte ich Gelegenheit, Chanonry Ness genauer unter die Lupe zu nehmen. Canmore, die nationale Datenbank für historische Monumente in Schottland, verortet die militärischen Einrichtungen auf Chanonry Ness ungefähr so:

  1. Clubhaus des Golfclubs
  2. Chanonry Ness Battery
  3. Chanonry Point Searchlight Battery

In der Vorbereitung konsultierte ich natürlich das Bodenrelief von Chanonry Ness. Für Schottland liegen DGM-Daten leider noch nicht flächendeckend vor, und die Auflösung der wenigen, die es gibt, ist für meine Recherchen nicht fein genug:

Bodenrelief der Gegend um die Chanonry Ness Battery

Bodenrelief der Gegend um die Chanonry Point Searchlight Battery

Oder um es mit den Worten des Fernseh-Quizmasters Hans-Joachim Kuhlenkampff zu sagen: Wie Sie sehen, sehen Sie nichts.

Es galt also, einen anderen Weg zu finden, die genauen Positionen von Geschütz- und Suchscheinwerferbatterie zu identifizieren. Dazu halfen mir die Fotos des Imperial War Museums weiter; sie weisen einige charakteristische, unveränderliche Gebäude- und Landschaftsmerkmale auf. Ich markierte diese Merkmale rot und druckte die Fotos auf transparente Folie, um sie vor Ort quasi aus Sicht des Fotografen gegen Landschaft und Gebäude abgleichen zu können. Dazu später mehr.

Zu den einzelnen Objekten:

Als erstes vollständigkeitshalber ein Foto des heutigen Clubhauses, wohlwissend, dass dieses Gebäude nichts mehr mit dem Guard House aus dem 1. Weltkrieg zu tun hat:

Bis 1934 sah das Clubhaus so aus, dann wurde es durch einen Neubau ersetzt:

Nochmal im Detail:

(Das Foto befindet sich in meinem Besitz)

Nun zur Chanonry Ness Batterie. Sie zu lokalisieren war vergleichsweise einfach; hier die Druckvorlage für die Transparentfolie:

Die blaue Linie kennzeichnet die Geländekante zum Strand hin. Interessanter ist die rote Linie rechts der Batterie; sie war letztlich für die Lokalisierung ausschlaggebend. Sie kennzeichnet die Anhöhe Feddon Hill westlich des alten Ortskerns von Fortrose. Vor Ort ein wenig hin und her probiert, dann hatte ich die Position:

„Ordentlich“ als Fotomontage aufbereitet, sieht das dann wie folgt aus. Um ein Gefühl für die Dimensionen zu bekommen, habe ich in Rot einen Soldaten neben einem der Geschütze eingefügt (die große rote Figur dient nur der Verdeutlichung):

Auf dem ehemaligen Batteriegelände ist oberirdisch nichts mehr zu sehen:

Es hätte mich natürlich gereizt, mit einem Metalldetektor nach Überresten zu suchen, aber angesichts des laufenden Golfbetriebs verbot sich so etwas natürlich:

Wen es interessiert: Die Koordinaten der Batterie sind 57°34'42.1"N, 4°06'07.1"W.

Vielleicht noch ein paar Worte zur Geschützausstattung. Das Ordnance BLC 15-Pfünder-Geschütz war ab 1907 als modernisierte Version des veralteten BL 15-Pfünder 7cwt-Geschützes bei der Territorial Force im Einsatz. Die Modernisierung bestand darin, einen Rückstoß- und Rohrvorholmechanismus oberhalb des Laufs anzubringen und den Verschluss zu modifizieren.

Zur Nomenklatur:

  • BLC bedeutet „Breach Loader Converted", also umgebauter Hinterlader.
  • Die Gewichtsangabe 15 Pfund bezieht sich auf das Geschossgewicht (ein 76mm Geschoss)
  • 7cwt ist das Gewicht von Lauf und Verschluss (1cwt = „Hundredweight“ = ca. 1 Zentner).

Der Rückstoß- und Rohrvorholmechanismus über dem Lauf verleiht dem Geschütz ein charakteristisches Aussehen:


Was auf dem Foto der Batterie auffällt: Die Geschütze sind nicht auf Feldlafetten montiert, sondern vermutlich auf Wiegelafetten. Über diese Kombination findet man so gut wie nichts in der Literatur; sie schien aber nicht unüblich zu sein, wie dieses Foto der Corran Point Battery zeigt:

Die folgende Skizze zeigt eine solche Lafette unter einem Hotchkiss-Geschütz:

Wie das Foto der Corran Point Battery zeigt, wurde die Lafette mit Bolzen auf einer Betonplattform befestigt. Ich vermute daher, dass auch die Chanonry Ness Battery solche Verankerungsplattformen hatte. Sollten sie nach dem ersten Weltkrieg nur überschüttet worden sein wie z.B. bei der Volunteers Battery in Cromarty, müssten ihre Bolzenkreise mit einem Metalldetektor aufspürbar sein.

Die Suchscheinwerferbatterie zu lokalisieren war die größte Herausforderung, und es bedurfte mehrerer Besuche vor Ort, bis ich schließlich erfolgreich war.

Hier zunächst die Transparentfolie:

Folgende Gelände- und Gebäudemerkmale sind hervorgehoben:

  • Links hinter der Suchscheinwerferbatterie zwei hintereinanderliegende Gebäude, von denen 3 Schornsteine zu sehen sind
  • Am rechten Bildrand eine Treppe, dahinter so etwas wie ein Giebel

Vor Ort hat mich das anfangs nicht weitergebracht. Vom Strand aus gesehen sieht es dort, wo laut Canmore die Suchscheinwerferbatterie war, so aus:

Keine Häuser, keine Treppe, kein Giebel.

Häuser gibt es in dieser Ecke des Chanonry Points nur zwei, aber die liegen nicht hintereinander, sondern nebeneinander. Wie ich herausfand, existierten beide Häuser bereits zur Zeit des 1. Weltkriegs; das westliche von beiden, das heutige Chanonry Cottage (17 Ness Rd.), hatte damals aber noch keinen Quertrakt, sondern war langgestreckt mit einem Schornstein an beiden Enden. Es könnte zum Foto der Suchscheinwerferbatterie passen, würde nicht das zweite Haus dahinter fehlen.

Zwei alte Ordnance Survey Karten von 1907 und 1951 halfen mir, das Rätsel dieses zweiten Hauses zu lösen:

Zumindest zwischen 1907 und 1951 gab es ein zweites Haus in Verlängerung des Chanonry Cottages, auf der anderen Seite der Ness Road. Heute ist davon nichts mehr zu sehen, nicht einmal mehr Fundamente.

Auch den Giebel konnte ich identifizieren. Es sind eigentlich zwei nebeneinander liegende Giebel, die zum Anwesen 22 Ness Rd. gehören. Laut Historic Environment Scotland handelt es sich um zwei Eishäuser aus dem frühen 19. Jahrhundert, deren Torfdeckung heute fehlt.

Ich habe auf der Karte von 1907 die beiden Häuser und die Eishäuser markiert:

Ich musste viel mit meiner Transparentfolie ausprobieren, bis ich endlich die Position der Suchscheinwerferbatterie  gefunden hatte. Das Hauptproblem war die dichte Vegetation, die immer mindestens einen Orientierungspunkt verdeckte. Auf dem folgenden Foto sieht man das Chanonry Cottage und die Eishaus-Giebel; eine Treppe ist allerdings nirgendwo erkennbar:

Die Perspektive stimmt außerdem nicht, und die Orientierungspunkte sind zu weit entfernt. Die Suchscheinwerferbatterie muss deutlich näher am Haus gewesen sein, also recht weit weg vom Strand.

Dieses Foto zeigt die korrekte Perspektive:

Vor 110 Jahren hätte man hier direkt auf die Suchscheinwerferbatterie geblickt:


Was hat es nun mit der Treppe auf sich? Das IWM-Foto erweckt die Illusion, die Treppe würde direkt zum Giebel des Eishauses führen. In Realität befindet sich der Giebel sehr weit im Hintergrund; die Treppe führte auf ein Plateau im Vordergrund, das heute ein Abschlagpunkt des Golfplatzes ist. Hier ist sie zur Verdeutlichung markiert:

Die ungefähre Position der Suchscheinwerferbatterie ist 57°34'27.7"N 4°05'37.9"W. Das ist ca. 50 Meter vom Strand entfernt, der damals offenbar viel breiter war als heute. All die Vegetation, die heute den Blick zum Strand verdeckt, gab es im 1. Weltkrieg offenbar noch nicht: